Eine humanitäre und ehrliche Flüchtlingspolitik – Für ein Ende der Scheinheiligkeit

Die Flüchtlingspolitik der letzten Jahre und Jahrzehnte ist gescheitert. Die
 Hilferufe der Kommunen dürften diese Erkenntnis in alle Bereiche der Gesellschaft und
 Politik getragen haben. Es fehlt allerdings die politische Ambition, eine neue
 Flüchtlingspolitik zu implementieren, die sowohl unserer humanitären Verantwortung
 gerecht wird als auch Nachteile für unser Land minimiert. Diese gescheiterte Politik
 hat zu drei großen Problemen geführt:

 

1. Deutschland wird seiner humanitären Verantwortung nicht gerecht. Die jetzige
 Flüchtlingspolitik führt dazu, dass viele Menschen den gefährlichen Weg nach
 Europa auf sich nehmen. Unzählige Menschen sterben, während kriminelle Schlepper
 davon profitieren. Die Allerschwächsten wie allein reisende Frauen, Kinder,
 Menschen mit Behinderung oder alte Menschen haben bestenfalls eine sehr geringe
 Chance, sicher in Europa oder Deutschland anzukommen. Des Weiteren werden unsere
 Ressourcen nicht sinnvoll allokiert. Die Kosten für die Flüchtlingsversorgung in
 Deutschland sind weitaus höher als in Drittstaaten, in denen Flüchtlingslager
 aber chronisch unterfinanziert sind.

 

2. Es wurden auch Menschen aufgenommen, die unsere freiheitlichen Werte ablehnen. Umfragen belegen ein hohes Maß an Antisemitismus, Homophobie und islamistischen Einstellungen in den häufigsten Herkunftsländern Asylantragsstellender. Unsere humanitäre Verantwortung darf nicht dazu führen, dass die Grundwerte und damit auch die Grundpfeiler unserer Gesellschaft von Menschen, die diese ablehnen, torpediert werden oder gar die freiheitlich-demokratische Grundordnung in Frage gestellt wird. Zugleich gefährdet die Aufnahme von Menschen, die freiheitlich-demokratische Werte nicht teilen, das Versprechen an individuell Verfolgte aus dem gleichen Kulturkreis, dauerhaft sicher in Deutschland leben zu können.

 

3. Die große Anzahl an Flüchtlingen überfordert die Aufnahme- und Integrationskapazität, sowie den Sozialstaat, Deutschlands. Die letzten Jahre haben gezeigt, dass diese Kapazitäten der Kommunen endlich sind. Gemeinden sind dauerhaft überlastet.
 Dadurch wird die Unterstützung für Deutschlands humanitäre Verantwortung in der Bevölkerung untergraben. Zugleich fehlt es aufgrund der Überlastung an Integrationsangeboten für Flüchtlinge.

 

 

Paradigmenwechsel – humanitär und vernünftig

Als JuLis Berlin wollen wir einen Paradigmenwechsel in der Flüchtlingspolitik, der die genannten Probleme nicht verdrängt, sondern nachhaltig löst. Vorgeschlagene Ansätze wie eine bessere Finanzierung der Gemeinden oder verstärkte Abschiebungen sind schlicht nicht ausreichend. Das Ziel muss sein, unsere humanitäre Verantwortung ernst zu nehmen, unsere demokratischen Werte zu schützen, die Aufnahmekapazität vor Ort nicht zu überstrapazieren und zu geregelten Einwanderungskanälen zurückzukehren. Das Asylrecht soll wieder spezifisch bei politisch verfolgten Menschen Anwendung finden. Es darf nicht mehr als gewöhnliches Mittel zur Migration nach Deutschland missverstanden oder gar zweckentfremdet werden. Stattdessen braucht Deutschland eine Lenkung und Verstärkung von geregelter Einwanderung in den Arbeitsmarkt. Humanitäre Verpflichtungen und Einwanderungspolitik für den Arbeitsmarkt müssen jeweils als eigene und separate Staatsaufgaben verstanden werden.

Deshalb fordern wir:

 

  • die Einreise von Menschen ohne geregelten Status an den EU-Außengrenzen zu
     unterbinden. Wir wollen den gefährlichen Wettlauf nach Europa beenden. Das wird
     nur durch stark verstärkten Grenzschutz möglich sein. Alle Personen mit
     ungeregeltem Status sollen an der europäischen Außengrenze an der Einreise gehindert werden. Deshalb setzen wir uns für geeignete Grenzschutzmaßnahmen sowie eine moderne Sicherheitstechnik zur Überwachung des Grenzschutzbereichs an den EU-Außengrenzen ein und für eine spürbare Stärkung von Frontex. Wo notwendig und geeignet, können Grenzsicherungsmaßnahmen auch die Befestigung der Grenze umfassen. Die geplante Vergrößerung auf 10.000 Grenzbeamte ist nicht ausreichend. Das massive Missverhältnis zwischen Frontex und den nationalen Behörden muss aufgelöst werden. Im Mittelmeer sollen Flüchtlingsboote bestenfalls vor der afrikanischen Küste gestoppt werden und die Menschen sicher an diese Küste zurückgebracht werden. Falls das nicht möglich ist, sollen Migranten schnellstmöglich entweder in ihre Heimatländer oder in Drittstaaten abgeschoben werden. Solange die Europäische Union die Außengrenzen unzureichend schützt, muss Deutschland seine nationalen Grenzen verstärkt kontrollieren.

 

  • nur noch individuell Verfolgte und Flüchtlingskontingente aufzunehmen. Für uns
     bedeutet eine gesicherte Grenze keine Abkehr von unserer humanitären Verantwortung. Ganz im Gegenteil soll sie erlauben, Menschen nach Deutschland zu  bringen, die besonders gefährdet sind. Das sind zum einen individuell Verfolgte, für die das Asylrecht eigentlich geschaffen wurde, aber beispielsweise auch besonders gefährdete Menschen in Flüchtlingslagern. Politisches Asyl soll wie bei der Visa-Regelung in deutschen Auslandsvertretungen in sicheren Drittstaaten beantragt werden. Nach der Prüfung sollen die Flüchtlinge sicher nach Deutschland gebracht werden. Dies führt zu einer nachhaltigen Verschlankung des Verfahrens und ermöglicht einen geordneten Ablauf bei der Einreise nach Deutschland. Zugleich soll Deutschland Kontingente von Flüchtlingen direkt aus Drittstaaten aufnehmen, beispielsweise um Flüchtlingslager zu entlasten. Hierbei sollten besonders vulnerable Gruppen bevorzugt behandelt werden.

 

  • die Verbesserung der Verfahrensregelungen bei Asylanträgen vor den zuständigen Behörden und dem Verwaltungsgericht. Deutschland ist ein Rechtsstaat und daraus folgt, dass wir den Zugang zu rechtlichem Gehör für jedermann sicherstellen. Dieses Recht kommt selbstverständlich auch Antragstellern auf Asyl zu. Für eine schnelle Entscheidung ist es notwendig, dass wir die zuständigen Behörden, insbesondere die Landesämter für Flüchtlingsangelegenheiten sowie das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), personell besser ausstatten. Ebenso müssen mehr Richter eingestellt werden, um den zahlreichen Streitfällen gerecht werden zu können. Für die effizientere Ausfertigung von Schriftsätzen und um eine schnellere Kommunikation mit Gericht und Kläger zu ermöglichen, sollen geeignete Legal-Tech-Anwendungen in den Behörden breitflächig ausgerollt werden. Auch Richtern soll die Möglichkeit eröffnet werden, im Rahmen ihrer unabhängigen Arbeit
    Instrumente zu nutzen, um Ihre Arbeit effizienter zu machen. Gerade im Hinblick auf die entscheidende Frage der Verfolgung von Minderheiten im entsprechenden Herkunftsland sollte dem Gericht eine entsprechend funktionierendes Recherchetool zur Verfügung stehen. Im Übrigen sollten auch bei der praktischen Umsetzung der anstehenden EU-Asylrechtsreform für effiziente Verfahren außerhalb der EU-Grenzen entsprechend funktionale Bedingungen für Gerichte und Behörden geschaffen werden. Darüber hinaus sollte das Vorverfahren im Verwaltungsrechtsweg effizienter ausgestaltet werden. Zwischen Widerspruch der Behörde und dem Beginn des Gerichtsprozess vor dem Verwaltungsgericht vergeht zu viel Zeit. Außerdem sollte die Bundesregierung die Einführung eines effizienteren und beschleunigten Verfahrens für jene Asylbewerber prüfen, die aufgrund ihrer Aktenlage nur geringste Aussichten auf Erfolg haben.

 

  • Flüchtlinge mit Bleibeperspektive unverzüglich in die deutsche Gesellschaft zu integrieren. Insbesondere der Zugang zu Arbeit ist hier ein elementarer Ankerpunkt. Die angedachte neue Flüchtlingspolitik führt dazu, dass Menschen, die nach Deutschland kommen, sofort eine Perspektive haben, da ihr Status bereits anerkannt ist. Um sich zu integrieren, müssen sie verpflichtend an Deutsch- und Integrationskursen teilnehmen, in deren Rahmen auch die freiheitlich-demokratische Grundordnung und die Werte des Grundgesetzes vermittelt werden. Zugleich können sie sofort Arbeit aufnehmen und müssen ihre Abschiebung nur bei Straffälligkeit fürchten. Bei rechtswirksamer Verurteilung wegen eines Rohheitsdelikts oder einer Sexualstraftat soll das Bleiberecht aberkannt und die Person unverzüglich bis zur Abschiebung in Abschiebehaft genommen werden.

 

  • weitere Abkommen mit EU-Nachbarstaaten zu schließen. Der EU-Türkei-Deal ist kein Idealzustand, aber unverzichtbar für eine realistische Flüchtlingspolitik. Die EU sollte ähnliche Abkommen mit weiteren EU Anrainerstaaten besonders in Nordafrika anstreben. Ein stark verbesserter Grenzschutz und eine veränderte Flüchtlingspolitik im Allgemeinen werden den Verhandlungsspielraum auf europäischer Seite stärken. Damit sollen auch Erpressungsversuche, wie sie in der Vergangenheit von der türkischen Regierung versucht wurden, unterbunden werden. Im Zweifel muss auch die Streichung von Entwicklungshilfe in Herkunftsstaaten, die die Kooperation bei Rückführungs- oder Grenzsicherungsabkommen verweigern, in Betracht gezogen werden.

 

  • Unterstützung von humanitären Schutzzonen in den Regionen der Herkunftsländer. Um Deutschlands humanitärer Verantwortung gerecht zu werden und zugleich Fluchtursachen zu bekämpfen, soll die Unterstützung und der Ausbau von humanitären Schutzzonen deutlich verstärkt werden. Diese dienen dazu, dass Geflüchtete nicht mehr dazu gezwungen sind, den durchaus gefährlichen Weg über das Mittelmeer zu wählen und ihren Asylantrag aus einem sicheren Drittstaat stellen können. Die Verlagerung von Ressourcen, um Menschen in humanitären Schutzzonen ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen, ist sowohl im Interesse Deutschlands als auch im Interesse der Herkunftsländer. Die unterstützten Flüchtlingslager müssen dabei regelmäßig kontrolliert werden, um sicherzustellen, dass die Menschenrechte beachtet werden.

 

  • die systematische Bekämpfung von Fluchtursachen durch eine umfassende Entwicklungspolitik, die auch handels- und wirtschaftspolitische Maßnahmen nicht ausklammert.

 

  • einen Sozialstaat, der Arbeit nicht bestraft. Daher begrüßen wir die Verschärfung der Sanktionsmechanismen im Bürgergeld durch die FDP sowie die Ausweitung der Übergangszeit nach dem Asylbewerberleistungsgesetz auf 36 Monate für Asylbewerber. Eine Arbeit aufzunehmen ist essentiell, um sich in die deutsche Gesellschaft zu integrieren. Die momentane Ausgestaltung des Bürgergeldes ist ein Anreiz besonders für Menschen mit geringer Qualifikation, beispielsweise aufgrund einer sprachlichen Barriere, nicht zu arbeiten. Daher braucht es dringend eine Nachschärfung des Bürgergeldes im Sinne eines aktivierenden Sozialstaates der Chancen und des Forderns.

 

  • die analoge Anwendung der Zumutbarkeits- und Fristenregelungen für die Aufnahme einer Arbeits- oder Ausbildungsstelle des Bürgergeldes für Menschen, deren Antrag auf Asyl bewilligt wurde und Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz beziehen. Ferner sollten die Zumutbarkeitsregeln im Bürgergeld dahingehend angepasst werden, dass Ablehnung einer Arbeitsstelle aufgrund “sittenwidrigen Gehaltes” unzulässig ist. Ebenfalls soll die Regelung für Alleinerziehende mit  Kindern verändert werden, dass die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nur dann nicht zumutbar ist, sofern das Kind das erste Lebensjahr nicht vollendet hat und keine Kinderbetreuung anderweitig gewährleistet werden kann. Im Gegenzug muss der deutsche Staat Schutzberechtigten durch Sprachkurse und wenig Bürokratie so viele Chancen wie möglich eröffnen. Dazu zählt ebenfalls die zügige Prüfung von Abschlusszeugnissen und Arbeitsnachweisen sowie Ausbildungs- und Studienleistungen.

 

  • einen reformierten Familiennachzug zu erhalten. Aufgrund der fast schon dauerhaften Überforderung der Aufnahmekapazitäten wird der Familiennachzug infrage gestellt. Im Rahmen der Kontingente sollte der Familiennachzug als wichtige humanitäre Leistung erhalten bleiben. Zugleich sollte die Pflicht, Arbeit zu suchen, auch für den Ehepartner gelten, sofern dieser nicht in Vollzeit der Kinderbetreuung nachgeht. Es sollen Anreize und Angebote geschaffen werden, um Frauen den Weg in die finanzielle Unabhängigkeit durch Arbeiten außerhalb des Haushalts zu erleichtern. Zudem muss konsequent die Schulpflicht, sowie der Besuch von Integrations- und Sprachkursen von allen Familienmitgliedern eingehalten werden. Eine erfolgreiche Integration muss auch die gesamte Familie umfassen. Außerdem darf eine Freistellung von einzelnen Unterrichtsfächern, wie z.B. Sport, den Schwimmunterricht oder Sexualkunde, nicht aus religiösen Gründen erfolgen, sondern muss durch einen triftigen Grund erfolgen und nachgeholt werden. Außerdem ist dies Voraussetzung für den Abschluss der entsprechenden Jahrgangsstufe.

 

 

Berlin als Vorreiter – Integration und Realismus

Solange der Paradigmenwechsel auf Bundes- und europäischer Ebene ausbleibt, muss das
 Land Berlin vorausgehen und seine Flüchtlingspolitik anpassen. Das Land darf
 Rückführungen nicht länger verhindern, sondern muss sie aktiv unterstützen, zugleich
 muss Integration die absolute Priorität werden.

Daher fordern wir:

 

  • die Bezahlkarte nicht zu torpedieren. Die Einführung der Bezahlkarte auf Bundesebene ist in der jetzigen Situation ein richtiger Schritt. Sie soll die Anreize für Einwanderung in das Sozialsystem abbauen. Die Abhebung von Bargeld darf nur noch im begrenzten alltagsrelevanten Maße erlaubt werden.

 

  • Verpflichtende Sprachkurse einzuführen. Die Wartezeiten für Sprachkurse müssen abgebaut und die Kapazitäten hierfür deutlich ausgebaut werden. Zugleich muss es leichter möglich sein, parallel zu arbeiten und an einem Sprachkurs teilzunehmen. Deshalb sollen als Ergänzung zu bestehenden Sprachkursen in Präsens digitale Angebote ausgebaut werden. Asylberechtigte und
    Flüchtlinge, die ein Sprachniveau der deutschen Sprache mindestens auf dem Niveau A2 nicht nachweisen können, sollen verpflichtet werden, unverzüglich einen Sprachkurs wahrzunehmen, mit dem Ziel, schnellstmöglich mindestens das Niveau B1 zu erreichen. Die Kosten für Sprachkurse bis B2 sollen vom Land Berlin übernommen werden, sofern das Bruttojahresgehalt der Person nicht 20.000€ übersteigt. Bei erfolgreichem Abschluss eines Sprachkurses ohne unentschuldigte Fehlzeiten sollen 50% der Kosten erstattet werden. Die Nichtteilnahme an einem verpflichtenden Sprachkurs muss zu Leistungskürzungen führen.

 

  • Rückführungen verstärkt durchführen. Das Land Berlin soll auf eine Erweiterung des vom Bund und vom Land Brandenburg geplanten Ein- und Ausreisezentrum am Flughafen BER hinwirken und sich ggf. mit eigenen Mitteln beteiligen. Ziel muss es sein, die Kapazitäten für die Rückführungshaft zu erweitern und Verfahren bei Wahrung von Grund- und Menschenrechten zu beschleunigen. Der Berliner Rückführungsstopp im Winter soll mit sofortiger Wirkung aufgehoben werden. Die Prüfung individueller Gründe für das Aussetzen von Rückführungen ist davon nicht betroffen. Mit der Entscheidung über das Versagen eines Aufenthaltstitels innerhalb des Gebiets der Bundesrepublik Deutschland ist unverzüglich die Unterbringung der betroffenen Personen in einem Rückführungszentrum anzuordnen.

 

  • Schulen bei der Integration stärker zu unterstützen. Das Land Berlin soll ein Programm auflegen, das besonders integrationsintensiven Schulen ein extra Budget zuteilt, welches für zusätzliche Integrationsleistungen (materiell sowie personell) genutzt wird. Diese Schulen sollen mit verpflichtenden Ganztagsangeboten ausgestattet werden, um Schülerinnen und Schülern bedarfsgerecht zu fördern und noch besser unsere Werte und Wissens-Grundlagen vermitteln zu können.

 

  • die Aufnahme von Asylbewerbern an den verfügbaren Kapazitäten in den jeweiligen Bezirken zu orientieren. Die Bildung von Parallelgesellschaften sowie die Unterbringung in improvisierten Erstaufnahmeeinrichtungen in Turnhallen o. Ä. (wie in der Vergangenheit) müssen vermieden werden.

 

  • die verstärkte Unterstützung von den beteiligten Verwaltungsgerichten und Verwaltungsbehörden. Wir können keine schnellen Verfahren erwarten, wenn der Berliner Senat im Hinblick auf die Ausstattung der staatlichen Organe seine Verantwortung verweigert. Weder wurden Stellen in der Berliner Justiz attraktiver gemacht noch sind die Arbeitsbedingungen im Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) und im Landesamt für Einwanderung (LAE) auch nur ansatzweise in einem Zustand, dass motivierter Nachwuchs hier freiwillig Bewerbungsunterlagen einreichen würde. Hier muss auch ein echtes Klima der Leistungs- und Verantwortungsbereitschaft einkehren.

 

We stand with Israel – klares Bekenntnis zum Recht auf Selbstverteidigung!

“Wenn die Palästinenser die Waffen niederlegen würden, wäre Frieden. Wenn die Israelis dies täten, gäbe es morgen kein Israel mehr.”

– Golda Meir

 

Am heutigen 7. Oktober hat die Hamas Israel mit Raketen beschossen, die Schutzmauer durchbrochen, ist in Häuser eingedrungen, Menschen verschleppt, gefoltert und ermordet. Wir verurteilen diese erneuten unmenschlichen Verbrechen zutiefst und stehen in absoluter Solidarität mit den Bürgerinnen und Bürgern Israels.

Genau 50 Jahre nach dem Yom Kippur Krieg, wurde das Golda-Meir-Zitat leider wieder bestätigt. Israel muss sich seit seiner Gründung gegen Nachbarn verteidigen deren erklärtes Ziel der Völkermord an der israelischen Bevölkerung und die Vernichtung des einzigen jüdischen Staates ist.

Auf Berlins Straßen wollen wir uns ganz klar gegen jegliche anti-israelische Demonstration stellen. Wenn Menschen von “From the river to the sea, Palestine will be free” singen oder sich anderweitig antisemitisch äußern, sind das für uns Feinde der freien Gesellschaft. Wir verurteilen jegliche Art von Antisemitismus unter dem Deckmantel von Anti-Zionismus. Wir fordern alle Demokraten dazu auf, ein aktives Zeichen gegen diesen barbarischen Terrorakt zu setzten.

Gerade jetzt sind wir in Trauer um die zahllosen Opfer mit Israel vereint.
Zugleich stehen wir für Israels Recht auf Selbstverteidigung ein.

Liberale Migrations- und Integrationspolitik

Die Bundesrepublik ist ein Einwanderungsland und Zuwanderung durch Menschen, die ihr Glück in Deutschland suchen, eine historische Erfolgsgeschichte. Wir setzen uns für eine Gesellschaft der Toleranz ein, in der der eigene Lebensweg nicht von der Herkunft, Religion, sexuellen Orientierung oder sexuellen Identität eines Individuums abhängt. Für uns ist es selbstverständlich, dass die Grundlage und Grenze für das freiheitliche Zusammenleben in Deutschland und Berlin für uns das Grundgesetz ist. Eine darüber hinausgehende Leitkultur ist für uns kein Maßstab.

Für eine freiheitliche, offene und vielfältige Gesellschaft ist eine gelungene Integration von Zuwanderern zentral. Integration bedeutet für uns dabei nicht Assimilation, sondern Lebenschancen und Perspektiven zu schaffen.

Qualifizierte Zuwanderung als Chancenmotor

Die Bundesrepublik steht vor großen Herausforderungen: die demographische Entwicklung, ein stetig steigender Innovationsdruck im internationalen Wettbewerb und der grassierende Fachkräftemangel. Indem wir unser Zuwanderungssystem im Sinne qualifizierter Einwanderung weiterentwickeln, schaffen wir einen echten Chancenmotor für unser Land. Vor diesem Hintergrund fordern wir:

  • ein modernes Einwanderungsgesetz, das Einwanderung in den Arbeitsmarkt einfach und verständlich durch ein Punktesystem regelt. Dazu gehört für uns ein Spurwechsel, der echte Bleibeperspektiven bietet.
  • die Möglichkeit multipler Staatsangehörigkeiten beizubehalten. Zu einer vielfältigen Gesellschaft gehören auch vielfältige Identitäten.
  • leicht verständliche Informationsangebote über die verschiedenen Beratungsstellen, den Spracherwerb und das Leben in Deutschland bereitzustellen. Damit können sich neu angekommene Zuwanderer schnellstmöglich in der Bundesrepublik und mit dem Rechtsrahmen ihrer Zuwanderung zurechtfinden.
  • Englisch flächendeckend als zweite Verwaltungssprache einzuführen. Für digitale Verwaltungsleistungen und Angebote vom Land Berlin müssen darüber hinaus weitere international häufig genutzte, sowie alle europäischen Sprachen zur Verfügung stehen.
  • die Vorrangprüfung gänzlich abzuschaffen und somit auch die aktuell vorgesehene Möglichkeit ihrer kurzfristigen Wiedereinführung aufzuheben.
  • ausländische Bildungsabschlüsse zukünftig schnell, begründet und transparent anzuerkennen. In Fällen, bei denen keine vollständige Anerkennung gelingt, soll eine Nachqualifikation an Berliner Universitäten, Hochschulen, Berufsschulen und ähnlichen Einrichtungen möglich sein. Ein erneutes Prüfverfahren bei abgelehnten Anträgen zur Gleichwertigkeitsfeststellung von ausländischen Bildungsabschlüssen wollen wir explizit ermöglichen.
  • die Einwanderung von Fachkräften in den europäischen Arbeitsmarkt durch transparente, europäische Verfahren zu vereinfachen. Dazu wollen wir die Blue Card als Kerninstrument nachfrageorientierter Fachkräftezuwanderung weiterentwickeln und in diesem Zuge dezidiert für nicht-akademische Fachkräfte öffnen. Dabei wollen wir auch die Gehaltsgrenzen für die Erlangung einer Blue Card deutlich reduzieren – sie sollen so berechnet werden, dass eine Person durchschnittlich Nettobeitragszahler ist.
  • zügige Einbürgerungsverfahren und zelebrierte Integration in Form von Einbürgerungsfeiern. Das Bekenntnis zum Grundgesetz und zur deutschen Gesellschaft sollte feierlich zelebriert werden.
  • Ausländerbehörden und Visa-Stellen der Botschaften endlich als internationales Aushängeschild des Standorts Deutschland zu verstehen und im Sinne Service-orientierter Zentren weiterzuentwickeln. Dabei sind die Prozesse weitmöglich papierlos online-basiert als One-Stop-Shop auszugestalten.
  • ein Ausländerwahlrecht auf kommunaler Ebene auch für Nicht-EU-Bürger einzuführen. Das Wahlrecht auf Bundes- und Landesebene soll an die deutsche Staatsbürgerschaft geknüpft bleiben.

Zuwanderung aus humanitären Gründen

Wir stehen zum Grundrecht auf Asyl und an der Seite politisch Verfolgter. Gleiches gilt für humanitäre Zuwanderung in die Bundesrepublik. In diesem Sinne sind die Verpflichtungen Deutschlands für uns nicht verhandelbar. Wir setzen uns daher dafür ein:

  • Geflüchtete unabhängig von dem Grund ihrer Flucht würdevoll zu behandeln. Menschenunwürdige Zustände von Flüchtlingslagern wie in Moria verurteilen wir.
  • dass sich die Bundesrepublik auf EU-Ebene für eine Fortentwicklung der gemeinsamen europäischen Asylpolitik und eine verbindliche Verteilung der Schutzsuchenden unter den Mitgliedstaaten einsetzen möge. Dabei setzen wir auf eine Koalition der Willigen, an der sich Deutschland beteiligen soll. Mitgliedstaaten, die daran nicht teilnehmen wollen, sollen Kürzungen ihrer Zuwendungen aus dem EU-Haushalt erfahren, die im Gegenzug zur Finanzierung der Kosten der Aufnahme von Geflüchteten eingesetzt werden.
  • dass Asylanträge in Zukunft in deutschen und europäischen Auslandsvertretungen gestellt werden können. Dazu sollten im europäischen Recht eindeutige Regelungen verankert werden.
  • die besondere Situation von Frauen bei der Integration in den Arbeitsmarkt Viele Herkunftsländer zahlreicher Geflüchteter sind von unfreien und diskriminierende Geschlechterrollen geprägt, die eine Beschäftigung von Frauen nicht wertschätzen oder sogar verhindern. Für Betroffene müssen deshalb besondere Weiterbildungs- und Unterstützungsangebote bei der Integration in den Arbeitsmarkt eröffnet werden.
  • eine klare Trennung der Kompetenzen von Bund und Ländern einzuführen. Letztere sollen zukünftig für Fragen der Integration verantwortlich sein und der Bund federführend bei Regelungen betreffend den Schutzstatus und Aufenthalt Schutzsuchender agieren. Für eine verbesserte Integration von Flüchtlingen fordern wir möglichst eine dezentrale Unterbringung in
    Die Länder und Kommunen sind darum in der Pflicht, die Rahmenbedingungen für ausreichend Wohnraum zu schaffen.
  • bestehende Informationsangebote wie die “Ankommen-App” oder den “Refugee-Guide” zu fördern. Der Zugang zu Online-Informationen ist durch eine flächendeckende WLAN-Angebot in Erstaufnahmeeinrichtungen sicherzustellen.
  • die Finanzierung von Rechtsberatungsangeboten für Geflüchtete zu verstetigen und auszubauen.

Integration durch Bildung

Eine offene Gesellschaft kann nur wirklich offen sein, wenn jeder an ihr teilhaben kann. Dafür braucht es gerechte und beste Bildungschancen. Das beinhaltet sowohl das Erlernen der deutschen Sprache und dem durch das Grundgesetz gegebenen Rahmen unserer Gesellschaft als auch potenzielle Weiterbildung, um Zugang zum Arbeitsmarkt zu erhalten. Deshalb fordern wir:

  • Schulen mit besonderem sozialen und pädagogischen Förderschwerpunkt sollen von zusätzlichen finanziellen Mitteln profitieren können.
  • frühkindliche Sprachförderung auszubauen. Wir erneuern unsere Forderungen nach der zusätzlichen Vergütung von sprachpädagogischen Zusatzausbildungen von pädagogischem Fachpersonal in KiTas. Sprachförderung in der Kita soll zudem bereits ab dem ersten sprachlich förderwürdigen Kind durch die Finanzierung einer Sprachförderfachkraft bezuschusst werden
  • Anzuerkennen, dass die Schulpflicht die Entfaltungsfreiheit aller Kinder sichert. Ausnahmen von der Schulpflicht für den Schwimm- und Sexualkundeunterricht aufgrund religiöser oder kultureller Gründe lehnen wir grundsätzlich ab. Ärztlich entschuldigte Fehlzeiten sind in diesen Fächern soweit möglich nachzuholen.
  • an der verpflichtenden Teilnahme an Deutsch- und Integrationskursen für Verfolgte gemäß der Genfer Flüchtlingskonvention oder Art. 16a GG und Menschen, bei denen der subsidiäre oder humanitäre Schutz greift oder für die ein Abschiebungsverbot gilt, festzuhalten.
  • anzuerkennen, dass in Schuleinrichtungen das Erlernen der deutschen Sprache eine besondere Bedeutung haben muss. Das derzeitige Ungleichgewicht an Schülern mit besonderem Sprachförderbedarf im Schulsystem benachteiligt genannte Schüler in ihrer Entwicklung umso mehr. Bereits vor der Einschulung soll eine flächendeckende Sprachkenntnisfeststellung statt-
    finden, um Schülerinnen und Schülern mit besonderem Sprachförderbedarf gezielte Förder- und Schulbesuchsangebote zu machen. Damit soll auf eine gleichmäßige Verteilung von Schülerinnen und Schülern mit besonderem Sprachförderbedarf auf die Berliner Schulen hingewirkt werden.
  • im Anschluss an einen Universitätsabschluss oder eine berufliche Ausbildung Betroffenen ein Bleiberecht für 1,5 Jahren für die Auffindung eines der Qualifikation entsprechenden Arbeitsplatzes zu ermöglichen.

Eine offene Gesellschaft

Unsere offene Gesellschaft lebt von einer Kultur der Inklusion und Offenheit für Menschen, die ihr beitreten möchten. In Berlin, das von bunter Vielfalt geprägt ist, ist die Erhaltung von Toleranz und freier Selbstbestimmung im privaten wie im öffentlichen Raum von besonderer Bedeutung. Deshalb fordern wir:

  • eine praktische und lebendige Vermittlung des Grundgesetzes in Integrationskursen und im Politikunterricht. Bezüglich der Integrationskurzse soll sich das Land Berlin nach Möglichkeit mit anderen Bundesländern zusammentun und ein gemeinsames Konzept inklusive Materialen erarbeiten.
  • erbrachte Integrationsleistungen, wie beispielsweise der erfolgreiche Abschluss von Sprachkursen, durch Vorteile im Rahmen des Spurwechsels oder anderweitiger Förderungen wie die Erteilung von Arbeitserlaubnissen oder der Umzug in eine eigene Unterkunft zu belohnen.
  • die vermehrte Etablierung von Paten- und Mentorenprogrammen. Gut integrierte Geflüchtete und Ehrenamtliche sollen das Zusammenleben praxisnah erläutern.
  • „Wir-Gefühl“-stärkende Projekte nach Vorbild von „#IchDuWirNRW“ oder „GermanDream“ auszubauen.
  • der freien und unabhängigen innerislamischen Debatte in Deutschland Raum zu geben und diese zukünftig auch zu fördern. Dies kann beispielsweise durch eine vielfältigere Besetzung der Islamkonferenz gelingen, die unabhängiger vonausländischen Interessen ist und unterschiedlichen Glaubensströmungen Rechnung trägt. Zudem wollen wir die verbandsunabhängige Ausbildung islamischer Prediger in Deutschland weiter vorantreiben.

