VERKEHRSPOLITIK

Persönliche Mobilität ist ein Grundbedürfnis – ob zum Supermarkt, zur Arbeit, zu Freunden und Familie oder in den Urlaub – jeder solle frei wählen können, ob er zu Fuß, auf Skates, Rad fahrend, mit dem Auto, per Bus und Bahn oder im Flugzeug zu seinem Ziel kommt.

Berlin hat für eine Metropole ein vorzeigbares Verkehrsnetz. Doch dieses muss instand gehalten und saniert sowie dessen Lücken geschlossen werden. Es muss zukunftsfähig und nachhaltig in die Infrastruktur investiert werden. Denn wer nicht gleich Geld sparend kleine Schönheitsreparaturen durchführt, muss spätestens nach dem nächsten Winter eine teure Komplettsanierung vornehmen.

Das Land Berlin ist ein schlechter Verkehrsunternehmer. Die Vermischung von unternehmerischem Handeln einerseits mit Daseinsvorsorge und politische Opportunität auf der anderen Seite schwächt die Wettbewerbsfähigkeit und die Effizienz der Unternehmen der öffentlichen Hand, erhöht den Subventionsbedarf und verteuert die Mobilität insgesamt.

Aufgabe des Landes Berlins ist es, Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, Mobilität für alle zu gewährleisten. So muss Mobilität für jedermann bezahlbar sein. Sie darf nicht zum Luxusgut für Wohlhabende werden, indem sie zu Steuern- und Abgabenerhöhungen oder zur speziellen Finanzierung anderer staatlicher Leistungen, wie des Rentensystems, missbraucht wird.

Berlin ist ein Knotenpunkt von Schienen- und Luftfahrtswegen sowie von Land- und Wasserstraßen.

Die Binnenschifffahrt

Die Binnenschifffahrt ist, gemessen am Primärenergieeinsatz pro beförderte Tonnage, der umweltfreundlichste Verkehrsträger. Ihr Einsatz macht nur Sinn, wenn auch die Anbindung an die anderen Verkehrswege erhalten bleibt. Die Berliner Schifffahrtswege und Häfen sind umweltschonend zu pflegen und zu erhalten und ggf. neuen Erfordernissen anzupassen.

Die Schienenwege

Neben der Schifffahrt gehört der Verkehr auf Schienen zu den umweltfreundlicheren. Im Personenverkehr sind in den letzten Jahren Zuwachsraten zu verzeichnen und auch der Güterverkehr erlebt u.a. wegen Lkw-Maut, der Verteuerung der Energieressourcen und dem Wirtschaftsaufschwung einen Boom. Die noch vorhandenen Güterbahnhöfe sind zur Entlastung des Straßennetzes zu erhalten und logistisch besser einzubinden.

Eine gute Bahnanbindung ist besonders unter ökologischen Aspekten wichtig:Ein guter Fernverkehrsanschluss kann unwirtschaftliche und unökologische Kurzstreckenflüge ersetzen; ein gut ausgebauter Nahverkehr macht umweltschädigende Pendlerfahrten mit dem Auto überflüssig. Die Luftwege Berlin als Weltmetropole muss Drehkreuz des Ostens werden. Dabei ist eine hervorragende stadt- sowie fernbahnliche Anbindung der Flughäfen genauso wichtig wie ein Businessflughafen Tempelhof, der für Geschäfts- und Privatmaschinen geöffnet bleiben muss.

Eine gute Verkehrsanbindung des Flughafens BBI, besonders im Schienennetz des Nah- und Regionalverkehrs, ist wichtig, damit viele Fluggäste mit der Bahn (der Haupteinzugsbereich von BBI wird Berlin und Brandenburg sein) anreisen.

Der Straßenverkehr

Die Straße ist und bleibt der Hauptverkehrsträger im Personen- und Güterverkehr. Dabei hat der Autoverkehr in Berlin einen Anteil von ca. 38% am Gesamtverkehr, der ÖPNV ca. 27%, der Radverkehr ca. 10%, der Fußverkehr ca. 30% an allen Wegen in Berlin. Ein flüssiger Verkehr ohne Staus spart nicht nur Zeit und Kraftstoff, sondern schont auch die Umwelt und den Geldbeutel und entlastet die Wohngebiete beim Schleichwegverkehr.

So ist ein konsequenter Ampelbetrieb mit Grüner Welle bei mindestens Tempo 50 km/h Voraussetzung für einen möglichst gleichmäßigen Verkehrsfluss. Zwar ist sie aus verkehrsplanerischen Gründen nur schwer durchsetzbar, trotzdem ist eine weitgehende Realisierung auf den wichtigen Hauptstraßen, sofern machbar, zu begrüßen. Eine Vorrangschaltung für den ÖPNV ist jedoch mit einzubeziehen, auch die Fußgängerampeln müssen passantenfreundlicher geschaltet werden. Gerade auf wichtigen Kreuzungen müssen Fußgänger teilweise bis zu 2 Minuten auf die nächste Grünphase warten, so dass viele von ihnen auch schon bei Rot versuchen die Straße zu überqueren. Alles in allem handelt es sich beim Ist-Zustand nicht nur um eine große Unfallquelle, sondern benachteiligt auch die Passanten gegenüber dem Straßenverkehr.

