Antisemitismus entschieden entgegentreten – immer und überall!

Nach 1700 Jahren des jüdischen Lebens in Deutschland, die prägend für unsere Gesellschaft und unsere Kultur ist sind Juden selbstverständlich ein integraler Bestandteil unserer Gesellschaft.

Deshalb ist es unverständlich, dass Jüdinnen und Juden in Deutschland immer noch diskriminiert oder angefeindet werden. Gerade in den letzten Jahren und insbesondere durch die Corona Pandemie, haben antijüdische Ressentiments und Aggression bis in die Mitte der Gesellschaft weiterzugenommen. Sei es durch die die Zunahme der Verbreitung antisemitischer Verschwörungserzählungen, Shoa-Relativierungen oder durch eine aufgezwungene Opferrolle, in die Jüdinnen und Juden gedrängt werden. Jüdinnen und Juden sehen sich antisemitischen Anfeindungen überall im Alltag ausgesetzt – von Beleidigungen im Fanblock bei einem Fußballspiel, über Diskriminierungen in der Schule oder sogar in einem Luxushotel, über gewalttätige Übergriffe bundesweit bis hin zu extremistischen Anschlägen, wie in Halle an der Saale.

Deshalb stellen sich die Jungen Liberalen Berlin in aller Form gegen den welt- und deutschlandweiten Antisemitismus. Diese Aufgabe soll nicht allein den staatlichen Stellen oder gar der jüdischen Community selbst überlassen bleiben. Insbesondere Bildungs- und Sozialeinrichtungen, staatliche- und halbstaatliche Institutionen, sowie zivilgesellschaftliche Organisationen müssen sich ganz klar gegen antisemitische Ansichten und Handlungen positionieren und dürfen in ihren Reihen keinen Platz für Antisemitismus lassen. Dabei sprechen wir uns auch ausdrücklich gegen jegliche Benachteiligung von anderen gesellschaftlichen Gruppen aus.

Die Jungen Liberalen Berlin fordern die Legislative auf, konkrete Maßnahmen gegen Antisemitismus im Bereich der Bildungs- und Sozialeinrichtungen, sowie sich im Bereich eines interreligiösen und -kulturellen Austauschs einzusetzen. Deshalb fordern wir:

  • Lehrende und Erziehende in Bezug auf Antisemitismus zu sensibilisieren und zu schulen, um bereits früh im Rahmen der Aus- und Weiterbildung Präventivmaßnahmen einzuleiten.
  • Die didaktischen und pädagogischen Bildungsinhalte müssen auf die gesellschaftlichen Herausforderungen der Zeit aktualisiert und angepasst werden. Hierbei soll explizit auch ein Medienkompetenz-Unterricht an Schulen auch im Hinblick auf extremistische, rassistische und antisemitische Inhalte im Netz in den Lehrplan aufgenommen werden.
  • Die vertiefte Aufklärung über antisemitische Verschwörungsmythen im Rahmen entsprechender Projekte der Bundeszentrale für politische Bildung und der angekündigten Bundeszentrale für digitale Aufklärung.
  • Den verpflichtenden Besuch von Gedenkstätten, zur Aufarbeitung der Shoa
  • Eine Anpassung der Lehrpläne mit stärkerer Fokussierung auch auf aktuelle Probleme und Variationen des Antisemitismus. Insbesondere sollen in diesem Kontext auch die Verbindungen des Nahostkonflikts mit israelbezogenem Antisemitismus in den Fokus rücken.
  • Ein starkes Entgegentreten gegen jegliche Art von antisemitischen Demonstrationen wie der Al-Quds Demonstration.
  • Meldepflichten für antisemitische Vorfälle einzurichten. Insbesondere fordern wir hierfür eine stärkere Zusammenarbeit der Meldestellen mit der Recherche und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) auf Landesebene, damit diese als zentrale Meldestelle in Berlin fungiert. Diese soll entsprechend ausgestattet werden, um schnell auf Einzelvorfälle an Schulen, aber genauso auf Anfrage auch an Universitäten oder in Unternehmen, zu reagieren. Ebenso soll diese Stelle durch Aufklärungsarbeit, Gespräche mit Schülern, Eltern und Lehrenden die Betreuung der Opfer antisemitische Vorfälle aufarbeiten. Die dabei erfassten Daten sind anonymisiert, jährlich zu veröffentlichen. Die Motivation der Täter ist ebenfalls zu erfassen, um aus den statistischen Erkenntnissen Präventionsstrategien zu entwickeln.
  • den deutsch-israelischen Jugend- und Bildungsaustausch zu einem Jugend- und Bildungswerk mit bilateralen Strukturen auszubauen, ähnlich dem deutsch-französischen Jugendwerk, um einen kulturellen Bildungserwerb gerade auch im Bereich der integrativen Zusammenarbeit bei Geflühchteten sicherzustellen, um antijüdische Ressentiments vorzubeugen. Ebenso soll dies auf Landesebene von der Senatsverwaltung für Bildung finanziell unterstützt werden.
  • Gedenktage aber auch die jüdische Kultur in der Schule stärker zu thematisieren, um ein positives und lebendiges Bild der jüdischen Kultur in der Gesellschaft zu etablieren, sowie den Austausch mit der heutigen jüdischen Community zu forcieren.
  • jüdische Feiertage in der Planung von Klausuren und Examina zu berücksichtigen und Ausweichtermine für aus religiösen Gründen nicht wahrnehmbare Prüfungen anzubieten.
  • Die beste Ausstattung für die Polizei-, Jugend- und Strafverfolgungsbehörden, um gegen antisemitische Vorfälle vorzugehen.
  • Neben der Gefahr des Antisemitismus in seiner hier unterschwelligen und aggressiven Form gewinnt auch der kulturell- und religionsbegründete Antisemitismus an Bedeutung. Daher fordern wir hier entsprechende Präventivmaßnahmen, um antisemitische Ressentiments abzubauen.
  • Dafür müssen bereits in der polizeilichen Ausbildung sowie wiederholt während ihrer Dienstzeit Polizeianwärter und –beamte in der Erkennung von und im Umgang mit Hasskriminalität & Antisemitismus geschult und sensibilisiert werden.
  • Antisemitismus ist volksverhetzend und muss dementsprechend geahndet wird. Um einen rechtlichen Rahmen für antisemitische Straftaten zu schaffen, fordern wir die Definition der Internationational Holocaust Remebrance Association (IHRA) als rechtlich bindend anzunehmen.

Damit ein langfristiger Erfolg dieser Maßnahmen eintreten kann, muss der Kampf gegen Antisemitismus aus freier Überzeugung und aus intrinsischer Motivation heraus, geführt werden. Als Basis für eine nachhaltige Bekämpfung von Antisemitismus, muss die Zusammenarbeit zwischen Eltern und Schulen, aber auch zwischen Arbeitnehmervertretern und Unternehmen gestärkt werden. Auch Darüber hinaus sind die unabhängige Forschung und kritische wissenschaftliche Begleitung der Debatte bzgl. des Antisemitismus in Deutschland, insbesondere durch Historiker, Gesellschaftsforscher und Politikwissenschaftler, weiterhin si-
cherzustellen und auszubauen.

Mahnmal gegen sexualisierte Kriegsgewalt in Europa und weltweit

Seit September 2020 steht auf dem Unionsplatz in Berlin-Moabit die sogenannte
„Friedensstatue“, euphemistisch auch als „Trostfrauen“-Statue bezeichnet. Sie
wurde dort vom Korea-Verband aufgestellt, um die Zwangsprostitution koreani-
scher Frauen durch die japanische Armee im Zweiten Weltkrieg anzuprangern.
Dem Fall wurde auch wegen des Widerstands von japanischer Seite und des
äußerst unglücklichen Agierens der Bezirksverwaltung Mitte große mediale Auf-
merksamkeit zuteil und ist über die Berliner Landesgrenzen hinweg Gegenstand
von kontroversen Diskussionen. Nachdem die Genehmigung zur Aufstellung der
Statue zunächst widerrufen wurde, wurde diese Anordnung kurze Zeit später
wieder zurückgenommen. Stand jetzt (Januar 2021) möchte die Bezirksverwal-
tung die „Friedensstatue“ in ihrer momentanen Form erhalten.Wir Jungen Libera-
len Berlin begrüßen grundsätzlich sehr, dass das viel zu lange tabuisierte Thema
der sexualisierten Kriegsgewalt nun mehr Aufmerksamkeit bekommt. Wir verur-
teilen jegliche Form der sexualisierten Kriegsgewalt, ob in der Vergangenheit
oder der Gegenwart, und unterstützen die Aufarbeitung und Aufklärung. Gleich-
zeitig gilt es, Maßnahmen zur Sanktionierung und Verhinderung derartiger Ver-
brechen in der Zukunft zu entwickeln.Jedoch glauben wir, dass man durch die
einseitige Stellungnahme auf Boden eines Drittstaates einer Aufarbeitung der
Geschichte zwischen den beiden Staaten nicht näherkommt, sondern sich durch
die dialogfreie Vertiefung bestehender Konflikte weiter von einer gemeinsamen
Aufarbeitung entfernt. Eine Bloßstellung wird auf japanischer Seite nicht zu einer
Annäherung führen. Die Konflikte zwischen Korea und Japan sind komplex und
reichen weit in die Geschichte zurück. Aufgrund der bereits entstandenen Span-
nungen zwischen Japan und Korea sollte Deutschland seine Dienste als Vermitt-
ler und Mediator im Rahmen einer Geschichtsaufarbeitung anbieten.Wir wollen
daher die aktuelle Aufmerksamkeit für das Thema nutzen und plädieren dafür,
die „Friedensstatue“ in ein Mahnmal gegen sexualisierte Kriegsgewalt in Europa
und weltweit umzuwidmen bzw. dadurch zu ersetzen.Vor allem im Hinblick auf
die beiden Weltkriege haben wir in Deutschland und Europa selbst eine Menge
aufzuarbeiten. Es steht deshalb niemandem gut zu Gesicht, ohne Aufarbeitungs-
absicht auf andere Nationen mit dem Finger zu zeigen. Vielmehr möchten wir
daran erinnern, aber ebenso mit Blick auf Gegenwart und Zukunft für das Thema
sensibilisieren.

