Eine geeinte Generation Deutschland

Einleitung

Die vergangenen 30 Jahre der deutschen Einheit sind deutsche wie europäische Erfolgsgeschichte. In der Konvergenz der Lebensverhältnisse und der Wirtschaftsleistung sind große Fortschritte zu verzeichnen. Städte wie Dresden, Leipzig oder Berlin haben sich zu internationalen Großstädten entwickelt; Magdeburg, Erfurt und Potsdam zu etablierten Wissenschaftsstandorten. Viele Regionen Ostdeutschlands bieten sehenswürdige Naturlandschaften und eine ausgesprochen hohe Lebensqualität. Das einseitig negative Bild Ostdeutschlands gehört nur noch der Geschichte an.

Die ostdeutschen Bundesländer stehen vor einigen spezifischen Herausforderungen. Um diesen Umständen gerecht zu werden, streben wir eine Weiterentwicklung der eindimensionalen Ost-West-Perspektive hin zu einer regional differenzierten Analyse der Lebensbedingungen in sämtlichen Landesteilen an. Ostdeutsche Bundesländer sind dabei in besonderem Maße von Unterproduktivität, Fachkräftemangel sowie Bildungsabwanderung betroffen und verfügen historisch bedingt nur über wenige Großbetrieben oder Konzernzentralen.

Die geeinte Generation Deutschland wird von jungen Menschen geprägt, die die Mauer nur noch aus den Geschichtsbüchern kennen und überzeugten Freiheitskämpfer, die sie immer nur als zu überwindendes Hindernis auf dem Weg zu einer gemeinsamen Zukunft verstanden haben. Die geeinte Generation Deutschland empfindet die noch immer vorhandenen, ungleichwertigen Lebensverhältnisse zwischen Ost und West als innerdeutsche Ungerechtigkeit, welche die Freiheit und Lebenschancen der geeinten Gesellschaft bremsen. Drei Jahrzehnte nach der deutschen Einheit ist es Zeit für eine neue Einheit gleichwertiger Lebensverhältnisse in ganz Deutschland.

Wirtschaftliche Vielfalt stärken

Die ostdeutschen Bundesländer verbinden viele Gemeinsamkeiten, aber auch ökonomische Disparitäten. Neben der unterschiedlichen Wirtschaftskraft einzelner Länder, zeigt sich im Rest Deutschlands auch eine starke Disparität zwischen Städten und dem ländlichen Raum. Leipzig, Dresden oder Berlin-Potsdam stehen hier großen ländlichen Regionen mit mangelnder Gesundheits-, Verkehrs- und digitaler Infrastruktur gegenüber. Regional differenzierte Anstrengungen sind daher geboten.

Eine starke Infrastruktur, solide Daseinsvorsorge und gute Rahmenbedingungen sind Grundlage für unternehmerischen Erfolg. Um Fachkräfte zu gewinnen, müssen attraktive Bedingungen in unmittelbarer Umgebung vorliegen. Dabei betrachten wir insbesondere Breitbandausbau und Digitalisierung als zentrale Punkte, um bisher unterschätzte Regionen schnell mit potenter Infrastruktur auszustatten. Um dem bundesweiten Fachkräftemangel zu begegnen, der insbesondere Ostdeutschland bereits heute herausfordert, wollen wir Azubis im Verhältnis zu Studenten eine gleichwertige finanzielle Unterstützung ermöglichen. Für beide muss daher ein weniger bürokratisches, elternunabhängiges Bafög mit gemeinsamen Sätzen geschaffen werden. Darüber hinaus braucht es die Implementierung eines Freiwilligen Beruflichen Jahres, in dessen Rahmen die Teilnehmer ein Jahr lang Praktika in verschiedensten Betrieben absolvieren sollen, um möglichst vielseitige Einblicke in unterschiedliche Professionen zu erhalten.

