Stärkung der Freiwilligendienste im Zuge einer Wehrdienstreform

Die Jungen Liberalen Berlin fordern die Bundesregierung sowie die FDP-Fraktion im Deutschen Bundestag dazu auf, die Freiwilligendienste im Zuge einer Wehrdienstreform umfassend zu reformieren und zu stärken.

Mit den Auslandseinsätzen hat die Bundeswehr neue Aufgaben übernommen. Ein massiver militärischer Angriff eines anderen Staates auf Deutschland ist auf mittlere Sicht nicht mehr zu befürchten. Stattdessen ist die Bundeswehr verstärkt in Auslandseinsätzen aktiv. Diese Entwicklung ist richtig, denn Deutschland hat ein großes Interesse an funktionierenden internationalen Strukturen. Noch immer ist die Bundeswehr im Transformationsprozess. Das betrifft Personal, Ausbildung und Struktur, aber auch die Rechtsgrundlagen. