Für mehr Freiheit in der Medizin

Für die persönliche Entfaltung jedes Einzelnen ist ein adäquater Gesundheitszustand von größter Bedeutung, weshalb der Wert einer guten medizinischen Versorgung kaum überbewertet werden kann. Trotz einer außerordentlich hohen Abgabenlast ist es dem deutschen Gesundheitssystem aktuell nicht möglich, den berechtigten Ansprüchen der Bürger in Land und Stadt gerecht zu werden. Hierfür sind vor allem die schlechten Rahmenbedingungen der Medizin-Branche verantwortlich. Besonders eindrücklich gescheitert ist in diesem Zusammenhang die signifikante Einschränkung der Niederlassungsfreiheit, die deutlich mehr geschadet als genützt hat.

Auch bei einem Versorgungsgrad über 110 Prozent sollte die Niederlassungsfreiheit daher als Regelfall erhalten bleiben. Nur wenn die Landesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen bei einer Überversorgung negative Auswirkungen sehen, sollten sie Zulassungssperren verhängen können.

Statt die Entscheidungsfreiheit von Medizinern unnötig einzuschränken, muss an erster Stelle ein ausreichendes Angebot von Studienplätzen sichergestellt werden – vor allem in Hinsicht auf die ländliche Versorgung. Daher müssen Hochschulen, die den Studiengang Humanmedizin anbieten, ihre entsprechenden Kapazitäten um fünf Prozent steigern. Die hierdurch geschaffenen zusätzlichen Studienplätze sind an Studenten zu vergeben, die sich für 8 Jahre als „Landarzt“ verpflichten, ihren Beruf in einem Planungsbereich auszuüben, der bei Berufsantritt einen Versorgungsgrad von unter 60% aufweist. Diese „Landarztstudienplätze“ sind in getrennt von den Verfahren für die anderen Medizinstudienplätze zu vergeben. Dabei setzen wir uns für ein Verfahren ein, dass die Abiturnote mit Zulassungstests kombiniert, um die konkrete Eignung von Bewerbern für den Studiengang genauer zu prüfen.

In diesem Zusammenhang begrüßen wir es auch, wenn Hochschulen, die medizinische Lehrgänge anbieten, zusammen mit Kommunen in der Umgebung Freizeitangebote für Medizinstudenten einrichten, die dazu führen, dass diese das Land- als Alternative zum Stadtleben erfahren.

Um weiterhin die allgemeine Arbeitslast von ländlich tätigen Ärzten verringern zu können, sollte eine Zusatzausbildung für Medizinische Fachangestellte und für Medizinisch-Technische Assistenten konzipiert werden. Die Details sind von den Ärztekammern zu erarbeiten.

Zudem sollte für eine besondere Achtsamkeit im Umgang mit dem Notruf geworben werden. Dieser wird häufig auch in Situationen abgesetzt, die ein solches Handeln grundsätzlich nicht verlangen. Auch ein Arztbesuch sollte wohl überlegt sein. Als vielversprechend erachten wir hier ein Projekt nach Vorbild der #NoNotruf Kampagne der Berliner Polizei. Eine weitere Quelle unnötiger Ressourcenbeanspruchung im Gesundheitssystem sind Arztbesuche von Patienten mit harmlosen Kurzzeiterkrankungen, die keine medizinische Betreuung, sondern lediglich die Ausstellung einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung benötigen. Um die Nachfrage nach derartigen Arztbesuchen zu senken, soll das in vielen Tarifverträgen vereinbarte, unter anderem im öffentlichen Dienst praktizierte Krankschreibemodell (Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbecheinigung erst ab dem dritten Krankheitstag) als gesetzliche Regel im Entgeltfortzahlungsgesetz verankert werden. Häufen sich bei einzelnen Arbeitnehmern kurzzeitige Krankmeldungen ohne Attestvorlage, ist der Arbeitgeber berechtigt, nach Anhörung der ggf. zuständigen Personalvertretung für diese Arbeitnehmer eine Attestpflicht ab dem ersten Fehltag anzuordnen.

Ferner muss die Versorgungsstruktur den Vorstellungen der Ärzte hinsichtlich ihrer Berufsausübung Rechnung tragen, um eine gute medizinische Versorgung sicherstellen zu können. Vor allem in ländlichen Regionen sehen wir daher große Chancen in Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) im Sinne des § 95 SGB V – vor allem in Kombination mit gegebenenfalls staatlich geförderten Shuttle-Services, die das Abdeckungsgebiet der einzelnen Einrichtungen erhöhen.