Rechtsdurchsetzung und Grenzen der Toleranz

Auch eine offene Gesellschaft ist regelmäßig mit Feinden konfrontiert. Sie muss Angriffen auf sich entschieden entgegentreten. Rassismus, Antisemitismus, Rechts- und Linksextremismus und Anfeindungen gegen die LGBTQIA+-Community sowie andere Formen der Hasskriminalität finden in ihr keinen Platz. Deshalb fordern wir:

  • eine starke und flächendeckende Präventionsarbeit in Bezug auf organisierte Kriminalität, insbesondere sog. Clan-Kriminalität, und Radikalisierung. Die Fehler der 80er Jahre wollen wir nicht wiederholen und sehen es deshalb als zentral an, Zuwanderern durch aktive Integration, Bildungsangebote und eine Arbeitserlaubnis klare Perspektiven anzubieten. Schwerpunkt
    der Präventionsarbeit sind Bildungseinrichtungen. Wir wollen die Zusammenarbeit zwischen der KMK und den Bundesbeauftragten stärken und über multiprofessionelle Teams Sozialarbeiter in Bildungseinrichtungen einbinden. Darüber hinaus wollen wir die Finanzierung erfolgreicher Ausstiegs- und Deradikaliserungsangebote ausbauen und verstetigen. Außerdem
    muss verstärkt das Internet als sozialer Raum unter die Lupe genommen werden. Radikalisierung und Diskriminierung jeglicher Art dürfen auch im Netz nicht unerkannt bleiben.
  • die Nutzung des vollen Rechtsrahmens zur Bekämpfung krimineller Strukturen. Das Aufenthaltsgesetz bietet bereits heute ausreichend Möglichkeiten, um Gefährder und Straftäter abzuschieben. Zur konsequenten Anwendung und Durchsetzung gelten Rechts bedarf es neben technischer vor allem qualitativer wie quantitativer personeller Aufwertung.
    Außerdem wollen wir eine Sonderarbeitsgruppe beim Bundeskriminalamt einrichten, die u. a. die Zusammenarbeit aller Polizeibehörden des Bundes und der Länder koordiniert und ein bundesweites Lagebild zu Clankriminalität erstellen soll. Auch weitere Maßnahmen wie die Einführung eines Systems zur automatisierten Abfrage von Halterdaten des Kraftfahrtbundesamtes zur Verwendung durch die Bundesagentur für Arbeit oder die personelle Aufstockung der Abteilung 4 des Landeskriminalamtes Berlin, das u. a. für die Bekämpfung der Organisierten Kriminalität sowie Banden- und qualifizierte Eigentumsdelikte zuständig ist, halten wir für sinnvoll.
  • schnellstmöglich dem Mangel an Abschiebehaftplätzen entgegenzuwirken.
  • eine Duldung aus gesundheitlichen Gründen zukünftig ausschließlich auf Grundlage amtsärztlicher Atteste durchzuführen.
  • bei Staaten, die sich weigern, ihren Staatsbürgern über ihre Botschaften in Deutschland Passdokumente auszustellen oder ihre aus Deutschland abzuschiebenden Staatsbürger wieder bei sich aufzunehmen, müssen Restriktionen bei der Visa-Vergabe und Kürzungen von Entwicklungshilfegeldern optionale Mittel sein.
  • dass sich die Bundesrepublik für einen wirkungsvollen Ausbau der europäischen Grenzschutzbehörde Frontex starkmachen möge, um die Zielvorgabe von 10.000 Grenzschutzkräften zu erreichen.
    Die unter Beteiligung von Frontex erfolgten „Pushbacks“, also illegale Zurückdrängen von Migranteninnen und Migranten, sind sehr ernst zu nehmen. Wir setzten uns für schärfere Mechanismen zur Verhinderung von Menschenrechtsverletzungen ein. So stärken wir den europäischen Grenzschutz, verbessern die Seenotrettung und tragen sorge für die Einhaltung der Menschenrechte an den Außengrenzen der EU. Klar ist, dass Meschen vor dem Ertrinken im Mittelmeer zu retten, oberste Priorität haben muss. Frontex soll daher auch die Funktion einer europäischen Küstenwache übernehmen und dafür mit den entsprechenden Mitteln ausgestattet werden.
    Die Kooperation mit den Küstenwachen von Transitländern am Mittelmeer wie Libyen oder Tunesien ist weiter auszubauen. In diesem Rahmen muss auch sichergestellt werden, dass diese Küstenwachen sich an geltendes Recht und Vereinbarungen halten.Es darf nicht sein, dass NGOs etwas übernehmen müssen, was eigentlich selbstverständlich staatliche Aufgabe sein sollte.
  • ein geregeltes Verfahren zur Einstufung sicherer Herkunftsstaaten einzuführen. Zukünftig soll die Bundesregierung im Rahmen der turnusmäßigen Berichterstattung an den Deutschen Bundestag stets prüfen, bei welchen Staaten die Anerkennungsquote seit mindestens fünf Jahren sowie im Durchschnitt der letzten zehn Jahre unter fünf Prozent liegt. Regelmäßig
    soll die Bundesregierung soweit möglich dem Bundestag einen Gesetzentwurf zur Einstufung der betroffenen Staaten vorlegen.

Sprachbarrieren abbauen

Deutschland ist ein Einwanderungsland. Wie das Statistische Bundesamt auf Basis des Mikrozensus mitteilt, hatten 2019 21,2 Mio. bzw. 26 % der Bevölkerung einen Migrationshintergrund. Dies entspricht einem Zuwachs von 2,1 % im Vergleich zum Vorjahr. Wir erachten diese ethnische Vielfalt als Vorteil für unsere Gesellschaft. Das Ziel aller Bestrebungen muss das friedvolle Zusammenleben aller Bevölkerungsgruppen sein. Menschen mit Migrationshintergrund sind ein fester Bestandteil Deutschlands. Damit aber Integration wirklich gelingen kann, müssen wir anfangen, Integrationspolitik anders zu denken. Vor allem bei der Sprachbildung und bei Sprachbarrieren müssen wir liberal denken. Wir wissen, dass für eine gelungene Integration das Deutschlernen unabdingbar ist. Wir möchten das Lernen einer neuen Sprache aber als Chance vermitteln und nicht als Zwang. Wir möchten zeigen, dass das Lernen der deutschen Sprache von Vorteil sein kann, insbesondere wenn es darum geht, ein erfülltes Leben zu führen. Unzählige Behördengänge mangels Digitalisierung, berufliche Bildung und interkultureller Dialog sind nur einige Bereiche, in denen das Beherrschen der deutschen Sprache wichtig ist.

SPRACHLICHE VIELFÄLTIGKEIT IN den SCHULEN

Wir wollen, dass Menschen mit Migrationshintergrund das Erlernen der deutschen Sprache als Zugewinn sehen. Wir wollen nicht, dass sie ihre eigene Sprache vergessen. Die Vorteile der bilingualen bzw. mehrsprachigen Erziehung sind uns bewusst: Sie fördert den Lernprozess, die kognitiven Fähigkeiten und die Konzentrationsfähigkeit. Auch in kultureller Hinsicht haben bilinguale bzw. mehrsprachige Sprecher*innen den Vorteil, dass sie bei kulturellen Unterschieden offener und sensibler sind. Deshalb wollen wir Grundschulen und weiterführende Schulen in Berlin bei der Etablierung vielfältiger Fremdsprachen als Zusatzunterricht z.B. in Türkisch, Arabisch und Polnisch unterstützen, sofern die Schulen über genügend Nachfrage und Kapazität verfügen. Dieser ersetzt nicht den Englisch-, Französisch- und Spanischunterricht. Der Zusatzunterricht soll bei der Verbesserung der nicht-deutschen Sprache helfen. Mit dem Zusatzunterricht möchten wir nicht nur die Sprachbildung fördern, sondern wir wollen den Schüler*innen auch mehr über ihre Kultur beibringen. Ziel ist, dass sich die Schüler*innen auch kritisch mit ihrer eigenen Kultur befassen. Der Zusatzunterricht soll durch externe Lehrer*innen unterrichtet werden, die auch dafür qualifiziert sind. Beispielsweise sollten sie die jeweilige Sprache studiert haben oder diese im Ausland erlernt haben. Ein weiteres Problem von Sprachbarrieren, die Kinder betreffen, sind Elternabende. Oftmals müssen Kinder mit auf Elternabenden anwesend sein, weil ihre Eltern noch nicht Deutsch sprechen können. Um eine gelungene und klare Kommunikation zwischen Lehrer*innen und Eltern zu ermöglichen, wollen wir bei Bedarf Dolmetscher*innen auf Elternabenden an allen Schulen einsetzen. Einige Schulen machen dies bereits mit dem Gemeindedolmetscherdienst. Finanzielle Mittel sollen dabei vom Senat gestellt werden.

MEHRSPRACHIGKEIT IN BEHÖRDEN

Sprachbarrieren existieren vor allem auch auf den Internetseiten der Behörden. Nicht alles auf den Internetseiten der Behörden wird übersetzt. Wir fordern daher eine bessere und umfangreichere Arbeit beim Übersetzen von allen Meldungen und Informationen auf den Internetseiten der Behörden. Zudem müssen alle Behörden Übersetzungen in mehreren Sprachen anbieten. Englisch als alternative Sprachauswahl kann nicht ausreichend sein. Digitale Angebote der Behörden müssen endlich service- und bürgerorientierter werden. Deshalb fordern wir ein mehrsprachiges barrierefreies Angebot auf der digitalen Plattform Service-Portal Berlin. Zudem leben die Berliner Bezirke von ehrenamtlichen Organisationen und Vereinen, die die Vielfalt dieser großartigen weltoffenen Stadt widerspiegeln.