Weiterhin wollen wir beispielsweise durch Nachfolgebörsen regionale Vernetzung und Vermarktung zur Sicherung von Unternehmensnachfolgen ausbauen. Um die deutsche Wirtschaft, insbesondere in Ostdeutschland, nicht unnötig zu hemmen, fordern wir einen Bürokratie-TÜV für alle neuen Gesetze und Verordnungen. Dort sollen diese bezüglich ihrer Auswirkungen auf Verwaltung und erhöhten bürokratischen Aufwand in Unternehmen geprüft werden.

Weiterentwicklung des gesamtdeutschen Fördersystems für strukturschwache Regionen

Wir treten für eine Weiterentwicklung des gesamtdeutschen Fördersystems für strukturschwache Regionen – insbesondere die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ – ein. Grundlage einer hierdurch begründeten ausgleichsorientierten Regionalpolitik ist die Entwicklung eines verlässlichen und fairen Indikators zur Abgrenzung strukturschwacher Regionen. Zentrale Komponenten dieses Indikators müssen Einkommen und Wohlstand einer Region, der Mismatch am regionalen Arbeitsmarkt, die Demografie und infrastrukturelle Herausforderungen sein. Wir sind darüber hinaus der Ansicht, dass im Rahmen dieses Fördersystems eine gleichzeitige Förderung von Stadt und Land möglich sein muss. In diesem Kontext begrüßen wir dezidiert, dass seit dem Beginn des Jahres 2020 bislang auf ostdeutsche Bundesländer beschränkte Regionalförderprogramme auf sämtliche strukturschwachen Regionen Deutschlands ausgeweitet wurden.

Um langfristiges wirtschaftliches Wachstum zu unterstützen, wollen wir das hohe Potential der ostdeutschen Wirtschaft entfesseln. Bei Subventionen im Rahmen der regionalen Strukturpolitik ist daher streng darauf zu achten, dass diese einer Produktivitätssteigerung nicht entgegenwirken. Vor diesem Hintergrund sehen wir die Arbeitsplatzschaffung als Bedingung für Wirtschaftsfördermittel als überholt an. Um den Strukturwandel zu bewältigen und langfristig international wettbewerbsfähig zu bleiben, dürfen gerade im Sinne der langfristigen Arbeitsplatzschaffung starke Unternehmen nicht in ihrem Wachstum gehemmt werden.

Im Rahmen einer ganzheitlichen Strategie zur Förderung des Potentials bislang strukturschwacher Regionen sollen insbesondere Wissenschaftseinrichtungen und Fachhochschulen – beispielsweise im Zuge der Errichtung von Fraunhofer Instituten – vorrangig dort angesiedelt werden. Eine künstlich erzwungene Umsiedlung oder Zerschlagung behördlicher Strukturen allein zum Zwecke der Wirtschaftsförderung bestimmter Regionen kann kein konstruktiver Baustein in diesem Sinne sein und wird von uns daher abgelehnt. Insofern neue Einrichtungen der öffentlichen Hand unbedingt entwickelt werden müssen, sind strukturschwache Regionen gleichwohl besonders zu berücksichtigen. Dieses Instrument kann und darf aber nie isoliert eingesetzt werden, sondern soll im Rahmen einer strukturellen Förderung erfolgen und das organische wirtschaftliche Wachstum unterstützen.

Wirtschaftlicher Aufschwung durch Chancenregionen

Den Herausforderungen der globalisierten Weltwirtschaft möchten wir mit einer starken Gründer- und Innovationskultur begegnen. Über freiheitliche Experimentierräume können Fortschritt und Innovation in ganz Deutschland vorangetrieben und somit ein Beitrag zu unserem gemeinsamen Wohlstand geleistet werden. Hierzu setzen wir unter anderem auf Sonderwirtschaftsgebiete, in denen sowohl die Zivilgesellschaft als auch Verwaltung und Betriebe neue, mutige Wege gehen können. Dazu braucht es eine konstruktive Zusammenarbeit von Kommunen, Ländern und Bund. Diese sollten gemeinsam einen bundesweit einheitlichen Anforderungskatalog entwickeln, der die Eignung einer Region als Sonderwirtschaftsgebiet definiert. Hiermit muss sichergestellt werden, dass die geförderten Regionen über hinreichendes Technologie- und Innovationspotential verfügen. Gleichzeitig sollte eine individuelle Ausgestaltung des Konzepts nach Maßgabe der regionalen Gegebenheiten ermöglicht werden. Der Sonderzonen-Status soll für einen im Vorhinein festgelegten, langfristig angesetzten Zeitraum gelten und in entsprechenden Perioden erneuert werden können. In Sonderwirtschaftsgebiete soll es insbesondere möglich sein:

  • die bürokratischen Rahmenbedingungen zu vereinfachen, beispielsweise durch eine Senkung von Zulassungs- und Servicegebühren oder die Schaffung bürokratiefreier Jahre bei Neugründungen.
  • eine Vereinfachung der Zuzugsmöglichkeiten ausländischer Fachkräfte durch eine besonders hürdenlose und zügige Erteilung von Arbeitsgenehmigungen herbeizuführen.
  • Ausnahmemöglichkeiten im Verwaltungs- und Baurecht zu schaffen, die beispielsweise Bauleit- und Genehmigungsverfahren oder Flächennutzungsplanungen beschleunigen und erleichtern.
  • steuerliche Erleichterungen für Unternehmen durchzuführen, deren Hauptsitz sich vor Ort befindet, indem Ertragssteuern in vereinfachten Verfahren für längere Zeiträume zinslos gestundet werden können oder eine Senkung der Steuersätze bei gleichzeitiger Erstattung der hieraus resultierenden kommunalen Einkommensausfälle gewährt wird.
  • personelle Unterstützung beim Flächenmanagement zur schnellen und unkomplizierten Bereitstellung von Gewerbegebieten mit guter Infrastruktur zu beziehen.
  • von priorisierten Umsetzungen bereits vom Bund geplanter Infrastrukturmaßnahmen zu profitieren.

Die Konzentration von Großkonzernen und deren Zentralen in Westdeutschland ist historisch bedingt. Dabei ist Ostdeutschland mit seinen niedrigen Mieten, geringen Lebenshaltungskosten und der hohen Lebensqualität für Gründer und Fachkräfte ausgesprochen attraktiv. Damit der Osten Deutschlands auch im Bereich der exportstarken Industrie wachsen kann, muss er wirtschaftlich entfesselt werden.

Dafür fehlen in Deutschland Finanzinstitutionen, die Eigenkapital und damit verbundene Expertise bereitstellen. Die vielen kleinen und mittelgroßen Unternehmen im Osten, die das Potential haben, die Konzernzentrale von morgen zu sein, benötigen das Risikokapital und die Managementexpertise, um schnell und erfolgreich wachsen zu können.

Solidaritätszuschlag

Wir sprechen uns gegen eine Fortsetzung des Solidaritätszuschlages aus, da dieser als temporäre Abgabe eingeführt wurde. Die Einhaltung dieser Maßgabe folgt aus dem Respekt vor dem Souverän und den großen Fortschritten der Konvergenz zwischen Ost- und Westdeutschland. Aktuell verfügt Ostdeutschland über einen hohen Bildungsstand, attraktive Städte und günstige Mieten, woraus ein ausgesprochen hohes Wachstumspotential resultiert – gerade dann, wenn in den neuen Bundesländern im Rahmen des gesamtdeutschen Fördersystems für strukturschwache Regionen die technische Infrastruktur mittel- bis langfristig gefördert wird.

Start-Up Region Ostdeutschland

Ostdeutschland hat die besten Voraussetzungen, um bei der Gründung von neuen innovativen und nachhaltigen Unternehmen in der ersten Liga mitzuspielen und das volle Potential der Region zu entfalten. Durch den Mut neue Wege zu gehen, sich auszuprobieren und sein Leben in eigene Hände zu nehmen, kann Ostdeutschland zur Brutstätte für Ideen werden.

Damit das jedoch Wirklichkeit wird, erneuern wir deshalb unsere Forderung nach der Einführung eines Venture-Capital Gesetzes, um die Eigenkapitalfinanzierung gegenüber der Fremdkapitalfinanzierung steuerlich gleichzustellen.