Ergänzend muss der schleichende Wertverfall von Arztpraxen schnellstmöglich gestoppt werden, der in der Vergangenheit durch die divergierenden Preise zwischen den ärztlichen Leistungen im Krankenhausbereich und denen von Niedergelassenen verursacht wurde. § 87 SGB V hat daher nach Vorbild der sogenannten Meistbegünstigungsklausel im Sinne des § 10 Abs. 6 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) angepasst zu werden.

Für einen gesunden Krankenversicherungsbeitrag für studentisch Beschäftigte

Wer neben seinem Studium in geringfügigem Ausmaß arbeitet und dabei nicht mehr als 450 Euro pro Monat verdient, gilt als sogenannter Minijobber und muss als Arbeitnehmer keine Sozialabgaben abführen. Arbeitet man nun aber etwas mehr oder erhält eine Gehaltserhöhung, sodass sich das monatliche Gehalt auf mehr als 450 Euro erhöht, fallen sofort Sozialbeiträge auf den gesamten Verdienst an. Gleiches gilt für Werkstudenten, bei ihnen liegt die Grenze schon bei 445 Euro. Besonders stark wirkt sich hier der Beitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und zur gesetzlichen Pflegeversicherung aus. Hier fällt sofort ein Pauschalbeitrag an, der sich auf 13,27 Prozent (10,22 Prozent GKV-Beitrag zzgl. 3,05 Prozent Pflegeversicherungsbeitrag) des aktuellen BAföG-Bedarfssatzes beläuft und der sich außerdem um einen individuellen Zusatzbeitrag der jeweiligen Krankenversicherung erhöht.

Stand Oktober 2019 beläuft sich dieser Beitrag also auf über 100 Euro im Monat – ganz egal ob, man nun 451 Euro oder 2000 Euro verdient. Diese Regelung bevorteilt nicht nur in erheblichem Maße sehr gutverdienende Studenten, sondern führt auch zu der absurden Situation, dass ein Student bei einem Monatsverdienst von 500 Euro allein durch den Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag netto rund 50 Euro weniger verdient als bei einem – von Abgaben befreiten – Arbeitsverhältnis über 450 Euro pro Monat. Dieses System ist in höchstem Maße leistungsfeindlich und muss geändert werden.

Als Junge Liberale Berlin fordern wir deshalb die Einführung eines Freibetrags
von 450 Euro für alle Sozialabgaben, die für den studentisch Beschäftigten anfallen. Auf das Einkommen, das den Freibetrag übersteigt, sollen die regulären Beitragssätze anfallen. Im Falle einer Veränderung der Minijob-Grenze soll auch
der Freibetrag entsprechend angepasst werden. Des Weiteren fordern wir, die beiden Grenzen von Minijobbern und Werkstudenten zu vereinheitlichen, also derzeit bei 450 Euro.

Die neue Berliner Linie in der inneren Sicherheit

Die Jungen Liberalen Berlin setzen sich für eine freiheitliche Sicherheitspolitik ein, die sich an der realen Bedrohungslage einerseits und den tatsächlich erforderlichen Maßnahmen andererseits orientiert. Im Zentrum steht für uns die Freiheit des Einzelnen, deren Verletzung durch Straftaten verhindert oder zumindest sanktioniert werden muss. Genauso bildet die Freiheit des Einzelnen aber auch die Grenze polizeilichen Handelns bei der Verbrechensprävention und den Befugnissen von Sicherheitsbehörden.

Das 21. Jahrhundert und die damit einhergehende Digitalisierung bieten neue Herausforderungen und Möglichkeiten für die Sicherheitsbehörden in Berlin. Intimste Lebensbereiche können mithilfe von Überwachung zugänglich und Polizeigesetze beschlossen werden, die immer stärker in die Grundrechte eingreifen, ein Behördenversagen, das massivste rechtsextremistische Straftaten nicht verhindern konnte, und fehlende Antworten auf Kriminalität von Jugendlichen – vor diesen Herausforderungen steht die liberale Sicherheitspolitik in Berlin.

Grundlage für die Gewährleistung der Sicherheit ist immer eine funktionierende wie effiziente Polizeiarbeit und Justiz, die in der Lage ist, Recht durchzusetzen. Polizei, Justizvollzug, Staatsanwaltschaften und Gerichte in Berlin müssen endlich besser ausgestattet sowie bezahlt werden und brauchen umfassend bessere Arbeitsbedingungen. Berlin braucht mehr Polizisten und muss den aktuellen Beamten endlich Überstunden ersetzen und Zeit für ihr Training geben. Auch die Beamtenbesoldung muss endlich mindestens den Bundesdurchschnitt erreichen.