Bright Up the Streets

Berlin gilt weltweit als Hotspot für Kunst. Das breite kulturelle Angebot, mit seinen Museen und namenhaften Galerien zieht viele Menschen aus aller Welt an. Diese vielfältige Kunst- und Kulturlandschaft ist vielerorts bedroht. Auch aufgrund
von zu geringer Wertschätzung aus der Politik für Kulturschaffende und Galeristinnen bzw. Galeristen ziehen sich immer mehr Akteure aus der kulturellen Landschaft Berlins zurück. Dies beobachten wir mit großer Sorge.

Das kulturelle Angebot beschränkt sich jedoch nicht nur auf Museen und räumlich geschlossene Galerien. Berlin ist darüber hinaus auch für seine vielfältigen Subkulturen bekannt. Für uns Junge Liberale gehört insbesondere Street Art als Ausdruck und Verwirklichung künstlerischer Freiheit ins Berliner Stadtbild. Des-
halb wollen wir eine Freiluftgalerie für Berlin schaffen. Durch gezielte Projekte können graue Fassaden aufgewertet und Kieze gezielt attraktiver gestaltet werden. Durch künstlerische Werke wird des Weiteren unästhetisches Graffiti präventiv verhindert. Zudem setzen wir auf Ge- statt Verbote und wollen mit neuen Anreizen präventiv wirtschaftlichen Schäden entgegen wirken.

Deshalb fordern wir die Schaffung legaler Räume für mehr Street Art. Wir sprechen uns hierfür zunächst ausdrücklich dafür aus, geeignete Fassadenflächen im öffentlichen Eigentum oder im Eigentum bundes- und landeseigener Unternehmen zur Gestaltung freizugeben. Wir sehen etwa Brücken, z.B. am Teltowkanal oder Paul-Lincke-Ufer, Brandmauern, aber auch Fassaden an U- und S-Bahnhöfen als mögliche Flächen zur kreativen Gestaltung.

Zugleich wollen wir es erleichtern, Privateigentümern, die Fassadenflächen zur künstlerischen Gestaltung freigeben möchten, mit der Street-Art-Szene zusammenzuführen. Die Kompetenz zur Koordinierung obliegt hierbei dem Bezirksamt. Dieses hat zwischen Street Art-Szene, Eigentümern die bereit sind Flächen zu
Verfügung zu stellen, sowie der öffentlichen Verwaltung zu vermitteln. Ihm obliegt zudem die Verwaltung der zu erarbeitenden Online-Katalogisierung sämtlicher freigegebenen Flächen.

Um der künstlerischen Szene Berlins gerecht zu werden und Bürgerinnen und Bürger für die Gestaltung des öffentlichen Raums zu sensibilisieren, wollen wir ein Angebot in Gestalt von Street Art Festivals schaffen. Hierin sehen wir die Möglichkeit das wirtschaftliche Potenzial von Urban Art und Tourismus zu nutzen.

Zugleich ist für uns Junge Liberale aber auch klar, dass Räume für Street Art auf der Freiwilligkeit der Eigentümer beruhen müssen. Die unbefugte Bearbeitung von Fassadenflächen muss auch weiterhin untersagt bleiben und bei einem entsprechenden Strafantrag des Eigentümers verfolgt werden; die Kunstfreiheit kann
hier keinen Freischein verschaffen.

Freie Museen für freie Bürger!

Wir fordern den Berliner Senat auf, den Eintritt für die Dauerausstellungen der staatlichen Museen dauerhaft abzuschaffen! Die Museen sollen weiterhin selbst Geld einwerben können, beispielsweise über Sonderausstellungen, Veranstaltungen und den Museumsshop.

Eine geeinte Generation Deutschland

Einleitung

Die vergangenen 30 Jahre der deutschen Einheit sind deutsche wie europäische Erfolgsgeschichte. In der Konvergenz der Lebensverhältnisse und der Wirtschaftsleistung sind große Fortschritte zu verzeichnen. Städte wie Dresden, Leipzig oder Berlin haben sich zu internationalen Großstädten entwickelt; Magdeburg, Erfurt und Potsdam zu etablierten Wissenschaftsstandorten. Viele Regionen Ostdeutschlands bieten sehenswürdige Naturlandschaften und eine ausgesprochen hohe Lebensqualität. Das einseitig negative Bild Ostdeutschlands gehört nur noch der Geschichte an.

Die ostdeutschen Bundesländer stehen vor einigen spezifischen Herausforderungen. Um diesen Umständen gerecht zu werden, streben wir eine Weiterentwicklung der eindimensionalen Ost-West-Perspektive hin zu einer regional differenzierten Analyse der Lebensbedingungen in sämtlichen Landesteilen an. Ostdeutsche Bundesländer sind dabei in besonderem Maße von Unterproduktivität, Fachkräftemangel sowie Bildungsabwanderung betroffen und verfügen historisch bedingt nur über wenige Großbetrieben oder Konzernzentralen.

Die geeinte Generation Deutschland wird von jungen Menschen geprägt, die die Mauer nur noch aus den Geschichtsbüchern kennen und überzeugten Freiheitskämpfer, die sie immer nur als zu überwindendes Hindernis auf dem Weg zu einer gemeinsamen Zukunft verstanden haben. Die geeinte Generation Deutschland empfindet die noch immer vorhandenen, ungleichwertigen Lebensverhältnisse zwischen Ost und West als innerdeutsche Ungerechtigkeit, welche die Freiheit und Lebenschancen der geeinten Gesellschaft bremsen. Drei Jahrzehnte nach der deutschen Einheit ist es Zeit für eine neue Einheit gleichwertiger Lebensverhältnisse in ganz Deutschland.

Wirtschaftliche Vielfalt stärken

Die ostdeutschen Bundesländer verbinden viele Gemeinsamkeiten, aber auch ökonomische Disparitäten. Neben der unterschiedlichen Wirtschaftskraft einzelner Länder, zeigt sich im Rest Deutschlands auch eine starke Disparität zwischen Städten und dem ländlichen Raum. Leipzig, Dresden oder Berlin-Potsdam stehen hier großen ländlichen Regionen mit mangelnder Gesundheits-, Verkehrs- und digitaler Infrastruktur gegenüber. Regional differenzierte Anstrengungen sind daher geboten.

Eine starke Infrastruktur, solide Daseinsvorsorge und gute Rahmenbedingungen sind Grundlage für unternehmerischen Erfolg. Um Fachkräfte zu gewinnen, müssen attraktive Bedingungen in unmittelbarer Umgebung vorliegen. Dabei betrachten wir insbesondere Breitbandausbau und Digitalisierung als zentrale Punkte, um bisher unterschätzte Regionen schnell mit potenter Infrastruktur auszustatten. Um dem bundesweiten Fachkräftemangel zu begegnen, der insbesondere Ostdeutschland bereits heute herausfordert, wollen wir Azubis im Verhältnis zu Studenten eine gleichwertige finanzielle Unterstützung ermöglichen. Für beide muss daher ein weniger bürokratisches, elternunabhängiges Bafög mit gemeinsamen Sätzen geschaffen werden. Darüber hinaus braucht es die Implementierung eines Freiwilligen Beruflichen Jahres, in dessen Rahmen die Teilnehmer ein Jahr lang Praktika in verschiedensten Betrieben absolvieren sollen, um möglichst vielseitige Einblicke in unterschiedliche Professionen zu erhalten.

Weiterhin wollen wir beispielsweise durch Nachfolgebörsen regionale Vernetzung und Vermarktung zur Sicherung von Unternehmensnachfolgen ausbauen. Um die deutsche Wirtschaft, insbesondere in Ostdeutschland, nicht unnötig zu hemmen, fordern wir einen Bürokratie-TÜV für alle neuen Gesetze und Verordnungen. Dort sollen diese bezüglich ihrer Auswirkungen auf Verwaltung und erhöhten bürokratischen Aufwand in Unternehmen geprüft werden.

Weiterentwicklung des gesamtdeutschen Fördersystems für strukturschwache Regionen

Wir treten für eine Weiterentwicklung des gesamtdeutschen Fördersystems für strukturschwache Regionen – insbesondere die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ – ein. Grundlage einer hierdurch begründeten ausgleichsorientierten Regionalpolitik ist die Entwicklung eines verlässlichen und fairen Indikators zur Abgrenzung strukturschwacher Regionen. Zentrale Komponenten dieses Indikators müssen Einkommen und Wohlstand einer Region, der Mismatch am regionalen Arbeitsmarkt, die Demografie und infrastrukturelle Herausforderungen sein. Wir sind darüber hinaus der Ansicht, dass im Rahmen dieses Fördersystems eine gleichzeitige Förderung von Stadt und Land möglich sein muss. In diesem Kontext begrüßen wir dezidiert, dass seit dem Beginn des Jahres 2020 bislang auf ostdeutsche Bundesländer beschränkte Regionalförderprogramme auf sämtliche strukturschwachen Regionen Deutschlands ausgeweitet wurden.

Um langfristiges wirtschaftliches Wachstum zu unterstützen, wollen wir das hohe Potential der ostdeutschen Wirtschaft entfesseln. Bei Subventionen im Rahmen der regionalen Strukturpolitik ist daher streng darauf zu achten, dass diese einer Produktivitätssteigerung nicht entgegenwirken. Vor diesem Hintergrund sehen wir die Arbeitsplatzschaffung als Bedingung für Wirtschaftsfördermittel als überholt an. Um den Strukturwandel zu bewältigen und langfristig international wettbewerbsfähig zu bleiben, dürfen gerade im Sinne der langfristigen Arbeitsplatzschaffung starke Unternehmen nicht in ihrem Wachstum gehemmt werden.

Im Rahmen einer ganzheitlichen Strategie zur Förderung des Potentials bislang strukturschwacher Regionen sollen insbesondere Wissenschaftseinrichtungen und Fachhochschulen – beispielsweise im Zuge der Errichtung von Fraunhofer Instituten – vorrangig dort angesiedelt werden. Eine künstlich erzwungene Umsiedlung oder Zerschlagung behördlicher Strukturen allein zum Zwecke der Wirtschaftsförderung bestimmter Regionen kann kein konstruktiver Baustein in diesem Sinne sein und wird von uns daher abgelehnt. Insofern neue Einrichtungen der öffentlichen Hand unbedingt entwickelt werden müssen, sind strukturschwache Regionen gleichwohl besonders zu berücksichtigen. Dieses Instrument kann und darf aber nie isoliert eingesetzt werden, sondern soll im Rahmen einer strukturellen Förderung erfolgen und das organische wirtschaftliche Wachstum unterstützen.