Für die teilweise benötigte Anschubfinanzierung junger Unternehmen spielen Gründerstipendien eine bedeutende Rolle. Deshalb begrüßen wir die bereits bestehenden bundesweite Gründerstipendien und setzen uns darüber hinaus für einen Ausbau der Gründerstipendien in den ostdeutschen Bundesländern ein. Pflichtmitgliedschaften in Kammern als Voraussetzung für ein solches Stipendium lehnen wir ab.

Wir begrüßen die Entstehung von Gründerzentren an vielen ostdeutschen Universitäten und sind überzeugt, dass die Wissenschaftseinrichtungen bei ihrer Personalpolitik zunehmend auch unternehmerische Fähigkeiten einfordern sollten. Gründerzentren erleichtern es, gerade in Gebieten mit bisher wenigen Start-Ups einen Anschluss, ein Netzwerk und unterstützende Infrastruktur zu finden. Um bereits früh mit der Möglichkeit des Gründens in Kontakt zu kommen, befürworten wir dessen Vermittlung schon in der Schule. Ostdeutschland wird somit Standort einer neuen Gründerkultur deutschen Erfindergeistes.

Starke universitäre Kooperationen

Die erfolgreichen und starken Universitäten sowie wissenschaftlichen Institute in Ostdeutschland sind von hoher Bedeutung für die regionale wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung. Dennoch zeigt sich, dass in internationaler Konkurrenz auch starke aber kleinere Universitäten Probleme haben, sich insbesondere bei kompetitiven aber effektiven Förderungen wie bspw. der Exzellenzinitiative durchzusetzen. Deswegen wollen wir in Ostdeutschland mehr regionale Universitätscluster nach dem Vorbild der Berlin University Alliance bilden, die sich einer gemeinsamen, regionalen strategischen Ausrichtung unterziehen und somit die Möglichkeit gewinnen, sich aus eigener Kraft national als Exzellenzuniversitäten und international als herausragende und angesehene Wissenschaftsregionen zu etablieren. Insbesondere bieten sich neben Berlin dafür die Regionen Leipzig – Halle, Rostock – Greifswald sowie Erfurt – Weimar – Jena an.

Eine Stärkung der Kommunen

Gleichwertige Lebensverhältnisse können nur gemeinsam mit starken Kommunen umgesetzt werden. Während der Bundeshaushalt in den letzten Jahren neue Überschussrekorde vermeldete, leiden die kommunalen und Länderhaushalte – insbesondere jene im ländlichen Raum – unter hohen Verlusten. Wir streben daher eine Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung an. Gleichzeitig müssen die Kommunen wieder stärker und direkter von der regionalen Wirtschaftsleistung profitieren können. Die kommunale Beteiligung an den Gemeinschaftssteuern muss entsprechend belastungsneutral gesteigert werden. Eine Vergemeinschaftung kommunaler Altschulden lehnen wir ab. Die verstärkte Übernahme von Sozialausgaben durch Bund oder Länder ist dagegen überfällig. Ostdeutschland lebt neben seinen Metropolen auch von den vielzähligen Zentren seiner Regionen. Diese Zentren schaffen Prosperität und Chancen auch über Landesgrenzen hinweg, weswegen wir die Zusammenarbeit der Kommunen stärken möchten. Um deren Autonomie zu fördern, braucht es auch eine finanzielle Stärkung. Im Rahmen einer Neuordnung der föderalen Finanzbeziehungen der Bundesrepublik ist daher die Finanzautonomie der Kommunen auszubauen. Des Weiteren wollen wir die Ausschreibung von grenzüberschreitenden Wohn- und Gewerbegebieten vereinfachen. Auch bei gemeinsamen Infrastrukturprojekten dürfen Grenzen von Bundesländern kein Hindernis darstellen. Zukünftig sollen Planungsämter in Regionen, die an andere Bundesländer grenzen, enger miteinander kooperieren. Dafür ist es notwendig Regulierungen auf Landeseben für Infrastrukturprojekte zeitnah anzugleichen.