NEUE SICHERHEITSGESETZE FÜR BERLIN

Berlin braucht ein neues Polizeigesetz. In den Anstrengungen, ein bundesweites Musterpolizeigesetz zu schaffen, könnte Berlin die Gelegenheit nutzen, nicht nur Probleme des aktuellen Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes (ASOG) zu beseitigen, sondern auch dafür zu sorgen, dass ein liberaler Entwurf für die Eingriffsrechte der Polizei geschaffen wird. Dabei müssen folgende Punkte beachtet werden:

  • Wir lehnen eine Einführung von unbestimmten Rechtsbegriffen, wie z.B. der „drohenden Gefahr“, die lediglich eine uferlose Erweiterung von Grundrechtseingriffen zum Ziel haben, in das Berliner Polizeigesetz ab. Durch diese werden massive Überwachungsmaßnahmen möglich, die ohne konkrete Gefahr durchgeführt werden können.
  • Kontrollbereich bzw. Gefahrengebiete nach dem ASOG, in denen Identitätsfeststellungen und Durchsuchungen ohne Verdachtsmomente an sog. kriminalitätsbelasteten Orten durchgeführt werden können, lehnen wir ab. Solche anlasslos durchgeführten Kontrollen laden insbesondere zu Diskriminierung und Racial Profiling ein und sind daher nicht mit liberalen Werten vereinbar. Solange diese Maßnahmen jedoch durchgeführt werden, müssen diese auch transparent gemacht werden. Eine nicht-öffentliche Bekanntgabe solcher Maßnahmen muss in Berlin folglich unterlassen werden.

Eingriffe in Grundrechte müssen stets an strenge Voraussetzungen geknüpft werden. Aufenthaltsgebote, bei denen als gefährlich eingestufte Personen auf bestimmte Gebiete beschränkt werden können, sollen künftig mit einer maximalen Dauer von zwei Monaten und allein unter richterlichem Vorbehalt verhängt werden können. Den präventiven Einsatz von sogenannten elektronischen Fußfesseln lehnen wir ab, da diese weder technisch zur Zielerreichung geeignet noch aufgrund des starken Eingriffs
in die Bürgerrechte verhältnismäßig sind. Auch der Präventivgewahrsam nach dem Vorbild des bayerischen Polizeiaufgabengesetzes ist unverhältnismäßig. Sofern ein Gewahrsam angeordnet worden ist, kann er nicht durch richterlichen Beschluss verlängert werden. Stattdessen muss bei konkreten Gefahren genügend Personal zur Observierung bereitgestellt werden.

Wenn große öffentliche Veranstaltungen stattfinden, entstehen insbesondere im Fußball hohe Belastungen für Polizei und Sicherheitskräfte. Diese Kosten sollten, soweit sie über ein übliches Maß hinausgehen, vom Verursacher getragen werden. Über die Außerordentlichkeit der Kosten sollte ein Gericht entscheiden.

  • Die zunehmende Militarisierung der Polizei ist eine falsche Entwicklung. Wir lehnen den Einsatz von unkontrolliert tödlich wirkenden Waffen (bspw. Sprenggranaten) bei der Polizei entschieden ab. Die Anschaffung zusätzlicher Sonderwagen sehen wir kritisch, da konkrete Einsatzmöglichkeiten im Vergleich zu den Kosten unverhältnismäßig erscheinen. Dagegen können Maschinenpistolen in Ausnahmesituationen ein adäquates Mittel darstellen.
  • Wir unterstützen eine neue Kennzeichnungspflicht von Polizisten bei Demonstrationen. Dabei soll jedem Polizeibeamten vor dem Einsatz ein temporäres Pseudonym zugeordnet werden. Diese Zuordnung muss zeitlich begrenzt gespeichert werden. Dieses Pseudonym darf darüber hinaus nicht direkt auf eine dritte natürliche Person zurückgeführt werden können.

Wir unterstützen den Einsatz von Bodycams bei der Polizei. Ihre Nutzung kann nicht nur dazu führen, dass Straftaten der Bürgerinnen und Bürger dokumentiert werden, sie dienen auch der Selbstkontrolle der Polizei. Dabei müssen Beweiserhebung, -speicherung und -verwertung organisatorisch und strukturell voneinander getrennt sein. Die dabei erhoben Daten müssen strikt außerhalb des Zugriffsbereichs der dabei betroffenen Einsatzkräfte gespeichert werden. Insbesondere die Datensicherung muss zum Zweck des Datenschutzes in Deutschland stattfinden.