Wir wollen daher mit der digitalen Bereitstellung mehrsprachiger Informationen durch öffentliche Stellen die ehrenamtliche Tätigkeit auf lokaler Ebene stärken und die ehrenamtlichen Organisationen fördern. Beim Abschicken des digitalen Antrags soll dieser automatisch ins Deutsche übersetzt sein. Des Weiteren fordern wir, dass generell mehr Hilfsangebote für Menschen, die Schwierigkeiten beim Ausfüllen von Anträgen haben. Die Corona-Pandemie hat noch mal verdeutlicht, wie wichtig es ist, dass Behörden auf Mehrsprachigkeit setzen. Wichtige Informationen mit dem Umgang mit Corona wurden erst viel zu spät in anderen Sprachen angeboten, sodass Menschen, die kein Deutsch sprechen, keinen Zugang zu diesen Informationen hatten. Wir sehen, dass Falschmeldungen und fehlerhafte Informationen zu enormer Angst führen können. Um auch Migranten*innen richtige Informationen zugänglich zu machen, muss bei zukünftigen Pandemien von Anfang an auf Mehrsprachigkeit gesetzt werden.

Liberale Integrationspolitik für Berlin – Stadt der Vielfalt und Toleranz

Die Bundesrepublik Deutschland ist seit ihrem Bestehen ein Zuwanderungsland und wird von Menschen verschiedenster Ethnien, Religionen und Kulturen sozial und wirtschaftlich bereichert. Berlin sticht hierbei mit über einer halben Million Menschen mit ausländischer Staatsangehörigkeit sowie vielen hunderttausenden an weiteren Menschen mit ausländischen Wurzeln als Zuwanderungsstandort besonders hervor. Die Jungen Liberalen Berlin setzen sich für eine Gesellschaft der Toleranz ein, in der jeder Mensch – gleich seiner Religion, seines Lebensstiles, seiner ethnischen Zugehörigkeit oder der politischen Überzeugung – seinen individuellen Weg gehen kann. Grenzen zeigt hierbei lediglich die freiheitlich-demokratische Grundordnung auf.

Um weiterhin möglichst vielen Menschen eine Heimat bieten zu können, ist eine Willkommenskultur frei von Vorurteilen, Ressentiments oder gar Hass notwendig. Pauschalisierungen und Hetze gegen bestimmte Bevölkerungsgruppen radikalisieren, schaffen Gräben und eine Atmosphäre der Ausgrenzung. Zuwanderer, die in Deutschland auf der Suche nach besseren Aufstiegschancen und einem angenehmeren Leben sind, sind als wichtiger Teil der Gesellschaft zu sehen – nicht als Gäste, die unter engstirnigen Prämissen geduldet werden.

 

Zuwanderer als Leistungsträger

Im Wirtschaftsleben leistet ein großer Teil der Migranten trotz sprachlicher und bürokratischer Hürden ihren Beitrag, ohne den die deutsche Wirtschaft nicht überlebensfähig wäre. So meldeten sie in den vergangenen Jahren etwa jedes dritte neue Gewerbe in Berlin an. Dennoch ist nicht abzustreiten, dass vielen Zuwanderern mangels Sprachkenntnissen der Zugang zu Arbeitsmarkt und Sozialleben unmöglich bleibt. Auch diejenigen, die kein Deutsch sprechen, besitzen Qualifikationen und Fähigkeiten, auf die Berlin insbesondere als Wirtschaftsstandort nicht verzichten kann. Ziel staatlichen Handelns muss es daher sein, diese Barrieren aus dem Weg zu räumen. Gerade Zuwanderern, die über keine oder nur geringe Kenntnisse der Sprache und der bürokratischen Normen verfügen, muss der Zugang zu Sprachkursen und Qualifikationsangeboten erleichtert werden. Zudem stehen viele Migranten vor hohen Hürden, die sich mit dem Ziel, ein Gewerbe anzumelden und sich eine selbstständige Existenz zu sichern, einem unverhältnismäßigen Bürokratieapparat ausgesetzt sehen.

Konkret fordern die Jungen Liberalen Berlin daher, dass Englisch als international anerkannte Verkehrssprache mittelfristig zweite Verwaltungssprache in den Berliner Ämtern wird.

In einer globalisierten Welt mit fortschreitender Personenfreizügigkeit stellen formale Bedingungen für bestimmte berufliche Tätigkeiten einige der größten Freizügigkeitshemmnisse dar. Da in vielen anderen Ländern Bildungssysteme existieren, die mit dem speziellen dualen Bildungssystem in Deutschland nur schwer vergleichbar sind, wird die Anerkennung der bisherigen Lebensleistung von Zuwanderern oftmals erschwert. Gerade älteren Zuwanderern ist ein vollständiger Neuerwerb der Leistungsnachweise nicht mehr möglich. Menschen mit wertvollen Fähigkeiten, die im Ausland erworben wurden, dürfen jedoch nicht mit künstlichen Schranken vom Arbeitsmarkt ferngehalten werden. Daher setzen sich die Jungen Liberalen dafür ein, dass eine Anerkennung ausländischer Abschlüsse bei vergleichbarer Qualifikation möglichst schnell, einfach und unbürokratisch erfolgen kann. Außerdem soll im Ausland gesammelte Berufserfahrung ergänzend den Zugang zu Abschlussprüfungen für Ausbildungsberufe ermöglichen.

Integration im (früh-)kindlichen Alter

Erfolgreiche Integrationspolitik setzt bereits in den Kinderjahren an. Auf die Vermittlung von Sprachkompetenzen muss bereits im Kindesalter das Augenmerk gesetzt werden.

Daher fordern die Jungen Liberalen ein verbindliches letztes KiTa-Jahr. In diesem Jahr sollen gezielt die Sprachkenntnisse aller Kinder erweitert werden, um zu Beginn der Schullaufbahn gleiche Chancen zu schaffen. In diesem Zusammenhang regen die Jungen Liberalen Berlin zudem an, dass vermehrt Menschen mit Migrationshintergrund die Betreuung in Kindertagesstätten, Kindergärten und Schulen übernehmen. Sie verfügen, entsprechend geschult, über kulturübergreifende Kompetenzen und sind in der Lage Sprachbarrieren zu überwinden. Die Eltern mit Migrationshintergrund können leichter ein Vertrauensverhältnis zu den Betreuern und Lehrern aufbauen, da diese die Probleme der Kinder besser nachvollziehen können. Durch gesteigertes Vertrauen werden Eltern mit Migrations-hintergrundihre Kinder häufiger in entsprechende Betreuungseinrichtungen geben, lernen deutsche und nichtdeutsche Eltern kennen und können sich über alltägliche Probleme und Gegebenheit austauschen.

Liberale halten es für notwendig, dass durch staatliche Bildung ein tolerantes, demokratisches Selbstverständnis vermittelt wird. Dies bedeutet konkret, dass ein Kind lernt, zwischen persönlicher Überzeugungen bzw. eigenen Vorlieben und allgemeiner Gültigkeit von Normen zu unterscheiden. Ein integrativ wirkendes Bildungssystem rückt die säkulare Werteordnung unserer Gesellschaft in den Vordergrund, lehrt damit jedoch gleichermaßen Respekt und Toleranz gegenüber jeglichen religiösen und weltanschaulichen Bekenntnissen und klärt über diese auf. Die Jungen Liberalen Berlin schlagen deshalb ein neues Modell für den Religionsunterricht vor, der das allgemeine Verständnis aller Religionen und damit Toleranz fördern soll. Dabei sollen die Schüler aller Schulformen statt an einem Bekenntnisunterricht an einem wertneutralen Religionskunde- und Ethikunterricht teilnehmen, wie dies bereits im Land Berlin, auch durch Volksentscheid bestätigt, bereits der Fall ist. Durch diesen langjährigen und gemeinsamen Unterricht können alle größeren Religionsgruppen differenziert dargestellt werden. Artikel 7 Absatz 3 des Grundgesetzes soll entsprechend geändert werden.

Religionsunterricht sollte grundsätzlich in keinem Zusammenhang zum konventionellen Unterricht stehen und von einzelnen Religionsgemeinschaften selbstständig durchgeführt werden. Schulische Räumlichkeiten können dafür mit Zustimmung der Schulleitung genutzt werden. Hierbei gilt das Prinzip der Nichtdiskriminierung einzelner Religionsgemeinschaften. Ein Besuch des eigenen Religionsunterrichtes befreit nicht vom Besuch des Ethikunterrichts, in dem über sämtliche Weltanschauungen aufgeklärt werde soll.

Integration ist jedoch mehr als nur eine Frage des Religionsunterrichts, mehr als eine Frage von gemeinsamer Sprache. Gemeinsamer Unterricht zwischen allen Schülern, egal welcher Herkunft, ist hierfür ebenfalls unentbehrlich. Kinder aus kulturellen oder religiösen Gründen von bestimmten Lehrveranstaltungen oder vom gesamten Schulunterricht zu befreien, sehen wir deshalb grundsätzlich kritisch – der staatliche Bildungsauftrag kann nicht zur Disposition von Eltern und Schülern gestellt werden. Er darf zugleich aber auch nicht pauschal gegenüber dem Erziehungsrecht der Eltern sowie der Bekenntnis- und Gewissensfreiheit von Eltern und Schülern priorisiert werden. Eine Befreiung von übrigen Unterrichtsinhalten oder Schulveranstaltungen auf Grundlage religiöser oder weltanschaulicher Gründe darf deshalb lediglich auf einer einzelfallbezogenen Entscheidung beruhen, die die Bekenntnisfreiheit des Schülers und die religiöse Erziehungsfreiheit der Eltern mit dem staatlichen Bildungsauftrag in Abwägung bringt und eine Befreiung als ultima ratio begreift. Insbesondere müssen vorher alle weniger einschneidenden Maßnahmen, bspw. das Tragen sog. „Burkinis“ im Schwimmunterricht, in Betracht gezogen und falls möglich durchgeführt werden.

Jenseits des verbindlichen Unterrichtslehrplanes, der für alle Schüler gilt, muss die individuelle Handlungsfreiheit gewährleistet werden. Vorschriften bezüglich der Bekleidung oder der Umgangssprache der Schüler würden in dieses fundamentale Freiheitsrecht eingreifen und sind daher abzulehnen. Daher sprechen sich die Jungen Liberalen gegen ein Kopftuchverbot oder eine Deutschpflicht auf Schulhöfen aus.

Werte wie Freiheit, Toleranz und Menschenwürde sind Eckpfeiler unserer freiheitlichen Grundordnung und müssen von Anbeginn als Lehrinhalte in allen Fächern vermittelt werden.

Integration als gesamtgesellschaftlicher Prozess

Integration und gemeinsamer Umgang stellen einen gesamtgesellschaftlichen Prozess dar, zu dessen Hemmnissen und Problemen die Politik nur schwer Zugang finden kann. Die Jungen Liberalen Berlin begrüßen daher zivilgesellschaftliches Engagement und Projekte mit dem Ziel, sich dieser Aufgabe anzunehmen. Oftmals werden solche Unternehmungen von Migranten, die selbst die mit einer Einwanderung verbundenen Hürden überwunden haben, organisiert. Den Erfahrungsschatz und das Netzwerk dieser Menschen zu nutzen, ist notwendig, um attraktivere Integrationsangebote zur Verfügung stellen zu können.