Mehr Mobilität

Die ostdeutschen Bundesländer sollen nach Möglichkeiten suchen, insbesondere im Bereich des öffentlichen Personennahverkehrs Synergieeffekte zu nutzen. Überlandverbindungen dürfen in Zukunft nicht mehr an Kreis-, Länder- oder Staatsgrenzen Halt machen. Um den Zugverkehr auch zwischen größeren Städten weiter auszubauen, wollen wir private Wettbewerber neben der Deutschen Bahn weiter stärken, indem wir die Deutsche Bahn auch materiell privatisieren. Des Weiteren muss der Ausbau und die Elektrifizierung des Schienennetzes in Ostdeutschland weiter vorangebracht werden wie beispielsweise die Strecken Jena-Zwickau oder Görlitz-Dresden. Darüber hinaus setzen wir uns für die Schaffung eines europäischen Hochgeschwindigkeitsschienennetzes ein, um so die Bedeutung und Vernetzung Ostdeutschlands im vereinten Europa stärken.

Die Bundesländer sollen den Kreisen finanzielle Möglichkeiten bieten, bis in die Abendstunden die flächendeckende Anbindung ländlicher Regionen an das öffentliche Verkehrsnetz sicherzustellen.

Digital Erschließung Ost

Bisher wurde der Breitband- sowie Mobilfunkausbau in Deutschland, insbesondere in Ostdeutschland, nur mangelhaft umgesetzt, obwohl dieser eine maßgebliche Voraussetzung für eine starke Wirtschaft und soziale Teilhabe ist.

Wir wollen, dass jeder Netzanschluss an das deutsche Glasfasernetz angeschlossen wird. Langfristig ist es notwendig, eine ständige Überprüfung der Netzauslastung durch die deutsche Netzagentur durchzuführen und gesetzliche Regelungen zu entwickeln, um die Netzbetreiber zur ständigen Aufrüstung des Netzes deutlicher zu verpflichten. Den weiteren Ausbau von Richtfunkstrecken (RFT) lehnen wir ab, da diese keine wetterunabhängige und zukunftssichere Anschlussperspektive bieten.

Auch ein leistungsstarkes und flächendeckendes Mobilfunknetz wird in Zukunft ein Standort- und somit Wirtschaftsfaktor sein. Deshalb sprechen wir uns für ein strukturelles Konzept der variablen Clusterbildung aus, in dem ländliche und städtische Regionen miteinander gekoppelt werden, auf die sich Unternehmen dann als Ganzes bewerben und zum Ausbau des gesamten Clusters verpflichten.

Förderung des sozialen Zusammenhalts in Stadt und Land

Neben der Wirtschaftsförderung im Sinne der ausgleichsorientierten Regionalpolitik muss mittlerweile vor allem die soziale Dimension der Ungleichheit adressiert werden. Der Zugang zu grundlegender Infrastruktur und gesellschaftlicher Teilhabe darf nicht vom Ortsschild abhängen.

Das bürgerschaftliche Engagement und politische Bildung vor Ort muss gestärkt werden. Wie die finanziellen Ressourcen hierfür am sinnvollsten angewandt und eingesetzt werden können, muss weitmöglichst dezentral entschieden werden. Um bürgerschaftliches Engagement und politische Bildung zu fördern, wollen wir die unzureichende Finanzmittelausstattung vieler Kommunen vorrangig durch die Vergabe von zweckgebundenen Finanzzuweisungen bzw. Block Grants ausgleichen.

Ein weltoffenes und geschichtsbewusstes Ostdeutschland

In den ostdeutschen Bundesländern nimmt der Fachkräftemangel im Vergleich zum Westen eine noch höhere Intensität an. Dennoch sind die Zuwanderungsströme nach Ostdeutschland erheblich geringer als nach Westdeutschland. PEGIDA-Demos, rechtsextremistische Terrorgruppen und Reisewarnungen ausländischer Behörden für ostdeutsche Bundesländer zeichnen ein schlechtes Image auf der Weltbühne und schrecken ausländische Fachkräfte von der Zuwanderung ab. Wir sind überzeugt, dass die Mehrheit der Ostdeutschen weltoffen und freiheitlich denkt. Fremdenfeindlichkeit, Rassismus, Antisemitismus und Geschichtsrevisionismus sowie eine grundsätzliche Demokratiefeinlichkeit in einer Minderheit der Gesellschaft darf nicht die erfolgreiche Entwicklung ganzer Bundesländer lähmen. Wir sehen es als die staatsbürgerliche Pflicht und Tugend eines jeden Bürgers, Fremdenfeindlichkeit, Rassismus, Antisemitismus und Geschichtsrevisionismus sowie Demokratiefeindschaft entschieden entgegen zu treten. Es liegt an einem jeden von uns, die gesellschaftliche Grundlage für eine erfolgreiche Entwicklung dieser Region zu schaffen.