Wirtschaftlicher Aufschwung durch Chancenregionen

Den Herausforderungen der globalisierten Weltwirtschaft möchten wir mit einer starken Gründer- und Innovationskultur begegnen. Über freiheitliche Experimentierräume können Fortschritt und Innovation in ganz Deutschland vorangetrieben und somit ein Beitrag zu unserem gemeinsamen Wohlstand geleistet werden. Hierzu setzen wir unter anderem auf Sonderwirtschaftsgebiete, in denen sowohl die Zivilgesellschaft als auch Verwaltung und Betriebe neue, mutige Wege gehen können. Dazu braucht es eine konstruktive Zusammenarbeit von Kommunen, Ländern und Bund. Diese sollten gemeinsam einen bundesweit einheitlichen Anforderungskatalog entwickeln, der die Eignung einer Region als Sonderwirtschaftsgebiet definiert. Hiermit muss sichergestellt werden, dass die geförderten Regionen über hinreichendes Technologie- und Innovationspotential verfügen. Gleichzeitig sollte eine individuelle Ausgestaltung des Konzepts nach Maßgabe der regionalen Gegebenheiten ermöglicht werden. Der Sonderzonen-Status soll für einen im Vorhinein festgelegten, langfristig angesetzten Zeitraum gelten und in entsprechenden Perioden erneuert werden können. In Sonderwirtschaftsgebiete soll es insbesondere möglich sein:

  • die bürokratischen Rahmenbedingungen zu vereinfachen, beispielsweise durch eine Senkung von Zulassungs- und Servicegebühren oder die Schaffung bürokratiefreier Jahre bei Neugründungen.
  • eine Vereinfachung der Zuzugsmöglichkeiten ausländischer Fachkräfte durch eine besonders hürdenlose und zügige Erteilung von Arbeitsgenehmigungen herbeizuführen.
  • Ausnahmemöglichkeiten im Verwaltungs- und Baurecht zu schaffen, die beispielsweise Bauleit- und Genehmigungsverfahren oder Flächennutzungsplanungen beschleunigen und erleichtern.
  • steuerliche Erleichterungen für Unternehmen durchzuführen, deren Hauptsitz sich vor Ort befindet, indem Ertragssteuern in vereinfachten Verfahren für längere Zeiträume zinslos gestundet werden können oder eine Senkung der Steuersätze bei gleichzeitiger Erstattung der hieraus resultierenden kommunalen Einkommensausfälle gewährt wird.
  • personelle Unterstützung beim Flächenmanagement zur schnellen und unkomplizierten Bereitstellung von Gewerbegebieten mit guter Infrastruktur zu beziehen.
  • von priorisierten Umsetzungen bereits vom Bund geplanter Infrastrukturmaßnahmen zu profitieren.

Die Konzentration von Großkonzernen und deren Zentralen in Westdeutschland ist historisch bedingt. Dabei ist Ostdeutschland mit seinen niedrigen Mieten, geringen Lebenshaltungskosten und der hohen Lebensqualität für Gründer und Fachkräfte ausgesprochen attraktiv. Damit der Osten Deutschlands auch im Bereich der exportstarken Industrie wachsen kann, muss er wirtschaftlich entfesselt werden.

Dafür fehlen in Deutschland Finanzinstitutionen, die Eigenkapital und damit verbundene Expertise bereitstellen. Die vielen kleinen und mittelgroßen Unternehmen im Osten, die das Potential haben, die Konzernzentrale von morgen zu sein, benötigen das Risikokapital und die Managementexpertise, um schnell und erfolgreich wachsen zu können.

Solidaritätszuschlag

Wir sprechen uns gegen eine Fortsetzung des Solidaritätszuschlages aus, da dieser als temporäre Abgabe eingeführt wurde. Die Einhaltung dieser Maßgabe folgt aus dem Respekt vor dem Souverän und den großen Fortschritten der Konvergenz zwischen Ost- und Westdeutschland. Aktuell verfügt Ostdeutschland über einen hohen Bildungsstand, attraktive Städte und günstige Mieten, woraus ein ausgesprochen hohes Wachstumspotential resultiert – gerade dann, wenn in den neuen Bundesländern im Rahmen des gesamtdeutschen Fördersystems für strukturschwache Regionen die technische Infrastruktur mittel- bis langfristig gefördert wird.

Start-Up Region Ostdeutschland

Ostdeutschland hat die besten Voraussetzungen, um bei der Gründung von neuen innovativen und nachhaltigen Unternehmen in der ersten Liga mitzuspielen und das volle Potential der Region zu entfalten. Durch den Mut neue Wege zu gehen, sich auszuprobieren und sein Leben in eigene Hände zu nehmen, kann Ostdeutschland zur Brutstätte für Ideen werden.

Damit das jedoch Wirklichkeit wird, erneuern wir deshalb unsere Forderung nach der Einführung eines Venture-Capital Gesetzes, um die Eigenkapitalfinanzierung gegenüber der Fremdkapitalfinanzierung steuerlich gleichzustellen.

Für die teilweise benötigte Anschubfinanzierung junger Unternehmen spielen Gründerstipendien eine bedeutende Rolle. Deshalb begrüßen wir die bereits bestehenden bundesweite Gründerstipendien und setzen uns darüber hinaus für einen Ausbau der Gründerstipendien in den ostdeutschen Bundesländern ein. Pflichtmitgliedschaften in Kammern als Voraussetzung für ein solches Stipendium lehnen wir ab.

Wir begrüßen die Entstehung von Gründerzentren an vielen ostdeutschen Universitäten und sind überzeugt, dass die Wissenschaftseinrichtungen bei ihrer Personalpolitik zunehmend auch unternehmerische Fähigkeiten einfordern sollten. Gründerzentren erleichtern es, gerade in Gebieten mit bisher wenigen Start-Ups einen Anschluss, ein Netzwerk und unterstützende Infrastruktur zu finden. Um bereits früh mit der Möglichkeit des Gründens in Kontakt zu kommen, befürworten wir dessen Vermittlung schon in der Schule. Ostdeutschland wird somit Standort einer neuen Gründerkultur deutschen Erfindergeistes.

Starke universitäre Kooperationen

Die erfolgreichen und starken Universitäten sowie wissenschaftlichen Institute in Ostdeutschland sind von hoher Bedeutung für die regionale wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung. Dennoch zeigt sich, dass in internationaler Konkurrenz auch starke aber kleinere Universitäten Probleme haben, sich insbesondere bei kompetitiven aber effektiven Förderungen wie bspw. der Exzellenzinitiative durchzusetzen. Deswegen wollen wir in Ostdeutschland mehr regionale Universitätscluster nach dem Vorbild der Berlin University Alliance bilden, die sich einer gemeinsamen, regionalen strategischen Ausrichtung unterziehen und somit die Möglichkeit gewinnen, sich aus eigener Kraft national als Exzellenzuniversitäten und international als herausragende und angesehene Wissenschaftsregionen zu etablieren. Insbesondere bieten sich neben Berlin dafür die Regionen Leipzig – Halle, Rostock – Greifswald sowie Erfurt – Weimar – Jena an.

Eine Stärkung der Kommunen

Gleichwertige Lebensverhältnisse können nur gemeinsam mit starken Kommunen umgesetzt werden. Während der Bundeshaushalt in den letzten Jahren neue Überschussrekorde vermeldete, leiden die kommunalen und Länderhaushalte – insbesondere jene im ländlichen Raum – unter hohen Verlusten. Wir streben daher eine Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung an. Gleichzeitig müssen die Kommunen wieder stärker und direkter von der regionalen Wirtschaftsleistung profitieren können. Die kommunale Beteiligung an den Gemeinschaftssteuern muss entsprechend belastungsneutral gesteigert werden. Eine Vergemeinschaftung kommunaler Altschulden lehnen wir ab. Die verstärkte Übernahme von Sozialausgaben durch Bund oder Länder ist dagegen überfällig. Ostdeutschland lebt neben seinen Metropolen auch von den vielzähligen Zentren seiner Regionen. Diese Zentren schaffen Prosperität und Chancen auch über Landesgrenzen hinweg, weswegen wir die Zusammenarbeit der Kommunen stärken möchten. Um deren Autonomie zu fördern, braucht es auch eine finanzielle Stärkung. Im Rahmen einer Neuordnung der föderalen Finanzbeziehungen der Bundesrepublik ist daher die Finanzautonomie der Kommunen auszubauen. Des Weiteren wollen wir die Ausschreibung von grenzüberschreitenden Wohn- und Gewerbegebieten vereinfachen. Auch bei gemeinsamen Infrastrukturprojekten dürfen Grenzen von Bundesländern kein Hindernis darstellen. Zukünftig sollen Planungsämter in Regionen, die an andere Bundesländer grenzen, enger miteinander kooperieren. Dafür ist es notwendig Regulierungen auf Landeseben für Infrastrukturprojekte zeitnah anzugleichen.

Mehr Mobilität

Die ostdeutschen Bundesländer sollen nach Möglichkeiten suchen, insbesondere im Bereich des öffentlichen Personennahverkehrs Synergieeffekte zu nutzen. Überlandverbindungen dürfen in Zukunft nicht mehr an Kreis-, Länder- oder Staatsgrenzen Halt machen. Um den Zugverkehr auch zwischen größeren Städten weiter auszubauen, wollen wir private Wettbewerber neben der Deutschen Bahn weiter stärken, indem wir die Deutsche Bahn auch materiell privatisieren. Des Weiteren muss der Ausbau und die Elektrifizierung des Schienennetzes in Ostdeutschland weiter vorangebracht werden wie beispielsweise die Strecken Jena-Zwickau oder Görlitz-Dresden. Darüber hinaus setzen wir uns für die Schaffung eines europäischen Hochgeschwindigkeitsschienennetzes ein, um so die Bedeutung und Vernetzung Ostdeutschlands im vereinten Europa stärken.

Die Bundesländer sollen den Kreisen finanzielle Möglichkeiten bieten, bis in die Abendstunden die flächendeckende Anbindung ländlicher Regionen an das öffentliche Verkehrsnetz sicherzustellen.