Die Felder, auf denen bereits solche privaten Initiativen erfolgten, sind vielfältig. Diese können sich beispielsweise Angebote an Bildung, Eingliederung ins Erwerbsleben oder spezifische Beratungen zum Ziele setzen. Erfolgreiche Initiativen sind beispielsweise das Berufliche Qualifizierungsnetzwerk für Migrantinnen und Migranten in Berlin (BQN) oder der Migrationsrat Berlin&Brandenburg .

Private Initiativen sind vom Land Berlin daher stärker als bisher zu fördern.

Integration durch politische Partizipation

Das Recht auf Teilnahme am politischen Geschehen ist für Liberale das Grundrecht eines jeden Menschen, das weder aufgrund der Herkunft noch des Passes eingeschränkt werden darf. Der bisherige Zustand, dass Bürger staatlicher Gesetzgebung unterworfen sind, ohne dass sie die Möglichkeit haben, selbige über Wahlen mit zu beeinflussen, ist mit einem liberalen Demokratieverständnis nicht vereinbar. Daher fordern die Jungen Liberalen Berlin das Ausländerwahlrecht auf allen Ebenen. Voraussetzung für das Wahlrecht soll nur ein dauerhafter Aufenthalt und Wohnsitz von mindestens 3 Jahren sein.

Fremdenfeindlichen Ressentiments entschieden entgegentreten!

Die Jungen Liberalen Berlin beobachten die seit einigen Monaten angespannte Stimmungslage unter den Bürgern zur Integrations- und Migrationspolitik mit Sorge und befürchten, dass im Kern illiberale und von Fortschrittsangst getriebene Akteure hierdurch erstarken. Hinter Demonstrationen gegen „religiösen Fanatismus“ verbergen sich allzu oft nationalkonservative Motive, die zu pauschalisierten Urteilen über andere Bevölkerungsgruppen verleiten. So werden Asylbewerber und Immigranten, insbesondere aus dem Nahen Osten oder Afrika, pauschal als Asylbetrüger denunziert. Dies lehnen die Jungen Liberalen Berlin entschieden ab und warnen vor erneut aufkommendem Vokabular aus Zeiten des Dritten Reiches. Begrifflichkeiten wie „Volksschädlinge“ beschädigen das weltoffene Bild Deutschlands in der Welt ebenso wie eine sachlich nicht begründbare Furcht vor der „Islamisierung“ Westeuropas. Die Jungen Liberalen halten diese Furcht für unbegründet und bekennen sich im Gegenteil dazu, in der schieren statistischen Vermutung eines steigenden Bevölkerungsanteils muslimischer Mitbürger keinen pauschalen Nachteil ausmachen zu können. Für einen Jungen Liberalen ist nicht die religiöse Zugehörigkeit oder die Herkunft entscheidend, sondern das Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung.

Vor diesem Hintergrund lehnen die Jungen Liberalen Berlin insbesondere die Forderungen von pegida und deren regionalen Ablegern entschieden ab und setzen sich in ihrer politisch-gesellschaftlichen Arbeit dafür ein, ihrem toleranten gesellschaftlichen Gegenentwurf Ausdruck zu verleihen.

Nur eine Gesellschaft, die offen und tolerant ist, die fremden Menschen aufgeschlossen entgegentritt und sie aktiveinbezieht, kann eine Gesellschaft mit gelungener Integration sein. Es ist die originäre Aufgabe des Staates, religiöse und ethnische Minderheiten und Menschen mit Minderheitslebensentwürfen zu schützen. Dies gilt unabhängig davon, ob diese durch eine Mehrheit der Bevölkerung oder eine Minderheit bedroht werden. Eine bestimmte Staatsangehörigkeit ist keine Voraussetzung für die persönliche Freiheit. Und die Freiheit der Lebens-und Redensart für alle, die in Deutschland leben wollen ist es, was Deutschland von unfreien Ländern unterscheidet, aus denen viele zu Recht flüchten. Dieser hohe Anspruch an unsere Gesellschaft muss aufrechterhalten werden, Fremdenhass ist mit allen rechtsstaatlichen Mitteln zu begegnen. Dabei macht es keinen Unterschied, ob dieser sich von Rechts gegen Ausländer mit anderen als Europäischen Wurzeln richtet. Oder ob er von Links ausgeht um ausländische Investitionen zu verhindern oder von der Entscheidung in einer bestimmten Gegend Berlins zu leben abschrecken soll.

Unsere Vorstellung einer freiheitlichen Gesellschaft des Respekts vor dem Individuum steht per Definition in politischem Kalkül geschürten Ressentiments entgegen. Dennoch bestimmt die Maxime der Meinungsfreiheit aber auch, dass der einzige Weg, diesen politischen Strömungen zu begegnen, kein Herabfallen auf selbiges Niveau sein darf. Parteien und Organisationen, die Ressentiments schüren und Ängste instrumentalisieren, darf nicht mit derselben physischen oder seelischen Gewalt entgegengetreten werden. Im Sinne wahrhaft demokratischer Gedanken muss das Ziel sein, diesen Strömungen mit Sachlichkeit und Aufklärung zu begegnen.

Wir fordern daher auch unsere politischen Verbündeten im Einsatz um eine offene Gesellschaft auf, auf Fronten verhärtenden Populismus zu verzichten, sondern im Umgang mit pegida und deren Unterstützern auf die sachliche Überlegenheit unserer Argumente zu vertrauen. Auf der Demagogenwelle mit populistischen Forderungen bei Wählern am konservativen Rand punkten zu wollen, lehnen die Jungen Liberalen ausdrücklich ab.

Liberale Integrationspolitik für ein vielfältiges Berlin

Die Jungen Liberalen Berlin fordern die FDP Berlin auf den Beschluss des Landesausschusses zur Integrationspolitik zu überdenken und ihn zu überarbeiten. In seiner Gesamtheit lehnen die Jungen Liberalen Berlin diesen Beschluss ab und werden derartige Positionen auch nicht im Wahlkampf um das Abgeordnetenhaus vertreten. Unsere Vorstellungen von Integrationspolitik werden im Folgenden dargestellt und sollten als Orientierung dienen:

 

Einleitung

Integration lässt sich nicht auf ein paar wenige Sofortmaßnahmen reduzieren, sondern muss ganzheitlich aufgegriffen werden. Dafür muss man sich über die Definition von Integration bewusst sein. Die Jungen Liberalen Berlin schätzen die Diversitäten Deutschlands, die unsere Gesellschaft bereichert. Deutschland ist ein Einwanderungsland und Menschen verschiedenster Herkunft, Religion und Kultur bieten ein enormes soziales und wirtschaftliches Potenzial, das unsere Stadt Berlin attraktiv und faszinierend macht. Integration bedeutet das Schaffen einer vielfältigen Gesellschaft, in der sich jeder frei entfalten kann und nach seinen eigenen Vorstellungen leben kann, sofern diese mit unserem Rechtsstaat und dem Grundgesetz vereinbar sind. Integration ist für ein friedliches Zusammenleben wichtig und notwendig, allerdings wollen wir keine Assimilation, denn diese würde den Menschen ihre Individualität nehmen.

Für die Jungen Liberalen Berlin ist Integration keine Aufgabe der Politik, sondern vielmehr ein gesamtgesellschaftlicher Prozess, der aus Eigenverantwortung und Rücksichtnahme angeregt wird. Die Politik hat nur die Aufgabe Rahmenbedingen zu schaffen. Integration betrifft alle gesellschaftlichen Felder. Es reicht nicht, durch ziellose Einzelmaßnahmen Flickenschusterei zu betreiben. Vielmehr bedarf es eines einheitlichen Gesamtkonzepts, welches alle politischen Themenbereiche umfasst. Dazu zählen neben kulturellem Verständnis füreinander und einer Akzeptanz der gegenseitigen gesellschaftlichen Regeln auch eine aktive Integration ins gesellschaftliche, politische Leben und in die Arbeitswelt. Integration gilt dabei nicht nur für Migranten. Viele gesellschaftlichen Schichten und Gruppen müssen integriert werden. Dazu zählen auch Integration von Arbeitslosen, Behinderten, Senioren und Demenzkranken, Kindern und Jugendlichen sowie allen Menschen, die Probleme haben, sich im Alltag in der Gesellschaft zurechtzufinden.

Im Zuge der “Sarrazindebatte” wurde oftmals die Verantwortung für bestehende Defizite und ihre Überwindung auf einzelne Komponenten des Integrationsprozesses geschoben. Jeder wollte den Schwarzen Peter lieber bei anderen wissen. Weder die Politik, noch die Religion oder die ethnische Zugehörigkeit ist alleiniger Schuldner für gescheiterte Integration. Die Jungen Liberalen Berlin wollen eine Gesellschaft, die jede Form von Kultur, Religion und Herkunft toleriert und respektiert, sofern sie unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung nicht im Wege steht. Und wir erkennen an, dass keine Seite das im Alleingang erreichen wird. Die Integration von Menschen unterschiedlicher Kulturen in das gesellschaftliche Leben und die Arbeitswelt erweist sich als oft als schwierig. Über 1/3 der Berliner Migranten ist auf Hilfen aus dem sozialen Netz angewiesen und die Arbeitslosigkeit unter Menschen mit Migrationshintergrund ist überdurchschnittlich hoch. Wenn Deutschland seinen Lebensstandard, seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und seine sozialen Sicherungssysteme halten will, bedarf es einem schlüssigen, funktionierenden Integrationskonzept. Integration ist auch ein soziales Phänomen und muss daher entsprechend angegangen werden. Die geltenden Regeln und Gesetze dürfen niemandem bei einer eigenverantwortlichen Lebensführung im Wege stehen. Wer für sich und seine Familie arbeiten möchte soll dazu auch die Möglichkeit haben. Vor allem die intransparente und langwierige Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen und Abschlüsse steht dem nach wie vor im Wege.

Integration durch eine offene Gesellschaft

Integration ist in erster Linie eine Bringschuld. Aber sie darf nicht an der Annahmeverweigerung der Gesellschaft scheitern. Das subjektive „sich willkommen fühlen“ ist eine Hauptsäule erfolgreicher Integrationspolitik. Die Vorteile von Migration sind besser nach allen Seiten zu kommunizieren, damit auch der Normalbürger sie als Bereicherung und nicht als Bedrohung empfindet. Polemiker und Scharfmacher sind dabei in jeder Hinsicht kontraproduktiv. Ihnen muss sachlich und bedacht begegnet werden. Auf der Demagogenwelle mit populistischen Forderungen bei Wählern am konservativen Rand punkten zu wollen, lehnen die Jungen Liberalen ausdrücklich ab.