  • Wir fordern die Einführung eines Polizeibeauftragten des Abgeordnetenhauses von Berlin. Nach dem Vorbild des Wehrbeauftragten des Bundestages soll dieser als unabhängige Institution des Abgeordnetenhauses fungieren. Der Polizeibeauftragte soll dabei sowohl für Beamtinnen und Beamte als auch für Bürgerinnen und Bürger ansprechbar sein. Er soll strukturelle Defizite innerhalb der Polizei benennen, aber auch für einzelnes Fehlverhalten ansprechbar sein.
  • Um das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung zu steigern und niedrigschwellige Gesprächskanäle zwischen Polizei und Bevölkerung zu schaffen, fordern wir insbesondere in einsatzintensiven Kiezen die Wiedereinführung von Kontaktbereichsbeamten.
  • Als Junge Liberale sind wir besorgt über die zunehmende Gewalt in der Rigaer Straße 94. Wir verurteilen die Übergriffe und Gewalttaten gegen Anwohner und Polizei und fordern den Berliner Senat auf, seine Toleranzpolitik gegenüber linksextremer Gewalt aufzugeben. Es müssen alle rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft werden, um das Gebäude zu räumen und den Rechtstaat konsequent durchzusetzen.
  • Die sogenannte Berliner Linie bei Hausbesetzungen, bei welcher besetzte Häuser binnen 24 Stunden geräumt werden, soll weiterhin angewandt und nicht aufgeweicht werden.

Zudem fordern wir ein neues Versammlungsfreiheitsgesetz für Berlin. Seit der Föderalismusreform 2006 haben die Länder die Zuständigkeit für Versammlungsgesetze, doch Berlin greift weiterhin auf das Bundesgesetz für Versammlungen zurück. Dabei ist Berlin als Bundeshauptstadt in einer besonderen Situation: Durchschnittlich findet zwölfmal am Tag eine Demonstration statt.

Das neue Versammlungsrecht sollte sich dabei vor allem auf die Gewährleistung der Versammlungsfreiheit konzentrieren. So muss dringend verhindert werden, dass bei der Anmeldung einer Versammlung der Eindruck durch die zuständigen Behörden erweckt wird, dass Versammlungen genehmigungspflichtig sind, um bei der Anmeldung Änderungen zu erzielen. Die zuständigen Behörden sind daher zu verpflichten, auf die Genehmigungsfreiheit von Versammlungen ausdrücklich hinzuweisen. Versammlungsverbote müssen auf absolute Ausnahmen beschränkt sein. Wir fordern die polizeilichen Einsatzkräfte auf, unter Umständen von Auflagen bei Demonstrationen Gebrauch zu machen, um die freiheitlich demokratische Grundordnung zu schützen. Allgemeinverfügungen, die pauschale Verbote für bestimmte Zeiten oder Orte aussprechen, werden dem nicht gerecht und können nur in absoluten Ausnahmefällen erlassen werden. Eine automatisierte Gesichtserkennung darf nicht zulässig sein.

DIGITALISIERUNG DER POLIZEIARBEIT

Durch die voranschreitende Digitalisierung werden auch immer mehr höchstpersönliche Informationen digital gespeichert. Für den Einzelnen sind diese Erleichterung und Fortsetzung des eigenen Lebens im digitalen Raum nicht mehr wegzudenken. Doch auch Sicherheitsbehörden sehen hier ein neues Betätigungsfeld, dass für einen möglichen Zugriff erreichbar wird. Die Herausforderung besteht im Erreichen eines Ausgleichs zwischen den Persönlichkeitsrechten der Bürgerinnen und Bürger und der Aufgabe der Polizei, Straftaten aufzuklären sowie in der in der digitalen Welt ermitteln zu können.