Digital Erschließung Ost

Bisher wurde der Breitband- sowie Mobilfunkausbau in Deutschland, insbesondere in Ostdeutschland, nur mangelhaft umgesetzt, obwohl dieser eine maßgebliche Voraussetzung für eine starke Wirtschaft und soziale Teilhabe ist.

Wir wollen, dass jeder Netzanschluss an das deutsche Glasfasernetz angeschlossen wird. Langfristig ist es notwendig, eine ständige Überprüfung der Netzauslastung durch die deutsche Netzagentur durchzuführen und gesetzliche Regelungen zu entwickeln, um die Netzbetreiber zur ständigen Aufrüstung des Netzes deutlicher zu verpflichten. Den weiteren Ausbau von Richtfunkstrecken (RFT) lehnen wir ab, da diese keine wetterunabhängige und zukunftssichere Anschlussperspektive bieten.

Auch ein leistungsstarkes und flächendeckendes Mobilfunknetz wird in Zukunft ein Standort- und somit Wirtschaftsfaktor sein. Deshalb sprechen wir uns für ein strukturelles Konzept der variablen Clusterbildung aus, in dem ländliche und städtische Regionen miteinander gekoppelt werden, auf die sich Unternehmen dann als Ganzes bewerben und zum Ausbau des gesamten Clusters verpflichten.

Förderung des sozialen Zusammenhalts in Stadt und Land

Neben der Wirtschaftsförderung im Sinne der ausgleichsorientierten Regionalpolitik muss mittlerweile vor allem die soziale Dimension der Ungleichheit adressiert werden. Der Zugang zu grundlegender Infrastruktur und gesellschaftlicher Teilhabe darf nicht vom Ortsschild abhängen.

Das bürgerschaftliche Engagement und politische Bildung vor Ort muss gestärkt werden. Wie die finanziellen Ressourcen hierfür am sinnvollsten angewandt und eingesetzt werden können, muss weitmöglichst dezentral entschieden werden. Um bürgerschaftliches Engagement und politische Bildung zu fördern, wollen wir die unzureichende Finanzmittelausstattung vieler Kommunen vorrangig durch die Vergabe von zweckgebundenen Finanzzuweisungen bzw. Block Grants ausgleichen.

Ein weltoffenes und geschichtsbewusstes Ostdeutschland

In den ostdeutschen Bundesländern nimmt der Fachkräftemangel im Vergleich zum Westen eine noch höhere Intensität an. Dennoch sind die Zuwanderungsströme nach Ostdeutschland erheblich geringer als nach Westdeutschland. PEGIDA-Demos, rechtsextremistische Terrorgruppen und Reisewarnungen ausländischer Behörden für ostdeutsche Bundesländer zeichnen ein schlechtes Image auf der Weltbühne und schrecken ausländische Fachkräfte von der Zuwanderung ab. Wir sind überzeugt, dass die Mehrheit der Ostdeutschen weltoffen und freiheitlich denkt. Fremdenfeindlichkeit, Rassismus, Antisemitismus und Geschichtsrevisionismus sowie eine grundsätzliche Demokratiefeinlichkeit in einer Minderheit der Gesellschaft darf nicht die erfolgreiche Entwicklung ganzer Bundesländer lähmen. Wir sehen es als die staatsbürgerliche Pflicht und Tugend eines jeden Bürgers, Fremdenfeindlichkeit, Rassismus, Antisemitismus und Geschichtsrevisionismus sowie Demokratiefeindschaft entschieden entgegen zu treten. Es liegt an einem jeden von uns, die gesellschaftliche Grundlage für eine erfolgreiche Entwicklung dieser Region zu schaffen.

Dennoch stehen die neuen Bundesländer vor besonderen Herausforderungen. Studien zeigen, dass Jugendliche in den ostdeutschen Bundesländern für rechtspopulistische Scheinlösungen besonders ansprechbar sind. Zur Vorbeugung und Bekämpfung von Rechtsextremismus ist es wichtig, bereits bei Jugendlichen Aufklärung und Integration zu fördern, um festgesetzte Denkstrukturen und Vorurteile frühzeitig aufzubrechen. Deswegen fordern wir eine Ausweitung der öffentlichen Mittel für Aussteigerprogramme im Bereich des Extremismus und eine Stärkung politischer Bildung. Ebenso bedarf es einer stärkeren Präsenz von politischen Partizipationsangeboten vor Ort wie beispielsweise Jugendparlamenten.

Auch einem linken Geschichtsrevisionismus, der versucht die Verhältnisse in der DDR zu verharmlosen und die Schuld für weiterhin bestehende Unterschiede der Treuhand oder der Marktwirtschaft zuschiebt, treten wir entschieden entgegen. Hier müssen mit dem SED-Regime die wahren Verantwortlichen benannt werden, denn ansonsten wird die Leistung aller Ostdeutschen missachtet, die in der friedlichen Revolution mutig für ihre Freiheit kämpften und sich nach Jahren sozialistische Misswirtschaft eine neue Existenz aufgebaut haben. Wir erneuern deshalb auch unsere Forderung nach einer besseren finanziellen Ausstattung der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur und wollen sozialistische Denkmäler und Namensgebungen aus DDR-Zeiten kritisch hinterfragen oder zumindest mit geschichtlichen Hinweisen versehen.

Wir Jungen Liberalen fordern die FDP auf, sich ihrer geschichtlichen Verantwortung zu stellen und die Rolle der LDPD und NDPD in der DDR und nach deren Übergang in die FDP aufzuarbeiten. Dafür muss eine unabhängige Historikerkommission aus Wissenschaftlern und Zeitzeugen eingesetzt werden, die sich mit der Geschichte der LDPD und der NDPD zwischen 1945 und 1990 sowie dem Übergang der Parteien bzw. Ihrer Mitglieder in die FDP auseinandersetzt. Insbesondere muss dabei die programmatische und personelle Unterstützung der Parteien für die SED und die DDR und die programmatische und personelle Kontinuität beim Übergang der Parteien oder ihrer Strukturen in die FDP untersucht werden.

Gleiche Bildungschancen deutschlandweit

Zwar hat auch im Bereich der Bildung eine starke Konvergenz zwischen Ost- und Westdeutschland stattgefunden, dennoch haben die ostdeutschen Flächenländer überdurchschnittlich viele Schulabbrecher und fallen bei den tertiären Bildungsabschlüssen zurück. Als zentralen Faktor der Chancengerechtigkeit und Grundlage zur individuellen Selbstentfaltung ist Bildungspolitik immer auch Gesellschaftspolitik – das gilt insbesondere in strukturschwachen Regionen. Dafür benötigt es erhebliche Mehrinvestitionen im Bildungsbereich und eine Vergleichbarkeit der Abschlüsse. Deshalb erneuern wir unsere Forderungen nach einem Kooperationsgebot und deutschlandweit einheitlichen Abschlussprüfungen. Darüber hinaus fordern wir eine bundesweite Werbekampagne und Kooperationsinitiative zur Lehreranwerbung in ländlichen ostdeutschen Regionen.

Clubs sind Berliner Nachtkultur

Berlin ist global bekannt für sein Nachtleben. Die Berliner Clubs sind Zentrum von künstlerischem Schaffen und die Szene bedeutend für das Image und die Anziehungskraft unserer Stadt. Als wichtiger Bestandteil unseres Nacht- und Kulturlebens sind die Berliner Clubs ein bedeutender Wirtschaftsfaktor, beschäftigen Tausende und locken jährlich Millionen Besucher an. Doch auch als Schutzräume für Minderheiten und Begegnungsstätten für Subkulturen spielen Clubs eine wesentliche Rolle für die Vielfältigkeit und Offenheit unserer Berliner Gesellschaft.

Doch steigende Mieten und eine Verdichtung der Stadt, die zu Konflikten über Lärmstörungen an neuentwickelten Wohnhäusern im Umkreis von vormals abgelegenen Clubs führen, setzen die Clubbetreiber zunehmend unter Druck. So mussten bereits mehrere bekannte Einrichtungen schließen, oder sind akut von Schließung bedroht. Auch wenn dies nicht per se problematisch sein muss – es ist nicht unüblich, dass sich Clubs nach Zwischennutzung von Räumlichkeiten einen neuen Standort suchen – fällt es Clubbetreibern aufgrund der sich verdichtenden Stadt zunehmend schwer, geeignete Räumlichkeiten zu finden.

Wir Junge Liberale betrachten diese Entwicklung kritisch. Das Berliner Clubleben stiftet einen Mehrwert für die Stadt und sollte in der Berliner Politik eine besondere Rolle erhalten.

Elektronische Tanzmusik- und Clubkultur verbindet, inspiriert und begeistert die Menschen weltweit. Vor allem Berlin wurde wie keine zweite Stadt durch seine Elektrotanzmusikszene geprägt. Daher setzen wir uns dafür ein, dass diese einzigartige Kulturform erhalten, gepflegt, geschützt und gefördert wird. Die Aufnahme in das Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes der UNESCO ist daher das erklärte Ziel der Jungen Liberalen Berlin.

Büro des Nachtlebens

Orientiert sich die Stadtregierung nur an den Rahmenbedingungen des Tages, riskiert sie das kulturell und ökonomisch wertvolle Treiben in der Nacht unnötig einzuschränken. Teilweise gehen die Herausforderungen des Berliner Nachtlebens über die unmittelbaren Probleme der Clubszene hinaus. Besonders drängend ist unseres Erachtens beispielsweise die Bereitstellung von Mobilitätsangeboten. Hier streben wir einen rund um die Uhr verlässlich im ganzen Stadtgebiet bereitstehenden ÖPNV und die Ausweitung von Ride Sharing und Pooling Angeboten an. Daher fordern wir den Senat auf, den „Berlkönig” zu erhalten. Insbesondere fordern wir das Schaffen besserer Rahmenbedingungen, um die Ausweitung des Angebots auf die Randbezirke zu gewährleisten.