Nur eine Gesellschaft, die offen und tolerant ist, die fremden Menschen aufgeschlossen entgegentritt und sie aktiveinbezieht, kann eine Gesellschaft mit gelungener Integration sein. Es ist die originäre Aufgabe des Staates, religiöse und ethnische Minderheiten und Menschen mit Minderheitslebensentwürfen zu schützen. Dies gilt unabhängig davon, ob diese durch eine Mehrheit der Bevölkerung oder eine Minderheit bedroht werden. Eine bestimmte Staatsangehörigkeit ist keine Voraussetzung für die persönliche Freiheit. Und die Freiheit der Lebens-und Redensart für alle, die in Deutschland leben wollen ist es, was Deutschland von unfreien Ländern unterscheidet, aus denen viele zu Recht flüchten. Dieser hohe Anspruch an unsere Gesellschaft muss aufrecht erhalten werden, Fremdenhass ist mit allen rechtsstaatlichen Mitteln zu begegnen. Dabei macht es keinen Unterschied, ob dieser sich von Rechts gegen Ausländer mit anderen als Europäischen Wurzeln richtet. Oder ob er von Links ausgeht um ausländische Investitionen zu verhindern oder von der Entscheidung in einer bestimmten Gegend Berlins zu leben abschrecken soll.

Integration durch Wertevermittlung

Um Integration erfolgreich zu gestalten müssen wir gegenüber Migranten auch Erwartungen aussprechen dürfen. Oftmals kollidieren vermeintlich religiöse und kulturelle Hintergründe mit unseren westlichen Werten. Für uns steht die freiheitlich demokratische Grundordnung an erster Stelle und wer jene nicht akzeptiert, kann nicht in die deutsche Gesellschaft integriert werden. Freiheit, Toleranz und Individualität zählen genauso zu westlichen Werten wie die Meinungsfreiheit und Religionsfreiheit und bilden die Grundlage für ein demokratisches Zusammenleben. Die Gleichstellung von Mann und Frau ist nicht in allen Kulturkreisen gegeben, doch erwarten wir diese in Deutschland.

Als inakzeptabel betrachten wir das Geschlechterverständnis, in dem die Frau dem Mann untergestellt ist. Unter derartigen Umständen ist auch Integration nicht vollständig möglich. In Deutschland hat jeder Mensch das Recht sich selbstständig und nach seinen eignen Vorstellungen zu entfalten. Eine Bevormundung einzelner Familienmitglieder wie beispielsweise Frauen und Kinder darf nicht geduldet werden. Mädchen müssen die gleichen Chancen bekommen wie Jungen und beide haben das Recht auf eine gewaltfreie Erziehung. Zwangsheiraten sind zu verurteilen und dürfen mit keinem kulturellen oder religiösen Hintergrund gerechtfertigt werden. Auch das Tragen des Kopftuches muss auf freiwilliger Basis erfolgen. In diesem Zusammenhang lehnen die Jungen Liberalen Berlin die Heranziehung anderer Rechtsordnungen, die fundamental unserem Grundrechteverständnis widersprechen ab. Die Scharia ist mit unseren freiheitlichen Werten nicht zu vereinbaren.

Integration durch ein republikanisches Leitbild

Seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland wurde die Entwicklung eines klaren Leitbilds für die Integration und das Zusammenleben in Deutschland, über alle Parteigrenzen hinweg, vergessen. Ein klares und liberales Leitbild kann jedoch Integration in Deutschland fördern und unserer historischen und gesellschaftlichen Entwicklung Rechnung tragen.

Wir Jungen Liberalen Berlin fordern daher die Einführung des republikanischen Leitbildes auf Grundlage des Grundgesetzes. Gerade das Grundgesetz garantiert allen Bürgern der Bundesrepublik Deutschland ein weltoffenes und liberales Miteinander. So garantiert Artikel 3 des Grundgesetzes die Gleichheit aller Bürger ohne Beachtung von Unterschieden und Artikel 4 das Recht eines jeden Bürgers auf freie Wahl und Ausübung der Religion. Ein Leitbild auf Grundlage einer christlich-jüdischen Tradition unseres Landes allein würde jedoch einer erfolgreichen Integration entgegen wirken, da sie von Vornherein alle Nicht-Christen und -Juden ausschließt.

Das republikanische Leitbild hingegen ist mehr als nur durch Christentum und Judentum geprägt. Es ist auch geprägt durch die Aufklärung und durch die vorchristliche Geschichte Europas. So sind Herrschaftslegitimation, Demokratie und staatsbürgerliches Selbstverständnis durch die Errungenschaften des alten Ägyptens, Griechenlands und der römisch-republikanischen Tradition sowie durch die Errungenschaften der Bill of Rights, der Magna Charta, der Declaration of Independence, der Emancipation Proclamation und der „Vier Freiheiten“ geprägt. Durch die liberale Bewegung des 19. Jahrhunderts entstand zu dem ein Bürgertum, welches sich frei von Zwängen und Bevormundung entwickelte. Das republikanische Leitbild garantiert somit aus seiner Geschichte und Tradition heraus eine Grundlage für eine erfolgreiche Integration und ein friedliches Zusammenleben. Denn es bevormundet keine Kultur noch Religion und unterscheidet nicht nach Hautfarbe, Geschlecht, Herkunft oder Alter. Eine erfolgreiche liberale Integrationspolitik kann also nicht ohne ein klares Bekenntnis zum republikanischen Leitbild erfolgen.

Integration durch Bildung

Bildung ist ein Schlüssel zu Integration und vor allem in jungen Jahren müssen die Weichen zu gelungener Integration gestellt werden. Kindergärten, Kindertagesstätten und Schulen haben einen wesentlichen Anteil an Integration und müssen sich an jenem Prozess beteiligen. Es ist Aufgabe der Eltern gemeinsam mit diesen Einrichtungen die deutsche Sprache zu fördern, denn eine Sprache ist Mittel zur Verständigung und lockert die Barrieren zwischen den Menschen. Sprache ist der Schlüssel zu Kommunikation und verbindet Menschen miteinander. Wer der deutschen Sprache mächtig ist, der hat mehr Möglichkeiten am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben und findet auch eher einen Ansprechpartner bei möglichen Problemen. Bildung fängt daher nicht nur im Vorschulalter an. Gerade in Hinsicht auf die Sprachdefizite vieler älterer Migranten muss die Sprachförderung auch auf deren Altersgruppen ausgedehnt werden. Um eine Inanspruchnahme zu kontrollieren, bietet sich eine Kopplung an die Auszahlung von sozialen Hilfen an.

Eine ausschließliche Deutschpflicht beispielsweise auf Schulhöfen halten wir jedoch für nicht durchsetzbar und lehnen sie folglich ab. Ein Jahr vor der Schule sollen alle Kinder verpflichtet werden an einem Deutschtest teilzunehmen, der feststellen soll wie es um die Deutschkenntnisse steht. Sollten diese nicht ausreichen, sind jene Kinder verpflichtet einen Deutschkurs im Kindergarten zu besuchen, der aus Mitteln des Senats bezahlt wird und von Fachkräften durchgeführt wird. Außerdem sprechen sich die Jungen Liberalen Berlin für ein kostenloses, verpflichtendes letztes Kindergartenjahr für alle Berliner Kinder aus. Die Julis-Berlin sprechen sich in diesem Zusammenhang für das Gutscheinmodell des Betreuungsgeldes aus. Eine Investition in Fähigkeiten ist nachhaltiger und weniger missbrauchsanfällig als eine „Herdprämie“. Beim Betreuungsgeld müssen regionale Unterschiede berücksichtigt werden. In Berlin halten wir ein verpflichtendes Kindergartenjahr für wichtiger als das Betreuungsgeld.

In diesem Zusammenhang schlagen die Jungen Liberalen Berlin vor, dass vermehrt Menschen mit Migrationshintergrund die Betreuung in Kindertagesstätten, Kindergärten und Schulen übernehmen. Sie verfügen, entsprechend geschult, über kulturübergreifende Kompetenzen und sind in der Lage Sprachbarrieren zu überwinden. Die Eltern mit Migrationshintergrund können leichter ein Vertrauensverhältnis zu den Betreuern und Lehrern aufbauen, da diese die Probleme der Kinder besser nachvollziehen können. Durch gesteigertes Vertrauen werden Eltern mit Migrations-hintergrundihre Kinder häufiger in entsprechende Betreuungseinrichtungen geben, lernen deutsche und nichtdeutsche Eltern kennen und können sich über alltägliche Probleme und Gegebenheit austauschen.

Aufgabe von Bildungs-und Erziehungseinrichtungen muss es sein, ein gemeinschaftliches Verhältnis zwischen Eltern und Kindern verschiedenster kultureller und religiöser Hintergründe aufzubauen und zu fördern. Bildungs-und Erziehungseinrichtungen müssen Rücksicht auf den kulturellen und religiösen Hintergrund ihrer zu betreuenden Kinder nehmen, allerdings darf keine Bevorzugung gewisser Religionen stattfinden. Rücksichtnahme muss beispielsweise bei Essgewohnheiten genommen werden und Mensen müssen sich dementsprechend ausgerichtet werden. Gebetsräume müssen nicht genehmigt werden, es ist in den Schulen selbstständig einen Kompromiss zu finden. Im Zweifel geht jedoch der Raumbedarf für den Unterrichtsgebrauch vor.Die Forderung nacheinem Kopftuchverbot in Schulen lehnen wir rundweg ab. Die freie Entfaltung der Persönlichkeit wird in jungen Jahren wesentlich durch die Kleidung ausgelebt und gerade das tragen religiöser Symbole kann dabei ein bedeutender Teil sein. Allerdings müssen alle Schülerinnen und Schüler am gesamten Lehrangebot wie Schwimm- oder Sexualkundeunterricht teilnehmen. Die Jungen Liberalen Berlin sind der Ansicht, dass Religion Privatsache ist. Die Möglichkeiten sich mit der Religion der Wahl zu befassen sind gerade in einer multikulturellen Stadt wie Berlin sehr vielfältig. Religionsunterricht in der Schule kann diese Vielfalt unmöglich widerspiegeln. Die JuLis Berlin bekennen sich zwar nach wie vor zur Schulautonomie, sind jedoch der Ansicht, dass staatlich geförderter Religionsunterricht in Schulen fehl am Platz ist.

Integration durch Arbeit

Arbeit ist einer der Hauptfaktoren und Schlüssel für gelungene Integration. In Zeiten des Fachkräftemangels können wir auf Zuwanderer nicht verzichten, denn jene tragen wesentlich zur wirtschaftlichen Stärkung Deutschlands bei. Zuwanderung auf Kosten der Sozialsysteme können wir allerdings nicht dulden. Migration ist nicht verantwortbar, wenn der Einwanderer gar nicht erst eine Möglichkeit haben wird, in geregelte Arbeit zu kommen.

Dementsprechend müssen wir Möglichkeiten und Rahmenbedingungen schaffen, die möglichst vielen die Chance bieten einer Arbeit nachzugehen, die den Lebensunterhalt finanzieren kann. Viele Migranten haben im Ausland studiert oder Ausbildungen gemacht, die in Deutschland allerdings nur sehr schwer anerkannt werden. Wir fordern deswegen eine Vereinfachung der Anrechnung von Studienabschlüssen und Ausbildungen. Potenzial darf nicht verloren gehen. Sollte eine Berufsqualifikation nicht den hiesigen Ansprüchen gerecht werden, so müssen Rahmenbedingungen geschaffen werden, die Fort-und Weiterbildung ermöglichen und erleichtern. Kulturelle Vielfalt schafft zudem auch Arbeit. Einschränkende Gesetze (z.B. Ladenschlussgesetz) und bürokratische Hürden (Anmeldung von Gewerbe) behindern die optimale Ausschöpfung von Arbeitskraft. Gerade im Bereich des Gewerbes entwickeln viele Migranten ein Höchstmaß an Engagement und Fleiß. Dies muss gewürdigt werden. Gleichzeitig spielen Familienbetriebe innerhalb der Migrantengruppen eine wichtige Rolle.

Die Notwendigkeit des lebenslangen Lernens findet in der Bildungspolitik auch endlich die nötige Anerkennung. Entsprechende Angebote müssen auch Migranten offen stehen und an ihre besonderen Bedürfnisse angepasst sein. Den Ansatz vorhandener Integrationskurse begrüßen wir und fordern einen weiteren Ausbau auch von kostenlosen Sprachkursen. Aber auch das öffentliche Leben muss an diesem Prozess teilhaben, so sollten sich beispielsweise Schulen in der Pflicht fühlen Deutschkurse für Eltern mit Migrationshintergrund anzubieten. Derartige Projekte gibt es schon und sie sind sehr erfolgreich. Zwar ist die in den Integrationskursen inbegriffene Staatsbürgerkunde auch wichtig, doch sollte in erster Linie in die Verbesserung der Sprachfähigkeit investiert werden.

Integration durch Mitbestimmung

Integration wird vor allem durch die gleichberechtigte Teilhabe an der Deutschen Gesellschaft und am Deutschen Staatswesen erreicht. Dies schließt insbesondere das passive und aktive Wahlrecht auf allen Ebenen mit ein. Wenn wir die Anerkennung der demokratisch gefundenen Regelungen verlangen, dann müssen wir auch die Möglichkeit der Mitbestimmung dieser im demokratischen Prozess zugestehen. Die Jungen Liberalen Berlin sprechen sich somit für das Ausländerwahlrecht auf allen Ebenen aus. Voraussetzung für das Ausländerwahlrecht ist ein dauerhafter Aufenthalt und Wohnsitz von mindestens 3 Jahren. So bauen wir Vertrauen in die staatlichen Institutionen und unser freiheitlich-demokratisches Staatswesen auf.

Integration durch eine konsequente Kriminalitätsbekämpfung

Die Julis-Berlin unterstützen das „Neuköllner Modell“, das eine bessere Vernetzung von Polizei und Justiz gewährleistet. Somit können Prozesse und Strafen zeitnäher und effizienter ausgesprochen werden. In rechtlich eindeutigen Fällen muss auch das Mittel der Abschiebung konsequent umgesetzt werden. Menschen mit Migrationshintergrund in Polizei und öffentlichen Ämtern haben sich oft als sehr hilfreich erwiesen. Wir begrüßen einen noch stärkeren Einsatz dieser Bevölkerungsgruppen in diesen Berufszweigen.

Integration durch gezielte Projektförderung

Da die Jungen Liberalen Berlin Integration als einen gesamtgesellschaftlichen Prozess sehen, begrüßen wir Programme und Projekte, die sich aktiv an jenem Prozess beteiligen. Solche Projekte haben einen tieferen Zugang zu den wirklichen Problemen mit Migranten als es die Politik je haben wird. Projekte und Programme, die Wertevermittlung fördern, die deutsche Sprache lehren und zum interkulturellen Austausch beitragen sind vom Senat zu fördern und bürokratisch keine Steine in den Weg zu legen. Dabei muss es sich allerdings nicht zwangsweise um Bildungseinrichtungen oder kulturelle Austauschzentren handeln. Denn jede Art von gesellschaftlichem Engagement kann zu einem Integrationsfördernden Projekt werden, wenn Menschen mit und ohne Migrationshintergrund aufeinander treffen. Hier gilt es besonders die Attraktivität und die Bekanntschaft der Projekte für die unterschiedlichen Altersgruppen zu fördern. Sowohl Jugendclubs als auch Einrichtungen für Erwachsene besitzen noch viel ungenutztes Potenzial, denn erfolgreiche Integration bedeutet auch sinnvolle und interkulturelle Freizeitgestaltung. Nur in konstruktiver Zusammenarbeit mit institutionellen Vertretern verschiedener Migranten-gruppen ist ein Maß an Integration zu erreichen, mit dem alle Seiten leben können. Es ist die Aufgabe des Landes und der Bezirke, auf ihrer jeweiligen Ebene auf die Träger vorhandener Projekte und Institutionen, etwa Moschee-Vereine, zuzugehen um die Zusammenarbeit anzustoßen. Instrumente wie die “Islamkonferenz” auf Bundesebene und entsprechende “Runde Tische” sind wegen der Uneinigkeit der beteiligten Migrantenvertreter hingegen wenig zielführend. Zudem besteht ein Interesse an einer Beteiligung am gesellschaftlichen Leben durch Sportvereine, Jugendarbeit, Ehrenamt, Weiterbildung usw. Wir unterstützen soziale und kulturelle Programme wie „Sport spricht Deutsch“, die die Organisation von Feriencamps durch den LSB Berlin e.V. umfasst. Die Julis Berlin könne sich vorstellen „Stadtteilväter“ als Projekt analog zu den „Stadtteilmüttern“ einzuführen. FSJ und FÖJ-Programme oder Mentoringprogramme wie „Großer Bruder“ sollen finanziell besser ausgestattet werden.

Integration durch eine sinnvolle Stadtentwicklungspolitik

Integration und Zusammenleben hat immer auch eine räumliche Komponente. „Ghettoisierung“ fördert das Entstehen in sich geschlossener Parallelgesellschaften. Es muss im Interesse der Stadtplaner sein, Durchlässigkeit und Vernetzung auch im Wohnraum zu erreichen. Dazu gehört auch die Gewährleistung der Mobilität mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu vertretbaren Preisen. Es muss speziell auf Migranten abgestimmte kulturelle Angebote zum Kennenlernen anderer Stadtteile und öffentlicher Einrichtungen geben. Dies soll im Zusammenwirken mit Universitäten, Museen und kulturellen Vereinen geschehen. Das Quartiersmanagement muss einen Blick für Integrationsprobleme entwickeln. Staatliche und freie Träger müssen besser vernetzt werden. Mittel müssen breiter und gleichmäßiger verteilt werden. Es darf keine Fokussierung auf Vorzeigeprojekte geschehen. Ebenso muss die Vergabe solcher Mittel evaluiert werden, um Korruption und Missbrauch zu verhindern.

Nein zum Burkaverbot!

Die Jungen Liberalen Berlin sprechen sich gegen ein Burka-Verbot aus. Wir fordern von der FDP, dass sie die Bundesregierung vom Aufspringen auf den Verbotszug, der momentan durch Europa rollt, abhält.

Berlin braucht kein wirkungsloses Integrationsgesetz

Die Jungen Liberalen Berlin fordern den Berliner Senat auf die Pläne für das Berliner Partizipations-und Integrationsgesetz zu stoppen. Anstatt auf Symbolpolitik und staatliche Steuerung zu setzen, bedarf es einer wirkungsvollen Bildungs-und Wirtschaftspolitik, um den Anforderungen und Problemen der Integration zu begegnen.

Stadteilmütter

Die Jungen Liberalen fordern die Ausweitung des in Neukölln erfolgreich durchgeführten Projekts “Stadtteilmütter” auf andere Berliner Bezirke, die integrationspolitische Mängel im bildungspolitischen bzw. erzieherischen Bereich aufweisen.

Einheitliche Kriterien für Sprachtests bei Einbürgerungen

Die Jungen Liberalen fordern die Einführung eines bundeseinheitlichen Sprachtests im Rahmen des Einbürgerungsverfahrens von Ausländern. Das Bestehen dieses Sprachtest muß Voraussetzung für die Erlangung der deutschen Staatsbürgerschaft sein, sofern die zur Einbürgerung erforderlichen Sprachkenntnisse nicht anderweitig (z.B. durch ein abgeschlossenes Studium an einer deutschen Hochschule, den vierjährigen erfolgreichen Besuch einer deutschen Schule o.ä.) nachgewiesen werden können.

Ausreichende Deutschkenntnisse sind ein notwendiges Kriterium, um aktiv an unserer Gesellschaft teilzuhaben. Soziale und wirtschaftliche Integration kann nur in ausreichendem Maße erfolgen, wenn sich der einzelne hinlänglich in der deutschen Sprache verständigen kann. Soziale Integration stößt ohne Deutschkenntnisse des Betroffenen sehr schnell an ihre Grenzen.

Wichtig ist bei diesem Verfahren allerdings, daß dieser Test bundeseinheitlich gestaltet wird und dem behördlichen Ermessensspielraum so weit wie möglich entzogen wird. Nur so kann für alle Einbürgerungswilligen Chancengerechtigkeit unabhängig vom Wohnsitz garantiert werden. Die Messlatte der deutschen Sprachkenntnisse darf weder vom Bundesland, noch von der beruflichen Stellung des einzelnen abhängen. Des weiteren muss er in angemessenem Verhältnis zu den sprachlichen Anforderungen des täglichen Lebens stehen; der Schwierigkeitsgrad des Tests muß auf einem Niveau gehalten werden, daß die Fähigkeiten eines Sprechens und Verstehens im Alltag prüft, aber keine weiteren akademischen Voraussetzungen stellt.