Dennoch stehen die neuen Bundesländer vor besonderen Herausforderungen. Studien zeigen, dass Jugendliche in den ostdeutschen Bundesländern für rechtspopulistische Scheinlösungen besonders ansprechbar sind. Zur Vorbeugung und Bekämpfung von Rechtsextremismus ist es wichtig, bereits bei Jugendlichen Aufklärung und Integration zu fördern, um festgesetzte Denkstrukturen und Vorurteile frühzeitig aufzubrechen. Deswegen fordern wir eine Ausweitung der öffentlichen Mittel für Aussteigerprogramme im Bereich des Extremismus und eine Stärkung politischer Bildung. Ebenso bedarf es einer stärkeren Präsenz von politischen Partizipationsangeboten vor Ort wie beispielsweise Jugendparlamenten.

Auch einem linken Geschichtsrevisionismus, der versucht die Verhältnisse in der DDR zu verharmlosen und die Schuld für weiterhin bestehende Unterschiede der Treuhand oder der Marktwirtschaft zuschiebt, treten wir entschieden entgegen. Hier müssen mit dem SED-Regime die wahren Verantwortlichen benannt werden, denn ansonsten wird die Leistung aller Ostdeutschen missachtet, die in der friedlichen Revolution mutig für ihre Freiheit kämpften und sich nach Jahren sozialistische Misswirtschaft eine neue Existenz aufgebaut haben. Wir erneuern deshalb auch unsere Forderung nach einer besseren finanziellen Ausstattung der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur und wollen sozialistische Denkmäler und Namensgebungen aus DDR-Zeiten kritisch hinterfragen oder zumindest mit geschichtlichen Hinweisen versehen.

Wir Jungen Liberalen fordern die FDP auf, sich ihrer geschichtlichen Verantwortung zu stellen und die Rolle der LDPD und NDPD in der DDR und nach deren Übergang in die FDP aufzuarbeiten. Dafür muss eine unabhängige Historikerkommission aus Wissenschaftlern und Zeitzeugen eingesetzt werden, die sich mit der Geschichte der LDPD und der NDPD zwischen 1945 und 1990 sowie dem Übergang der Parteien bzw. Ihrer Mitglieder in die FDP auseinandersetzt. Insbesondere muss dabei die programmatische und personelle Unterstützung der Parteien für die SED und die DDR und die programmatische und personelle Kontinuität beim Übergang der Parteien oder ihrer Strukturen in die FDP untersucht werden.

Gleiche Bildungschancen deutschlandweit

Zwar hat auch im Bereich der Bildung eine starke Konvergenz zwischen Ost- und Westdeutschland stattgefunden, dennoch haben die ostdeutschen Flächenländer überdurchschnittlich viele Schulabbrecher und fallen bei den tertiären Bildungsabschlüssen zurück. Als zentralen Faktor der Chancengerechtigkeit und Grundlage zur individuellen Selbstentfaltung ist Bildungspolitik immer auch Gesellschaftspolitik – das gilt insbesondere in strukturschwachen Regionen. Dafür benötigt es erhebliche Mehrinvestitionen im Bildungsbereich und eine Vergleichbarkeit der Abschlüsse. Deshalb erneuern wir unsere Forderungen nach einem Kooperationsgebot und deutschlandweit einheitlichen Abschlussprüfungen. Darüber hinaus fordern wir eine bundesweite Werbekampagne und Kooperationsinitiative zur Lehreranwerbung in ländlichen ostdeutschen Regionen.