Die Interessengruppen des Nachtlebens sind in Berlin bereits gut vernetzt, es fehlt ihnen aber an einem festen Ansprechpartner im Berliner Senat. Daher streben wir die Schaffung eines Büros für Angelegenheiten des Nachtlebens nach Vorbild des New Yorker Office of Nightlife im Rahmen eines dreijährigen Pilotprojektes an. Das Büro soll in der Senatsverwaltung für Kultur und Europa angesiedelt werden und seine Besetzung durch bereits bestehendes Personal oder befristet angestellte Tarifbeschäftigte erfolgen. Die neugeschaffene Stelle soll:

  • als Ansprechpartner für Anwohner, Politik und Unternehmen des nächtlichen Betriebs bei Streitigkeiten und Problemen sowie der Durchführung von Veranstaltungen insbesondere zum Zwecke des Austauschs von Anwohnern und Clubszene dienen,
  • als Vermittlung zwischen den verschiedenen verantwortlichen Senatsverwaltungen fungieren,
  • den Senat bei der Erarbeitung von Konzepten und Gesetzen unterstützen sowie den Abbau bürokratischer Hürden vorantreiben, Clubbetreiber hinsichtlich der Nutzung staatlicher Fördermittel beraten und bei der Suche nach Ausweichstandorten bei andernfalls drohender Schließung aushelfen.

Für eine Entspannung der Gewerbemieten

Der steigende Wettbewerbsdruck auf dem Berliner Immobilienmarkt wirkt auch auf die Clubbetreiber. Wir erkennen die Notwendigkeit der Wohnraumschaffung an und erneuern daher unsere Forderung nach der Widmung von 75 % des Bruttobaulandes des Tempelhofer Feldes als allgemeines Wohngebiet im Bebauungsplan. Zur gleichzeitigen Verbesserung der Berliner Lebensqualität muss sich die Politik aber auch um möglichst günstige Gewerbemieten bemühen. Die Einführung einer Gewerbemietpreisbremse oder eines Gewerbemietpreisdeckels ist dafür jedoch kein zielführendes Instrument und wird deshalb von uns abgelehnt – beides verbessert nicht das Angebot günstiger Immobilien, sondern verwaltet lediglich den Mangel. Stattdessen muss auch unter Berücksichtigung der Gewerbeimmobilien eine Katalogisierung nicht bebauter Freiflächen, eine systematische Erschließung ebenjener und ein Hinterfragen früherer Beschlüsse zur Nichtbebauung erfolgen. Darüber hinaus muss eine Überarbeitung des Gewerbemietrechts durchgeführt werden. Hierbei fordern wir insbesondere eine Einschränkung der Maklerprovision nach Vorbild des § 3 Satz 2 Gesetz zur Regelung der Wohnungsvermittlung und die Einführung eines einfachen Gewerbemietpreisspiegels, um etwaige Informationsdefizite auszugleichen. Hinzukommend fordern wir analog zum Wohnungsmarkt:

  • steuerliche Maßnahmen wie die Reformierung der Grund- und die Senkung der Grunderwerbssteuer sowie eine höhere Besteuerung baureifen aber unbebauten Landes,
  • eine Stärkung der Bauförderung beispielsweise durch eine Typisierung von Baugenehmigungen
  • und weitere Deregulierungen wie die Umwandlung der Energieeinsparverordnung in ein reines Anreizsystem oder der Abschaffung ausschließlich ästhetisch begründeter Vorgaben im Bebauungsplan (insbesondere überzogener Vorgaben des Denkmalschutzes).

Insgesamt kann so eine Entspannung des Gewerbeimmobilienmarktes erreicht werden. Da wir Clubs zusätzlich als Orte des künstlerischen Schaffens verstehen, fordern wir, dass der Berliner Senat Clubs als Kulturstätten anerkennt und ihnen damit denselben Schutzstatus wie etwa unseren Theatern und Opern gewährt. Etwaige Mittel für Förderungen sollen im Haushalt ausgabenneutral dem Kulturetat entnommen werden. Mit der Einordnung als Kulturstätte muss auch die Baunutzungsverordnung geändert und Clubs als kulturelle Einrichtungen und nicht wie bisher als Vergnügungsstätten klassifiziert werden. Wir Junge Liberale Berlin finden die bisherige Gleichstellung von Clubs mit Bordellen und Spielkasinos vollkommen inakzeptabel. Clubs sollen dadurch verstärkt in Bebauungsplänen berücksichtigt werden können und bestehende Einrichtungen eine angemessenere Planungssicherheit bekommen.

Einrichtungen, die sich ein einem eigenen Gebäudeensemble befinden, sollen die Möglichkeit erhalten als baukulturelles Erbe angesehen zu werden.

Zudem setzen wir uns aufgrund der wichtigen soziokulturellen Eigenschaften der Clubs dafür ein, dass Eintritte zu Veranstaltungen in Clubs der elektronischen Musikszene in Berlin weiterhin mit dem niedrigeren Umsatzsteuersatz von 7% (nach §12 UStG Absatz 2 Nr. 7a) versteuert werden und lehnen etwaige Erhöhungen der Umsatzsteuer entschieden ab.

 Clubs in die Quartiersplanung einbinden

Nur selten ziehen Nachtclubs und Bars in Neubauten ein. Es gilt, dass wenn in Zukunft neue Quartiere geplant, oder bestehende Quartiere umgeplant werden, auch bestehende Kulturstätten berücksichtigt werden sollen. So sind anfallende Kosten für die Einhaltung der Brand- und Schallschutzanforderungen durch die Träger der Neubauten zu finanzieren. Werden die Auflagen frühzeitig in die Planungen aufgenommen, entfallen kostenintensive Umgestaltungen und Ergänzungen. So tragen bspw. massive Bauteile zu einem effektiven Schall- und Brandschutz bei. Auch die Architektur von Räumlichkeiten, Eingängen und Straßenzügen können hierzu beitragen.

Lärmschutz für eine friedliche Nachbarschaft

Lärmschutz trägt maßgeblich zum Gesundheitsschutz bei, denn regelmäßige Lärmbelastung übt einen enormen Stress auf den Körper aus. Vor allem nachts ist eine ruhige Umgebung elementar. Dies sticht sich leider mit den üblichen Öffnungszeiten von Nachtclubs und Bars, weshalb dem Schallschutz eine wichtige Rolle zukommt. Viele Clubs hingegen existieren teils deutlich länger als die Anwohner in der Nachbarschaft leben. Als zentralen Punkt des Interessensausgleichs zwischen den Bewohnern der Nachbarschaft sowie zwischen Bewohnern und Betreibern des Clubs sehen wir einen starken Bestandsschutz für bereits bestehende Clubs. Ferner lehnen wir eine kultur- und freiheitsbeschränkende Sperrstunde grundlegend ab. Anwohner haben ungerne Clubs in ihrer direkten Nachbarschaft, da sie eine deutliche Lärmbelastung durch Musikwiedergabe und sich auf der Straße aufhaltende Partygästen befürchten. Wie überall ist es wichtig, auch hier das richtige Maß zu finden. Als zentralen Ansprechpartner zur Mediation dieser Interessenkonflikte sehen wir das Büro des Nachtlebens.

Die nachträgliche Umsetzung von besonderen Schallschutzauflagen ist mit erheblichen Kosten für die Betreiber verbunden. Wir begrüßen die Einführung des Schallschutzfonds des Berliner Senats, welche Clubbetreiber finanziell bei der Umsetzung unterstützen soll. Allerdings sehen wir die Höhe von 1 Mio. Euro als zu gering an und fordern daher eine Erhöhung des Fördertopfes. Darüber hinaus soll das Antragsverfahren vereinfacht werden. Der Fond soll Clubbetreibern helfen, kurzfristig und unkompliziert Geld für die Umsetzung von Schallschutzauflagen zu erhalten.

Grundsätzlich möchten wir die Umsetzung der geforderten Grenzwerte so flexibel wie möglich gestalten. Es soll den Betreibern freistehen, welche Maßnahmen sie ergreifen. Die Einhaltung der Grenzwerte soll durch Realmessungen gewährleistet werden. So soll auch der Einsatz alternativer Elemente zur Verringerung der Schallausbreitung ermöglicht werden. Es soll eine Möglichkeit geschaffen werden, auch im Rahmen anstehender Sanierungen in der Nachbarschaft, bspw. sich am Einbau von Schallschutzfenstern beteiligen zu können. Hierbei soll sich der Clubbetreiber an den Mitteln den Schallschutzfonds bedienen dürfen.

Party hard, don’t panic

Nachtclubs sind aufgrund ihrer Architektur, der Dunkelheit und dem großen Publikumsaufkommen erhöhter Brandgefährdung ausgesetzt. Im Falle eines Feuers oder Rauchausbreitung geraten die Gäste leicht in Panik. Um dies vorzubeugen, müssen Nachtclubs besondere Auflagen einhalten. Dennoch sprechen wir uns dagegen aus, die baulichen Brandschutzauflagen unnötig immer weiter hochzuschrauben. Vielmehr meinen wir, dass auch durch intelligente Alternativkonzepte ein hoher Brandschutzstandard eingehalten werden kann. So sollen Clubbetreiber in Zukunft öfter von Abweichungen und Erleichterungen gem. §§ 51, 67 BauO Bln profitieren können. Moderne Brandmelde- und Löschanlagen, der Einsatz von Brandschutzhelfern, sowie effektive Evakuierungsstrategien in Abstimmung mit der Feuerwehr sind Beispiele hierfür. Wir befürworten eine stringente Schulung des Personals auf die Einhaltung und Umsetzung von Brandschutzauflagen.

Gerade im Bereich der Sonderbauten stützen sich die Anforderungen an den Brandschutz auf Gutachten und gutachterliche Stellungnahmen, welche in einem Brandschutzkonzept verfasst werden. Diese können für denselben Fall häufig unterschiedlich ausfallen. Aus diesem Grund fordern wir eine Reform der DIN 4102 hinsichtlich der Vergleichbarkeit von Ausnahmeregelungen und Kompensationsmaßnahmen für brandbeanspruchte und qualifizierte Bauteile und Baustoffe.

Gesundheits- und Drogenpolitik

Gesundheitspolitik ist ein wichtiger Bestandteil von Clubpolitik. Wir glauben daran, dass Clubbesucher selbstständig einschätzen können, welche Gesundheitsrisiken ein Clubbesuch mit sich bringt. Drogen- und Alkoholkonsum sind fester Bestandteil der Berliner Clubkultur. Die bisherigen Versuche der Strafverfolgung von Konsumenten haben nicht funktioniert. Stattdessen soll die Berliner Drogenpolitik in Clubs darauf hinwirken, dass über die Wirkung der Substanzen, einen risikominimierenden Konsum, sowie die gesundheitlichen Folgen aufgeklärt wird. Clubbetreiber sollen keine rechtlichen Konsequenzen erfahren, wenn sie den Drogenkonsum in ihren Einrichtungen tolerieren und ggf. Rückzugsräume zum diskreten Drogenkonsum bereitstellen. Selbstverständlich können sie im Rahmen ihres Hausrechts selbst entscheiden, ob sie den Konsum tolerieren. Der Nichtraucherschutz und der Lärmschutz soll nicht weiter verschärft werden. Clubbetreiber sollen entscheiden dürfen, ob sie das Rauchen im Club gestatten.