  • Statt der Vorratsdatenspeicherung sprechen wir uns für ein „Quick Freeze“-Verfahren aus, dass erst nach richterlichem Beschluss und unter strengen Speicherungsbedingungen und Löschfristen beginnen darf. Dadurch werden massive Eingriffe in die Metadaten aller Bürgerinnen und Bürger verhindert und der Generalverdacht aufgehoben. Stattdessen werden nur Informationen über tatsächliche Verdächtige gespeichert.
  • In der verdeckten Online-Durchsuchung mittels sog. Staatstrojaner sehen wir einen besonders kritischen Eingriff in die Grundrechte. Denn anders als bei einer herkömmlichen Durchsuchung wird hier verdeckt auf die Daten und Privatsphäre zugegriffen. Wir sprechen uns daher gegen die Online-Durchsuchung und den Einsatz von Staatstrojanern aus. Auch die Quellentelekommunikationsüberwachung ist in unseren Augen keine verfassungsmäßige Form der Überwachung von Bürgerinnen und Bürgern.
  • Kameraüberwachung soll ausschließlich an kriminalitätsbelasteten Schwerpunkten eingesetzt werden, um einen Vorteil bei der Aufklärung von Straftaten zu erlangen. Die Installation der Kameras soll nur für einen begrenzten Zeitraum genehmigt und ein Verlängerungsantrag erst nach einer Evaluation der Wirksamkeit bzw. der Notwendigkeit dieser Maßnahme gestellt werden können.
  • Eine flächendeckende Überwachung lehnen wir ab. Ein automatischer Abgleich von personenbezogenen Daten (wie z.B. bei der
    automatischen Gesichtserkennung) ist ein erheblicher Eingriff in die Anonymität des öffentlichen Raums und stellt alle Bürgerinnen und Bürger unter einen Generalverdacht. Solche Maßnahmen lehnen wir ab. Alle Bürger haben das Recht auf Anonymität im öffentlichen Raum. Ebenso soll die Überwachung von Kennzeichen im Straßenverkehr nur anlassbezogen erfolgen.
  • Auch das Erstellen von Bewegungsprofilen durch die Polizei einzelner Bürgerinnen und Bürger ist für uns ein unzulässiger Eingriff in die individuelle Freiheit.
  • Es bedarf mehr Transparenz bei der Überwachung von Bürgerinnen und Bürgern. Grundsätzlich muss in Zukunft Datenerhebung, Datenspeicherung und Datennutzung organisatorisch und strukturell voneinander getrennt
  • Predictive Policing kann einen sinnvollen Beitrag zur Polizeiarbeit leisten. Die Digitalisierung soll der Polizei nicht verschlossen werden, aber die Sicherheitsbehörden müssen an einen engen gesetzlichen Rahmen gebunden werden. Das Predictive Policing soll nur auf Basis von aggregierten und anonymisierten Daten angewendet werden, um präventiv Straftaten zu verhindern, nicht aber bezogen auf persönliche Daten von Tätern oder Opfern. Dabei können etwa Risikogebiete oder -zeiten identifiziert werden, nicht aber Ermittlungen gegen Einzelpersonen eingeleitet werden.
  • Der Einsatz von Drohnen bei der Polizei kann nur bei konkretem Anlass eine sinnvolle Ergänzung der Einsatzmittel sein. Immer dann, wenn Übersichtsaufnahmen angefertigt werden müssen (bspw. bei Verkehrsunfällen), können Drohnen eine Hilfe sein. Bei Demonstrationen aber muss durch ausreichenden Abstand zwischen Drohne und Demonstrationszug dafür gesorgt werden, dass Menschen nicht von ihrem Demonstrationsrecht abgehalten werden.

Die Bekämpfung von Cyberkriminalität muss fester Bestandteil einer modernen Polizei sein. Sicherheitsbehörden müssen auch für z. B. Informatiker attraktiv werden, die keine reguläre Polizeiausbildung durchlaufen haben. Regelmäßige digitale Fortbildungen müssen im Polizeibetrieb Pflicht werden. Ebenso muss eine Grundlage für eine gemeinsame digitale Sicherheitsarchitektur von Bund und Ländern geschaffen werden, die einen reibungslosen Informationsaustausch und eine bessere Kommunikation zu ermöglichen.

SICHERHEITSARCHITEKTUR

Die Vorkommnisse rund um den NSU oder den Anschlag am Breitscheidplatz zeigen, dass die Sicherheitsarchitektur in Deutschland reformbedürftig ist. Die notwendige Übermittlung und Kommunikation von Informationen ist nicht ausreichend sichergestellt. Plattformen zum Austausch sind zwar institutionalisiert und elementar in der Kriminalitätsbekämpfung, unterliegen jedoch keiner ausreichenden parlamentarischen Kontrolle. Aus diesen Fehlern müssen Konsequenzen gezogen werden und die Sicherheitsarchitektur derart reformiert werden, dass die Zuständigkeiten auf die passende Ebene verschoben werden, Prozesse transparent werden und die Zusammenarbeit optimiert wird.