Nachts sind ausschließlich wichtige Ampelanlagen in Betrieb zu halten. Eine diesbezügliche Überprüfung soll in regelmäßigen Abständen durchgeführt werden. Hierbei sind jedoch auch Aspekte der Verkehrssicherheit (Fußgängerverkehr gibt es auch in der Nacht) in die Überlegungen mit einzubeziehen. Baustellen sind bedeutende Verursacher von Staus. Die Fahrspuren sind daher zugunsten des flüssig fließenden Verkehr an Baustellen mit einer Mindestdauer von voraussichtlich 4 Wochen dem Verkehrsfluss anzupassen. Auch sind Ampelschaltungen den sich daraus ergebenen Umleitungen anzupassen. Gegebenenfalls ist die Vorfahrt vorübergehend neu zu regeln.

Tempo-30-Zonen sind für reine Wohngebiete eine wichtige Errungenschaft, um Lärm und die Belastung von Abgasen zu senken und die Wohnqualität zu erhöhen. Jedoch haben sie auf Hauptverkehrswegen sowie Durchgangsstraßen nicht immer den erwünschten Effekt. Ein eindeutiger Kriterienkatalog, der auch Unfallschwerpunkte, Lärmschwerpunkte, Schulen, Kindergärten etc. mit einbezieht, soll dazu dienen, solche Tempo-Zonen auf Hauptverkehrsstraßen nur dort einzurichten, wo auch wirklich Bedarf besteht. Der so genannte Doblispiegel soll bei allen LKW nachgerüstet werden, um unsere Kinder und uns besser zu schützen.

Der Radverkehrsanteil beträgt momentan 10%, darum ist ein ausgeglichener und angemessener Ausbau sicherer Radverkehrsanlagen vonnöten. Gleichzeitig sollen die Radfahrspuren von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang von Skatern und Rollschuhfahrern benutzt werden, wenn diese zum mindest mit je einem Reflektor an Arm und Bein an der zur Fahrbahn zugewandten Seite ausgestattet sind.

Eine City-Maut sowie eine übertriebene Parkraumbewirtschaftung als Mittel zur Füllung der Staatskasse werden abgelehnt. Sie soll Einwohner und Gewerbebetreibende unterstützen. Deshalb sollen stadtweit Bewirtschaftungszonen maximal bis 19 Uhr gelten. Ferner soll in allen Bezirken eine kostenfreie Kurzparkzeit von 15 Minuten eingeführt werden (Brötchentaste). Berlin braucht ein leistungsfähiges Verkehrs- sowie Parkleitsystem, das an ein attraktives „Park and Ride“-Angebot (P + R) und den ÖPNV angebunden ist und somit die Innenstadt entlastet.

Berlin ist eine grüne Stadt mit vielen Straßenbäumen. Dieser Baumbestand muss gepflegt und vergrößert werden, da er die grüne Lunge Berlins ist. Dabei ist jedoch darauf zu achten, dass solche Baumsorten gepflanzt werden, die sowohl den Herbststürmen trotzen als auch die Autolacke nicht durch Harze oder Früchte schädigen.

Auch behinderte Menschen brauchen mobile Freiheit. Dabei ist Barrierefreiheit umfassend zu verstehen. Sie bezieht sich einerseits auf die Zugänglichkeit von öffentlichen Gebäuden und Plätzen, abgesenkten Bordsteinkanten und ebenen Gehwegen als auch auf die Nutzbarkeit öffentlicher Verkehrsmittel. Behindertengerechte Rampen, Aufzüge oder visuelle und auf Tastsinn beruhende Orientierungsmöglichkeiten und Leitsysteme sollen bereits beim Bau berücksichtigt werden. Viele Bahnhöfe sind mittlerweile rollstuhl- jedoch nicht behindertengerecht ausgestattet. Hier besteht dringender Handlungsbedarf.

Straßenausbau in Berlin darf nicht zulasten des Radfahr-, Fußgänger- oder öffentlichen Nachverkehrs gehen. Ein Miteinander der Verkehrsmittel muss zwingend gegeben sein; so bedarf es beim Neubau von Straßen konsequenter Voruntersuchungen und Überlegungen nicht zuletzt hinsichtlich der Nutzung dieser durch den ÖPNV, um eine einseitige Bevorzugung des motorisierten Individualverkehrs (MIV) zu vermeiden.

Öffentlicher Personennahverkehr

Die Reform des ÖPNV ist uns ein wichtiges Anliegen. Wir bekennen uns zur Notwendigkeit der Bezuschussung. Es ist jedoch sicher zu stellen, dass diese effizient eingesetzt werden. Voraussetzung dafür ist die klare Trennung von politischem Aufgabenträger und Nahverkehrsdienstleister. Das Land Berlin wird Besteller von Verkehrsdienstleistungen und vergibt die Fördermittel sowie die Strecken per Ausschreibungswettbewerb. Dabei müssen die Losgrößen so gewählt werden, dass auch mittelständische Betriebe zum Zuge kommen. Dabei ist auf eine gute Verknüpfung mit Brandenburg, die klare Einhaltung von Umweltkriterien sowie die Gewährleistung von Transportleistungen zu setzen.