Aufklärungs- und Präventionsarbeit

Wir begrüßen, dass es Projekte zur Aufklärung zu risikoreduzierendem Drogenkonsum und sexueller Gesundheit in Berliner Clubs gibt. Der Senat soll die Finanzierung dieser Projekte ausbauen und Mittel bereitstellen, um Clubmitarbeiter im sensiblen Umgang mit drogenkonsumierenden Gästen zu schulen. Im Rahmen der Drogenentkriminalisierung sollen die Clubbetreiber beraten werden, inwieweit sie innerhalb ihrer Räumlichkeiten Maßnahmen zum Gesundheitsschutz der Gäste umsetzen können. Dies umfasst beispielsweise die Bereitstellung sauberer Utensilien zum Drogenkonsum (z.B. Ziehröhrchen), Präservative zum Schutz vor sexuell übertragbaren Krankheiten, sowie Ohrstöpsel zum Schutz vor Lärm. Zur zusätzlichen Sicherheit für Verbraucherinnen bzw. Verbraucher von Betäubungsmitteln begrüßen wir die Einrichtung von Drug-Checking Laboren außerordentlich. Neben diesem Angebot fordern wir für das Berliner Nachtleben mobile Präventions- und Drug Checking-Angebote. Weiterhin fordern wir den Senat auf, die dafür notwendigen rechtlichen Möglichkeiten zu schaffen und Straffreiheit für die Anbieterinnen bzw. Anbieter und Verbraucherinnen bzw. Verbraucher zu gewährleisten.

Freiheit bewahren, Sicherheit gewährleisten

Kaum irgendwo ist ein Widerspruch von Freiheit und Sicherheit so offensichtlich wie im Bereich des Nachlebens. Eine freie Entfaltung der Partygänger und eine Kultur der Freizügigkeit werden durch staatliche Kontrolle unweigerlich eingeschränkt. Gleichzeitig darf die Schaffung rechtsfreier Räume, in denen Übergriffe, Diebstähle und Gewaltdelikte nicht vermieden werden, auch im Nachtleben nicht akzeptiert werden. In Bezug auf staatliche Eingriffe im Sinne der inneren Sicherheit muss daher gelten: So viel wie nötig, so wenig wie möglich. Innerhalb eines Clubs oder einer Bar selbst müssen staatliche Kontrollmaßnahmen auf ein notwendiges Minimum – z.B. die Überprüfung von Brandschutzvorkehrungen und Lärmschutz oder Razzien im Zuge der Bekämpfung von Clan-Kriminalität – beschränkt bleiben. Dem Clubbetreiber muss die Verantwortung zugetraut werden, eine Umgebung zu schaffen, die ohne weitere Eingriffe und faktische Beschränkungen auskommt, solange staatliche Sicherheitskräfte nicht initiativ angefordert werden. Dafür ist es u.a. aber unerlässlich, dass der Betreiber die vollkommene Kontrolle über den Einlass in sein Etablissement behält und dessen Maßstäbe akzeptiert werden. Jedem Versuch, Einlassbeschränkungen in Clubs und Bars gesetzlich zu reglementieren, lehnen wir entschieden ab. Auch in den nicht-geschlossenen Räumen von Party-Arealen und Bargegenden muss eine sensible Abwägung im Sinne der Schaffung von möglichst großen Freiräumen vorgenommen werden. So lehnen wir insbesondere die Videoüberwachung von öffentlichen Plätzen in entsprechenden Party-Gegenden entschieden ab. Polizeiliche Kontrollen oder Streifen sind auf ein Minimum zu reduzieren, solange die Anrainer im Rahmen der Gesetze selbst für ein harmonisches und gewaltfreies Miteinander sorgen können. Wo dies nicht gelingt, ist ein konsequentes staatliches Durchgreifen aber unerlässlich, auch wenn es zulasten von Freizügigkeit oder einem vermeintlichen Freiheitsgefühl in den betroffenen Arealen geht. Hierbei soll das Vertrauen in die Handlungsfähigkeit und -bereitschaft des Rechtsstaats gestärkt, dabei aber der Eindruck staatlicher Repression vermieden werden. Sinnvoll sind daher die Implementierung von Nachtbürgermeistern nach dem Vorbild Amsterdams, der Einsatz von zivilen Polizeikräften oder die Stationierung von Polizeieinheiten, die sich in Nebenstraßen in Bereitschaft halten und nötigenfalls schnell und verlässlich eingreifen können.

„Schau doch was du willst“: Keine Quote für EU Fernsehen und Streamingdienste

Die Jungen Liberalen Berlin sprechen sich gegen die Einführung einer EU-Quote im Fernsehprogramm und in Streaming-Diensten des EU-Raums aus. Die EU- Kommission möchte diese zukünftig einführen, um Produktionen der EU-Staaten gegenüber z.B Produktionen aus den USA zu bevorzugen, die das westliche Fernsehprogramm dominieren. Die Jungen Liberalen Berlin finden, dass den EU-Bürgern kein durch Quoten geprägtes Programm aufgezwungen werden soll, sondern, dass weiterhin alle Sender selbst entscheiden dürfen, welche Sendungen ihre Zuschauer am ehesten sehen möchten.

Die Jungen Liberalen Berlin fordern die schnellstmögliche Abschaffung des § 26 des Rundfunkstaatsvertrages, der private Sendeanstalten ab einer bestimmten Größe dazu verpflichtet, Fremdprogramme einzukaufen und diese zu senden.

Für das Gute, Schöne, Wahre – liberale Kulturpolitik für Berlin

Die Rolle der Kultur für unsere demokratische Gesellschaft kann kaum überbewertet werden. Kulturelle Bildung und Teilnahme am kulturellen Leben sind Grundvoraussetzungen für eine selbstbestimmte Entfaltung des Menschen. Ohne Kunst und Kultur wäre unsere Gesellschaft nicht kreativ, die Wirtschaft nicht innovativ, die Bevölkerung nicht vielfältig.

In wenigen anderen Lebensbereichen sind liberale Werte und Gesellschaftsbilder so verbreitet und bedeutsam. Kultur ohne Freiheit ist nicht denkbar. Die Kultur lebt von der Vielfalt und dem Spannungsverhältnis zwischen Vertrautem und Neuem. Kultur ist höchst individuell und emotional sowie zugleich das Verbindende und die Basis für eine Verständigung untereinander.

Die Jungen Liberalen Berlin erkennen an, dass die heutige Kunst- und Kulturszene in vielen Bereichen ohne staatliche Unterstützung nicht überlebensfähig wäre und vor allem in ihrer Innovationsfähigkeit und Dynamik erheblich eingeschränkt würde. Doch gerade durch diese Subventionen haben sich Strukturen gebildet, die kritisch hinterfragt werden müssen.

Für die Jungen Liberalen Berlin stellt sich nicht die Frage, ob Kultur gefördert werden muss, sondern wie. Kunst- und Kulturfreiheit sind die Grundpfeiler des Verhältnisses zwischen Staat und Kultur. Dies umfasst nicht nur die individuelle Freiheit von Zensur, sondern auch den Auftrag des Staates, Kunst und Kultur im Rahmen seiner finanziellen Möglichkeiten zu fördern.

Kulturförderung

Die Förderung von Kunst und Kultur haben einen zentralen Stellenwert als prägendes Element einer Gesellschaft. Der Staat hat die Verantwortung den Zugang zur kulturellen Grundversorgung sicherzustellen.

Es ist die Aufgabe des Staates die Kulturschaffenden und Kulturinstitutionen finanziell zu fördern. Dabei muss jedoch bedacht werden, dass aufgrund von begrenzten Mittel neue Prioritäten gesetzt werden müssen.

Obwohl der Berliner Kulturetat im laufenden und kommenden Jahr über 500 Millionen Euro beträgt, besteht eine enorme Dominanz der institutionalisierten Hochkultur, die über 95% der Förderung erhält. Während gerade einmal 20 Millionen Euro für die etwa 30.000 freien Künstler in Berlin zur Verfügung stehen, erhält allein die Opernstiftung 140 Millionen Euro Unterstützung.

Der Kulturetat des Landes Berlin muss künftig einen Anteil an der weiterhin notwendigen Haushaltskonsolidierung leisten. Um den hohen Wert von Kunst und Kultur für Berlin nicht zu schmälern, muss die Kulturförderung ihren Fokus von der beinahe ausschließlichen Unterstützung von Museen, Theatern und Opern auf die Bereiche der Musik, bildenden Künste, Bibliotheken und die freie Szene richten. Wir fordern künftig mindestens 15% des Kulturetats an die nicht institutionalisierte Kultur zu vergeben.

Um die zur Verfügung stehenden Fördermittel besser zu verteilen, müssen sich die Kulturinstitutionen organisatorisch neu aufstellen und andere Wege zur Finanzierung nutzen. So sollten Theater, Museen und Opern flexible Mitgliedschaftsprogramme entwickeln, bei denen Bürger vom Nutzer und Besucher zu aktiven Kulturförderern werden und so mehr Verantwortung übernehmen und Engagement einbringen. Gleichzeitig muss auch die Selbstfinanzierungsquote durch private Spender erhöht werden. Künftig sollte öffentliche Förderung für Institutionen nur noch mittels „matching funds“ (Auslobung öffentlicher Mittel ist untrennbar mit dem Einwerben privater Mittel verbunden) vergeben werden. Durch die verstärkte Beteiligung von privaten Spendern werden so mehr Mittel für die Unterstützung der freien Szene bereitgestellt.

Wir fordern zudem, dass die kulturellen Institutionen mehr betriebliche Selbstständigkeit erlangen. So müssen Kulturbetriebe wie die Stiftung Preußischer Kulturbesitz in die Lage versetzt werden, eigenständig mit ihren Einnahmen und Ausgaben zu wirtschaften. Gleichzeitig sollte die Förderung in langfristig angelegten Vereinbarungen festgelegt werden.