  • Die Landeskriminalämter von Berlin und Brandenburg müssen stärker kooperieren. Es ist nicht notwendig, dass jedes Bundesland alle Spezialfähigkeit vorhält. Vielmehr ermöglicht eine bessere Zusammenarbeit zwischen den Bundesländern eine effektivere Kriminalitätsbekämpfung.
  • Mittelfristig müssen die Landesämter für Verfassungsschutz von Berlin und Brandenburg fusionieren. Gerade in Berlin und Brandenburg stellen unterschiedliche Zuständigkeiten zwischen Berlin und dem „Speckgürtel“ künstliche Hindernisse dar. Langfristig müssen alle Landesämter für Verfassungsschutz aufgelöst werden und die Aufgaben und Ressourcen an das Bundesamt für Verfassungsschutz übertragen werden.
  • Es muss eine verbindliche Rechtsgrundlage für die bundes- und länderübergreifenden Kooperationsplattformen wie das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum etc. geschaffen werden, damit klare Zuständigkeiten entstehen, Prozesse endlich klar geregelt sind und die Austauschplattformen einer parlamentarischen Kontrolle zugänglich sind.
  • Eine europäische Institution zur Terrorbekämpfung muss eingerichtet werden, bei der alle relevanten Informationen zusammengeführt werden und für die Sicherheitsbehörden der Länder zugänglich sind. Ebenso müssen rechtssichere Einsatzgrundlagen für grenzüberschreitende Einsätze innerhalb der EU bei Gefahr im Verzug geschaffen werden.
  • Obwohl V-Personen einen erheblichen Vorteil bei der Strafverfolgung bieten können, zeigte sich im Rahmen der Aufklärung des NSU und des Anschlags am Breitscheidplatz, dass V-Leute immer wieder unzuverlässige Quellen sind. Wir fordern daher eine bessere Kontrolle der Personen und lehnen insbesondere Tatprovokationen durch die V-Personen ab.

JUGENDKRIMINALITÄT

Vielfach wird der Eindruck erweckt, dass Jugendkriminalität vor allem aus schweren Straftaten besteht. Am häufigsten begehen Jugendliche jedoch Bagatelldelikte wie Sachbeschädigung oder das Erschleichen von Leistungen. Die meisten Jugendlichen sind keine Intensivtäter, sondern begehen eine bis wenige Straftaten, die nur eine Episode im Leben der Heranwachsenden abbilden, die sich mit persönlicher und sozialer Entwicklung und Reifung selbst erledigt.

Wir lehnen sowohl die Absenkung der Strafmündigkeit von 14 Jahren als auch eine generelle Anwendung des „Erwachsenenstrafrechts“ bei Jugendlichen ab.

Die Jungen Liberalen Berlin fordern:

  • Präventive Angebote müssen verstärkt werden, darunter etwa Anti-Gewalttrainings und Informationsveranstaltungen im Rahmen des Schulunterrichts und in Zusammenarbeit mit Sportvereinen, um Straftaten schon früh zu verhindern.
  • Ebenso ist eine bessere Verzahnung von Polizei und Jugendhilfe notwendig, etwa bei gemeinsamen Fallkonferenzen oder nach der Verurteilung.
  • Bei Mehrfachtätern ist es notwendig, Schulen, Eltern, Jugendämter und Polizei besser miteinander zu vernetzen, um Informationen zusammenzutragen und gezielter zu reagieren. Auch muss die Schulpflicht konsequent durchgesetzt werden.
  • Der Jugendstrafvollzug ist als grundsätzlich offener Vollzug auszugestalten, der sich aus einem Gesamtkonzept aus Rehabilitierungs- und Sozialisierungsmaßnahmen zusammensetzt. Sozialer Desintegration ist entgegenzuwirken. Dies umfasst eine Betreuung im Rahmen des sozialen Trainings sowie einer Schuldnerberatung und eine gemeinschaftliche Unterbringung in Wohngruppen nach dem Vorbild von “Therapeutic Communities”. Der Vollzug ist mit schulischen Bildungsprogrammen zu verbinden. Eine anschließende schulische oder berufliche Ausbildung sind zu forcieren. Nach Ende des verpflichtenden Vollzugsprogramms sind zudem freiwillige Betreuungsprogramme von bis zu zwei Jahren anzubieten.
  • Wir sehen ferner großen Handlungsbedarf bei der Bekämpfung von Clanstrukturen und begrüßen daher die Maßnahmen der Bezirksintegration und insbesondere einer zentralen Koordinierungsstelle. Als geeignete Präventivmaßnahme gegen den Einstieg von Jugendlichen in Clans fordern wir die Förderung von Jugendeinrichtungen.

 

FDP-Zielvorgaben als qualitative Vorgaben transparent umsetzen!