In der Innenstadt ist mittelfristig ein Modalsplit von 80 zu 20 zugunsten des ÖPNV anzustreben. Ein Bekenntnis Berlins zu einem starken öffentlichen Nah- und Regionalverkehr ist dabei wichtig. Dabei bedarf es einer neu zu erstellenden ÖPNVPlanung, die nicht nur kurz- und mittelfristig angesetzt ist, sondern auch langfristige Perspektiven aufzeigt. Wichtige Busachsen in Berlin sollen mittel- und langfristig auf den wirtschaftlicheren, ökologischeren und effizienteren Straßenbahnverkehr umgestellt werden, da aus mehreren unabhängigen Untersuchungen das Phänomen des sogenannten „Schienenbonus“ hervorgeht. Dieses besagt, dass Menschen, die die Wahl haben, sich im Zweifelsfall zugunsten der Tram gegen Auto oder Bus entscheiden.

Mittelfristig auf Straßenbahnbetrieb umzustellen sind hierbei, neben den schon beschlossenen Verlängerungen vom Nordbahnhof zum Hauptbahnhof und vom S-Bhf. Adlershof in die Wissenschaftsstadt Adlershof, folgende Strecken:
– Verlängerung der Tram vom Hauptbahnhof nach Moabit zum U-Bhf. Turmstr. und weiter in Richtung Mierendorffplatz, um in Moabit eine leistungsfähige und attraktive ÖPNV-Ost-West-Achse zu schaffen
– Verlängerung der Tram von S Warschauer Str. zum Hermannplatz
– Verlängerung der Tram M1 ins Märkische Viertel
– Verlängerung der Tram vom Alexanderplatz mindestens zum Potsdamer Platz/Kulturforum bzw. weiter nach Steglitz
– Wirtschaftlichkeitsprüfung eines Tramnetzes in Spandau

Die S-Bahn in Berlin hat ihren optimalen Ausbaustand mittlerweile weitestgehend erreicht. Folgende Maßnahmen sind jedoch mindestens mittelfristig noch umzusetzen:
– Verlängerung der S-Bahn von Spandau nach Falkensee
– Bau der S21 nicht nur von Wedding/Gesundbrunnen bis Hauptbahnhof, sondern weiter über Potsdamer Platz bis Südkreuz

Im U-Bahn-Bereich sind nach der nun beschlossenen Fertigstellung der Strecke Hauptbahnhof-Alexanderplatz, der mit allen bisher geplanten neuzubauenden UBahnhöfen (Unter den Linden, Museumsinsel/Schlossplatz, Berliner Rathaus) bis zum Jahre 2020 weitestgehend die kurz- und mittelfristigen Ausbaumaßnahmen abgeschlossen. Berlins Einwohnerentwicklung lässt einen Bedarf an neuen Strecken in den nächsten Jahren nicht erkennen. Dennoch sollten mögliche Verlängerungen im Bereich U1, U2, U3, U5, U7, U8 und U9 in regelmäßigen Abständen einer Wirtschaftlichkeitsprüfung unterzogen werden, um gegebenenfalls auch im U-Bahn-Netz neue Baumaßnahmen durchführen zu können. Bereits für einen Aus- und Weiterbau freigehaltene Flächen sollten daher weiterhin nicht verbaut und freigehalten werden.

Der Ausbau der Dresdner Bahn zur Anbindung des Flughafen BBI ist notwendig und wird begrüßt. Der Streckbau der "Dresdner Bahn" im Ortsteil Lichtenrade hat als Neubau den gesetzlichen Erfordernissen entsprechend in einer baurechtlich einwandfreien Tunnelbauweise zu erfolgen.

Neben dem der BVG ist auch der landeseigene Fuhrpark auf effiziente schadstoff- sowie lärmarme Motoren umzustellen. Vermehrt müssen Flüstertrams zum Einsatz kommen.

Auch konsequente Zwei- bzw. Mehrsprachigkeit (mind. dt./engl.) ist für eine Metropole wie Berlin eine Grundvoraussetzung. Die am Fahrscheinautomaten erworbenen Tickets sollen, um Missverständnisse zu vermeiden, von den Geräten sofort entwertet werden; es sei denn, der Fahrgast schließt dies ausdrücklich per Tastendruck aus. Parallelverkehr von Straßenbahn und Bussen ist zu vermeiden. Busse sollen in diesen Gegenden als Zubringer fungieren. Ist ein Parallelverkehr nicht vermeidbar, haben sich Bus und Tram das Fahrbett zu teilen, sofern bautechnisch möglich.

Das Tarifsystem des VBB bedarf einer Überarbeitung. Die Einführung eines angemessenen Kurzstreckentarifs (Möglichkeit zum Umsteigen muss gewährt werden), sowie die Wiedereinführung der möglichen Rückfahrt mit dem Einzelticket sowie eines Mehrfahrkartenscheins stehen dabei ganz oben auf der Wunschliste.