Um die freie Szene besser in die Kulturförderung zu integrieren, ist es notwendig, einen Kulturbeirat zu gründen, der über die Vergabe der Fördermittel entscheidet. Das Gremium soll vor allem aus zivilgesellschaftlich engagierten Personen bestehen, die maximal 5 Jahre eine Position im Beirat halten dürfen. Ein Teil der bereitgestellten Mittel sollte in den Ausbau von Atelierprogrammen und den Aufbau von Kunst- und Kulturhäusern investiert werden, welche jedem zur Nutzung offen stehen und als Arbeits- und Produktionsräume genutzt werden können.

Wir sprechen uns zudem gegen den Neubau der Zentral- und Landesbibliothek aus. Vor dem Hintergrund der Erosion von Bibliotheken, deren Anzahl von 217 im Jahr 1997 auf nur noch 85 (in 2012) geschrumpft ist, kann sich die Stadt ein solches Vorzeigeprojekt nicht leisten. Vielmehr muss die neue Rolle von Bibliotheken, die sich mittlerweile zu lokalen Kulturzentren entwickeln, berücksichtigt werden. Hier darf es nicht zu weiteren Schließungen kommen, sondern die Attraktivität muss durch freie WLAN-Zugänge, Veranstaltungskonzepte und eine eigenständige Profilentwicklung gesteigert werden.

Zu dieser Neustrukturierung des Kulturbudgets in Berlin gehört auch die Verhandlung über den Hauptstadtfinanzierungsvertrag mit dem Bund. Es bedarf künftig eines langfristigen Konzeptes, dass die Rolle des Bundes und dessen Planungen fest umschreiben. Denkbar ist hierbei etwa die Übernahme der Staatsoper um das Land Berlin von den finanziellen Belastungen zu befreien.

Kulturbildung

Für die Jungen Liberalen Berlin ist ein umfassendes Angebot kultureller Bildung essentiell für eine freie Persönlichkeitsentfaltung der Berliner Schülerinnen und Schüler. Die Frage, ob und inwieweit Schüler die Möglichkeit haben, sich am kulturellen Leben der Hauptstadt zu beteiligen oder schlicht ihre eigene Kreativität zu schärfen, darf nicht nur vom Portemonnaie der Eltern abhängig sein. Daher fordern wir, dass es jedem Kind möglich sein soll an Kultur zu partizipieren, etwa indem sie ein Instrument erlernen. Dafür halten wir die Einführung von Bildungsgutscheinen, die z.B. an Musikschulen oder Jungendkunstschulen eingelöst werden können, für den zielführendsten Weg.

Um Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit zu geben, sich in verschiedenen kulturellen Themenfeldern zu profilieren, sprechen wir uns für einen Berliner Schülerwettbewerb nach Vorbild des Europäischen Wettbewerbs aus, der kreative Leistungen der Schülerinnen und Schüler in verschiedenen kulturellen Bereichen wie beispielsweise der bildenden Kunst oder der Poesie.

Da nicht alle Schulen von der materiellen und vor allem personellen Ausstattung her in der Lage sind, ein umfassendes kulturelles Angebot an AGs und Fortbildung für die Schülerinnen und Schüler zusammenzustellen, muss die Kooperation zwischen Schulen und den Verbänden und Institutionen der Kreativszene verstärkt bzw. überhaupt etabliert werden. Es liegt im eigenen Interesse z.B. einer Schauspielschule, mit Unterstützung des Landes Berlin Projekte an Schulen durchzuführen, um langfristig auch Schülerinnen und Schüler für eine Ausbildung im Schauspielbereich begeistern zu können. Auf diese Weise ließe sich einfach und zu allerseitigem Nutzen ein breites kulturelles Angebot an Berliner Schulen implementieren.

Das Schauspiel fördert die Selbstfindung der Schülerinnen und Schüler enorm. Das freie Spielen eines Charakters oder eines Charakterzuges hilft beim Einschätzen eigener Handlungen, das Präsentieren auf der Bühne gibt Selbstsicherheit, wie sie einfache Vorträge nicht vermitteln können. Das Unterrichtsfach Theater in der Sekundarstufe II soll zum Angebot in der Berliner Schullandschaft ausgeweitet werden, so dass es in der Regel gelernt werden kann. Das Prüfungsfach Darstellendes Spiel in der gymnasialen Oberstufe soll an allen Oberstufen angeboten werden.

Außerhalb der Schule können vor allem die Stadtbüchereien zu lokalen Kulturzentren ausgebaut werden. Auch hier ist eine enge Kooperation mit der Kreativszene zu forcieren, um Stadtbüchereien nicht nur als funktionalen Bücherverleih, sondern als generellen Anlaufpunkt für Kulturinteressierte zu etablieren. Dabei sollte man auch auf den Kontakt zu bereits bestehenden lokalen Verbänden wie Sportvereinen oder Kirchengemeinden zurückgreifen.

Wir fordern, dass öffentlich geförderte Kulturinstitutionen, wie Bibliotheken und Museen, für alle unter 25 Jahren, Schüler, Lehrlinge, Praktikanten, Freiwillige in Vollzeit und Studenten kostenfrei sind. Für andere kulturelle Angebote sollen besagter Altergruppe Vergünstigungen geboten werden.

Kultur und Medien

Freie Kunst, Kultur und Medien ermöglichen Kreativität und eine gut informierte Öffentlichkeit. Diese Freiheit und Vielfältigkeit sind Grundlagen unserer demokratischen Gesellschaft. Kultur und Medien sind ein häufig eng verflochtenes Feld, dass eine einheitliche Betrachtung notwendig macht. Festgefahrene Strukturen, die selten hinterfragt werden, treten hier ganz deutlich zu Tage, sei es der bürokratische Hochseedampfer GEZ, die Buchpreisbindung oder die Filmförderung.

Wir fordern den öffentlich-rechtlichen Rundfunk so schnell wie möglich zu privatisieren. Ausgenommen ist ein Sender für Nachrichten, Kultur und Bildung in TV und Radio.

Auch die Filmförderung in Deutschland muss dringend reformiert werden. Langfristiges Ziel muss es sein, diese industriespezifische Subvention abzuschaffen. Kurzfristig muss, da es sich bei der Filmförderung wie beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk um eine staatliche Aufgabe handelt, die Zwangsabgabe von Kinobetreibern und Videoprogrammanbietern an die Filmförderungsanstalt (FFA) abgeschafft werden. Zudem muss die Filmförderung künftig umstrukturiert werden:

  • Die Referenzfilmschwelle sollte auf 200.000 Kinobesucher erhöht werden und zudem sollten Zuschauer aus anderen Verwertungsmedien anerkannt werden.
  • Die Bedeutung von „Expertenvoten“ (d.h. Festivals oder Bewertungsstellen) sollte künftig weniger Gewicht bei der Vergabe von Fördermitteln haben. Die FBW-Prädikatisierung sollte komplett aus dem FFG genommen werden.
  • Die Uraufführung von geförderten Filmen sollte nicht länger exklusiv an Kinos gebunden sein. Gleichzeitig sollten die starren Verwertungsfristen aufgeweicht werden, um parallele Starts der Filme zu ermöglichen.
  • In die Filmförderung in Deutschland muss kurzfristig auch die Gamingindustrie aufgenommen werden, um neben der Produktion von Filmen und Serien auch die Produktion von interaktiver Unterhaltungssoftware in Deutschland zu unterstützen.

Die wachsende eSport-Szene muss als Sport anerkannt werden. Insbesondere die steuerrechtliche Anerkennung der Gemeinnützigkeit würde es Teams ermöglichen, freiwerdendes Kapital in den Sport zu investieren. Dem eSport müssen die gleichen rechtlichen Privilegierungen zuerkannt werden wie anderen Sportarten, um Sportler zu fördern sowie die Durchführung von internationalen Turnieren und Partien zu ermöglichen. Dazu zählen die Lösung der VISA-Problematik, die Teilnahme an Fördermechanismen und die Beendigung des Zwangs einer Spielhallenerlaubnis für Gewerbetreibende, die das öffentliche Spielen von eSport-Titeln ermöglichen wollen.

Aus marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht nachvollziehbar ist die Buchpreisbindung. Sie muss abgeschafft werden.

Das Mittel der Indizierung verkörpert die Idee des bevormundenden Beschützerstaates in Reinform. Eine Aufnahme von Medien in die Liste jugendgefährdender Medien, eine sogenannte „Indizierung“, erfolgt auf Antrag von Jugendministern und -ämtern durch die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) und hat zur Folge, dass ein betroffenes Medium in Deutschland nicht mehr beworben, nicht öffentlich ausgelegt und nur auf Nachfrage an Erwachsene verkauft werden darf. Betroffene Telemedien dürfen nicht im Fernsehen ausgestrahlt werden und indizierte Internetseiten werden durch das BPjM-Filtermodul oberflächlich vor deutschen Internetnutzern verborgen. In der Praxis kommt eine Indizierung aber fast immer einem Verkaufsverbot gleich, da durch das Werbeverbot und den eingeschränkten Verkauf, der Vertrieb dieser Medien kaum noch wirtschaftlich ist und oft eingestellt oder gar nicht erst aufgenommen wird. Daher kommt es immer wieder zu einer Selbstzensur durch die Künstler, Hersteller und Verleiher, da diese eine Aufnahme auf den Index und damit starke wirtschaftlich Nachteile fürchten. Dem deutschen Verbraucher steht danach nur noch eine geschnittene Version zur Verfügung, die nicht mehr der ursprünglichen Vision des Künstlers entspricht. In dieser Handhabe sehen wir einen bevormundenden Umgang mit dem Deutschen Verbraucher sowie einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Freiheit der Kunst. Wir treten für ein Ende der Indizierungspraxis ein und fordern die Freigabe aktuell bereits indizierter Medien.

Deutschland ist zur Zeit der einzige EU-Staat, welcher sich eine eigene Behörde zur Einstufung von Computerspielen leistet, die Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK). Flächendeckend ist in der EU die Pan European Game Information (PEGI) zur Einstufung von Computerspielen etabliert.

Dieses bietet u.a. im Vergleich zur USK eine differenziertere Einstufung bei der Bewertung von Spielen für Kleinkinder (3, 4, 6 und 7 statt bei USK nur 0 und 6), sowie bei möglicherweise jugendgefährdenden Titeln eine sichtbare Auskunft über den Grund einer möglichen Jugendgefährdung (Gewaltdarstellung, Diskriminierung, sexuelle Darstellungen, etc.). Auch Deutschland sollte sich endlich diesem besseren internationalen Wertungssystem anschließen. Die USK ist ersatzlos abzuschaffen.

Kreativwirtschaft

Mit etwa 30.000 umsatzsteuerpflichtigen Unternehmen – 20 Prozent aller Berliner Firmen – und rund 190.000 Jobs ist die Kreativszene ein essentieller Bestandteil des Berliner Wirtschaftsraums und ein wichtiger Faktor im Arbeitsmarkt der Hauptstadt.

Kaum eine andere Branche wächst in Berlin so schnell wie die Kulturwirtschaft, die sich zu einem treibenden Motor für das Wirtschaftswachstum der Hauptstadt entwickelt. Dieses Potential muss genutzt werden, um eine positive Wirtschaftsentwicklung in Deutschlands wichtigster Kulturhochburg sicherzustellen. Langfristiges Ziel einer verantwortungsvollen Politik kann hierbei nicht eine andauernde Subvention der Kreativszene sein, sondern nur die Schaffung von soliden Rahmenbedingungen – für die Kreativszene selbst, aber vor allem auch für die Wirtschaftsformen, in denen sie sich letztendlich verfasst.

Ein wesentlicher Teil der Wertschöpfung der Berliner Kulturszene wird durch Gewerbetreibende erwirtschaftet, die als Klein- und Kleinstunternehmer fungieren. Um kreativen Gründern Finanzierungsmöglichkeiten zu schaffen, sprechen wir uns dafür aus, die staatlichen Mikrokreditprogramme, vor allem durch die Investitionsbank Berlin, auszuweiten, da entsprechend kleine Kredite für die führenden Kreditinstitute in der Regel teuer und nicht lukrativ sind. Hierbei ist je nach Möglichkeit mit privaten Mikrofinanzinstituten zusammenzuarbeiten.

Viele Unternehmer der Kreativwirtschaft bringen vor allem Know-How für ihr eigenes Produkt mit, verfügen aber nur über geringe kaufmännische oder unternehmerische Vorkenntnisse. In Zusammenarbeit mit der IHK, den Verbänden der Kreativwirtschaft und den Fachhochschulen wirtschaftlicher Ausrichtung sollen daher Unternehmerschulungen und Seminare angeboten werden. Gerade Kleinunternehmer, die keine kaufmännisch ausgebildeten Angestellten beschäftigen können, sollen sich so Grundsätze der Unternehmensführung näherbringen können.

Um das gesamtgesellschaftliche Potential der insgesamt gut aufgestellten Kreativwirtschaft auszuschöpfen, muss außerdem die Vernetzung mit anderen Branchen und der Wissenschaft forciert werden. Dies kann beispielsweise durch branchenspezifische Kreativmessen, bessere Vernetzung zwischen den einzelnen Branchenverbänden und zwischen Kreativwirtschaft und Hochschulen geschehen.

Wie in allen anderen Branchen lässt sich auch im Unternehmertum der Kulturszene ein finanzielles Risiko für den Unternehmer oder Freiberufler nicht wegregulieren. Mindesthonorare für die Freie Kulturszene lehnen wir daher in diesem Zuge entschieden ab. Vielmehr muss der Staat durch eine dynamische Wirtschaftsentwicklung und solide soziale Absicherungen, z.B. im Sinne des Liberalen Bürgergelds die Weichen für ein finanzielles Auskommen der Berliner Kulturschaffenden stellen.

Zuletzt muss der Senat dafür Sorge tragen, dass der Kreativszene Foren zum Austausch geboten werden. Wir begrüßen es daher, wenn das Land Berlin in enger Abstimmung mit den Verbänden der Kreativwirtschaft und Sponsoren Messen und Symposien ausrichtet, auf denen sich Berlin als Kulturmetropole präsentieren und sich die Akteure der Kreativszene vernetzen und austauschen oder auf kreativen Berufsmessen mögliche Mitarbeiter bzw. Arbeitgeber finden können. Hier muss auch dafür Sorge getragen werden, dass der Kulturwirtschaft ausreichend Berliner Messezentren und Standorte zur Verfügung stehen, insbesondere nach dem zeitweiligen Wegfall des Flughafens Tempelhof als Messegelände.

Wir sprechen uns gegen die Neufassung des Kulturgutschutzgesetzes (KGSG) von 2016 aus. Ein- und Ausfuhrgenehmigungen für Kunstobjekte, gerade ins EU-Ausland, sind für uns nicht zeitgemäß und stellen einen Wettbewerbsnachteil für den deutschen Kunstmarkt dar. Das vorgebrachte Argument der Terrorfinanzierung ist bisher durch die Bundesbeauftragte für Kultur und Medien (BKM) nicht durch konkrete Zahlen belegt worden. Bestehende Schlupflöcher – für die es keines neuen „Supergesetzes“ bedarft hätte – existieren auch weiterhin. Der Schutz und die Rückgabe ausländischen Kulturgutes, welches unrechtmäßig ausgeführt wurde, sind dagegen bereits in der bestehenden Gesetzeslage geregelt.

Kultur und Digitalisierung

Aufgabe der Kulturpolitik im 21. Jahrhundert muss sein, vor allem junge Menschen für die Auseinandersetzung mit Kultur zu gewinnen. Die Jungen Liberalen Berlin fordern daher die Verbesserung der digitalen Infrastruktur staatlich finanzierter Kultureinrichtungen. Öffentlich zugängliches WLAN muss zum Standard in allen staatlichen Einrichtungen werden. Ein für die Berliner Kunstszene repräsentativer Internetauftritt sowie die Bereitstellung von weiterführenden Informationen im für Heranwachsende alltäglichen App-Format müssen mittelfristig als Ziele definiert werden. Wer bei kulturell wertvollen Inhalten aber nur an die Werke von Dichtern und Denkern vergangener Epochen denkt, hat die Generation Internet bereits größtenteils verloren. Zur Auseinandersetzung mit Philosophie darf nicht nur Kant gehören, sondern auch aktuellere Fragestellungen etwa bezüglich der gesellschaftlichen Einstellung zu geistigem Eigentum. Die Jungen Liberalen Berlin sind davon überzeugt, dass aktuelle Kulturdebatten Einzug in den kulturellen Bildungsplan von Heranwachsenden finden müssen.

Die voranschreitende Digitalisierung insbesondere im Zuge der Internetrevolution stellt neue Anforderungen an den Begriff des Urheberrechtes. Für die Jungen Liberalen Berlin ist klar, dass staatliche Präventivkontrollen des Internets auf etwaige Urheberrechtverletzungen keine Lösung sein können. Die digitale Generation unter Generalverdacht zu stellen hemmt letztlich den Innovationsprozess in den Geschäftsfeldern von morgen. Durch die Omnipräsenz des Internets sollten Urheber vielmehr dazu angehalten sein, sich deutlich über eine mögliche Nutzung ihrer Werke unter sogenannten Open-Content-Lizenzen zu positionieren. Die Jungen Liberalen Berlin sprechen sich zudem gegen eine Verschärfung des Urheberrechts zulasten der Urheberrechtsverwerter aus. Insbesondere weiterreichende Auskunftspflichten seitens der Verwerter oder Rückrufrechte seitens der Urheber konterkarieren eine dynamische Entwicklung der Kreativszene und erschweren es Neugründern, ihre Produkte platzieren zu können. In diesem Sinne trüge eine Ausweitung der Urheberrechte auch nichts zu einer finanziellen Absicherung der Kulturschaffenden bei.

Ebenso lehnen wir das Leistungsschutzrecht für Presseerzeugnisse ab. Die aktuellen Bestimmungen zum Urheber- und Zitatrecht reichen aus, um Urheberrechtsverletzungen zu ahnden ohne Möglichkeiten moderner Internetdienste nachhaltig einzuschränken oder zu gefährden.

Auch fordern wir die Aufhebung des Zwanges zur „Depublikation“ von Beiträgen auf den Internetseiten öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten. Beiträge, die durch öffentliche Finanzierung erstellt wurden, sollten generell so lange wie möglich im Internet abrufbar sein. Die rechtliche Grauzone im Rundfunkstaatsvertrag, wonach ein Livestream mit mehr als 500 Zuschauern als Rundfunk betrachtet wird, ist zu beseitigen.

Berliner Street-Art einen Raum geben!

Berlin ist längst mehr als nur Schwarz und Grau. Berlin ist in vielerlei Hinsicht bunt. Neben der bemalten Eastside-Gallery oder auch der Cuvrybrache ist Urban-Art ein fester Bestandteil des Stadtbildes und eine Ausdrucksform der Jugend. Solche Werke können ganze Stadtviertel aufwerten, Eigentumspreise steigern lassen und auch die Touristenzahlen verbessern – Kurz Graffiti ist von urbaner Kultur längst zu einem Wirtschaftsfaktor geworden.

Die Jungen Liberalen Berlin müssen feststellen, dass sich diese Kultur noch immer in der Illegalität stattfindet. Nachdem die Strafen 2005 für Sprayer verschärft worden, die Anzahl der Delikte jedoch gestiegen sind, müssen dem Versprechen, mehr Freiflächen zur Verfügung zustellen, endlich Taten folgen.

Indem die Kunst einen legalen Raum erfährt kann sich die Stadt das künstlerische Potenzial zu Nutze machen und den wirtschaftlichen Schäden, u.a. bei BVG und S-Bahn, entgegengewirkt werden.

Daher fordern wir, dass in Kooperationen mit den Eigentümern, Flächen für Graffitis bereitgestellt werden, sowie die Prüfung der Schaffung eines Street-Art-Beauftragten nach Münchner Vorbild,welcher bei der Vermittlung zwischen Szene, Verwaltung und Eigentümern wirken soll.

Auch Gaming ist Kultur.

Die Jungen Liberalen Berlin fordern, in die Filmförderung in Deutschland kurzfristig auch die Gamingindustrie aufzunehmen und neben der Produktion von Filmen und Serien auch die Produktion von interaktiver Unterhaltungssoftware in Deutschland zu unterstützen. Langfristig muss es aber Ziel sein, diese industriespezifische Subvention in Deutschland abzuschaffen.