Die Jungen Liberalen Berlin streben die Gleichberechtigung von Mann und Frau an. Wir wünschen und begrüßen ausdrücklich die Repräsentation der gesellschaftlichen Vielfalt in den Parlamenten und Parteien als Ausdruck einer offenen und pluralistischen Gesellschaft. Zudem sprechen wir uns deutlich und klar gegen jede Art der Diskriminierung aus. Vielfalt sollte jedoch nicht auf einem gesetzlichen Zwang, sondern auf dem Prinzip der Freiwilligkeit beruhen. Aus diesem Grund lehnen wir die Festschreibung von Quotierungen im Wahlrecht bei öffentlichen Wahlen nach Herkunft, Geschlecht, Alter oder anderer akzidentieller Eigenschaften ab. Wahl-Quotierungen verstoßen ihrer Natur nach gegen ein Grundprinzip der Demokratie, nämlich gegen die freie Wahl.
Weil wir Jungen Liberalen für dieses Grundprinzip auch innerhalb unserer Mutterpartei einstehen, sehen wir die jüngst beschlossenen Zielvereinbarungen, die auch quantitative Zielvorgaben für Führungsgremien innerhalb der Partei ermöglichen, kritisch. Zwar begrüßen wir das Ziel von mehr Vielfalt auch in der Partei und erkennen an, dass die FDP eine Partei sein soll, die möglichst alle Bürgerinnen und Bürger anspricht. Allerdings sind wir als Junge Liberale überzeugt, dass sowohl bei uns als auch in unserer Mutterpartei noch nicht alle Maßnahmen jenseits von Zielvereinbarungen im Sinne quantitativer Vorgaben ergriffen wurden. Auch deswegen fordern wir eine transparente Umsetzung der beschlossenen Zielvereinbarungen im Sinne qualitativer Vorgaben unter Einbindung der FDP-Mitglieder und der Jungen Liberalen vor Ort. Wir JuLis werden darauf hinarbeiten, dass die Berliner FDP bei der Aushandlung und Umsetzung ihrer Zielvereinbarung nicht auf Mindestanzahlen von Frauen in Vorständen setzt. Vielmehr setzen wir zum einen auf Maßnahmen, die ein entsprechendes Problembewusstsein schaffen und auf der anderen Seite auf eine veränderte Kommunikation auch um politische Prozesse und Besetzung transparenter zu gestalten:

  1. Problembewusstsein in der Mitgliedschaft fördern, Verantwortungsbewusstsein bei Funktionsträgern stärken

a) Es wird ein jährlicher Bericht über Entwicklungen, Maßnahmen und Vorhaben zur Verbesserung des Frauenanteils in der Berliner FDP dem Landesvorstand, dem Landesausschuss und zumindest schriftlich dem Landesparteitag gegeben.
b) Die FDP Berlin bildet einen Arbeitskreis zur Erarbeitung, Umsetzung und Evaluierung von Maßnahmen zur Steigerung des Frauenanteils. Dieser Arbeitskreis soll aus Vertretern des Präsidiums, des Landesvorstands, der Bezirksverbände und Vorfeldorganisationen bestehen.
c) Die Orts- und Bezirksvorsitzenden der Berliner FDP werden aufgefordert, mindestens einmal im Jahr im Rahmen einer Vorstandssitzung den Frauenanteil ihrer Untergliederung zu diskutieren.
d) Die Bezirksverbände und der Landesverband sind aufgefordert, seine Veranstaltungsformate auf ihre Familienfreundlichkeit hin zu untersuchen. Neue Formate sollen ausprobiert werden. Der eingesetzte Arbeitskreis ist aufgefordert, eine Best-Practice-Sammlung zu erstellen. Der Landesverband unterstützt bei der konzeptionellen Umsetzung.
e) Durch den Landesvorstand soll eine Evaluation bestehender Veranstaltungsformate umgesetzt werden.
f) Die FDP Berlin gibt sich einen Code of Conduct für einen rücksichtsvollen Umgang miteinander.
g) Der Zielvereinbarung zwischen FDP Bundesverband und Landesverband soll ein Beschluss des Landesvorstands der FDP Berlin vorausgehen, welcher den Vereinbarungstext zum Gegenstand hat.
h) Die FDP Berlin richtet die Stelle einer Ombudsperson ein. Diese fungiert als Ansprechpartner für alle Mitglieder und hat die Aufgabe bei niederschwelligen Konflikten und Auseinandersetzungen als neutraler Vermittler zu schlichten sowie die Antragsumsetzung zu überwachen. Die Ombudsperson überwacht zudem das Voranschreiten der Maßnahmen zur Verbesserung des Frauenanteils. Die Ombudsperson beschäftigt sich auch mit Fehlverhalten wie Sexismus. Ein solches Fehlverhalten muss konsequent geahndet werden.
i) Wir haben das gemeinsame Ziel, viele Frauen für unsere Themen zu begeistern und sie zu aktiver Mitarbeit zu animieren. Wir sind überzeugt, dass wir als Verband mit einer breit aufgestellten Programmatik und neuen Formen der politischen Arbeit für alle liberal denkende Menschen eine Atmosphäre schaffen können, in der Frauen sich gerne einbringen können – und wollen.
j) Parteiengagement muss auch abseits klassischer Präsenzveranstaltungen möglich sein. Daher fordern wir digitale Mitmachangebote, um vielfältige Lebensmodelle mit dem Engagement bei den Jungen Liberalen und Freien Demokraten vereinbaren zu können. Die FDP soll sich daran auch ein Vorbild nehmen.
k) Gemeinsam mit der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit soll ein Empowerment-Programm eingeführt werden. Dieses soll zum Ziel haben, insbesondere Frauen und politischen Nachwuchs anzusprechen. Weiterhin sollen Workshops zur Vermittlung von Soft-Skills wie u.a. Teamführung und kollaboratives Arbeiten angeboten werden. Auch sollen dort die Anforderungen für Ämter transparent aufgezeigt werden.

  1. Positive Kommunikation als Grundlage einer offenen Partei Bereits mit dem Leitbildprozess haben sich die Freien Demokraten auf den Kern ihrer freiheitlichen Aussage besonnen und kommunizieren ihre Aussagen, Werte und Ziele positiv.

a) Wir wollen ein positives Bild unserer Arbeit und unserer Werte vermitteln. Daher verzichten wir auf negative Bilder, Verunglimpfungen und bloße Diffamierung des politischen Mitbewerbers. Diesem Ziel sollen sich Partei und Fraktion verpflichten.
b) Positive Kommunikation beginnt im Ortsverband! Daher arbeiten wir in allen Gliederungen der Berliner FDP an einer einladenden und respektvollen Gruppenkultur und Gruppenkommunikation. Teambuildingmaßnahmen und andere gemeinschaftsstiftende Veranstaltungen sollen auf allen Ebenen der Partei eingeführt und gefördert werden. Landesvorstand und Arbeitskreis unterstützen bei der Konzipierung solcher Maßnahmen.
c) Bei Verfehlungen und schwierigen kommunikativen Umfeld sollen sich Mitglieder an die Ombudsperson wenden können.
d) Der Landesvorstand der FDP Berlin soll eine Evaluation der Außenwirkung, der Öffentlichkeitsarbeit und der Ansprache von Interessierten durch Partei und Fraktion erstellen. Basierend hierauf sind Verbesserungsvorschläge zur internen und externen Kommunikation zu erarbeiten.
e) Alle hier genannten Maßnahmen zur Förderung von Frauen regelmäßig hinsichtlich ihrer Wirksamkeit zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen.
f) Transparentes aufzeigen von Anforderungen für Ämter, durch öffentliche Anforderungsprofile, die u.a. Aufgabenprofile und den Zeitaufwand beschreiben.

Am Ende steht für uns Junge Liberale Berlin das Ziel, viele Frauen für liberale Themen zu begeistern und sie zu aktiver Mitarbeit zu animieren. Wir sind überzeugt, dass die Freien Demokraten mit einer breiter aufgestellten Programmatik und neuen Formen der politischen Arbeit für alle liberal denkende Menschen eine Atmosphäre schaffen können, in der sie sich gerne einbringen können – und wollen. Mit steigendem Anteil an der Mitgliederzahl sind wir zuversichtlich, mittelfristig mehr Frauen für die Vorstandsarbeit begeistern zu können. Um dieses Ziel gemeinsam und mit breiter Unterstützung von Mitgliedern und Amtsträgern zu erreichen, fordern wir die FDP auf, die Diskussion rund um die Umsetzung des
Parteitagsbeschlusses offen und nicht nur in Führungsgremien zu führen. Das Verhalten des FDP-Bundesvorstandes, welcher den Beschluss über Zielvereinbarungen nicht dem Bundesparteitag unterstellen wollte, kritisieren wir ausdrücklich. Wir sind zuversichtlich, dass die Debatte um parteiinterne Vielfalt zukünftig offen und transparent geführt wird, weil sie alle angeht. Daran wollen und werden wir Jungen Liberalen mitarbeiten.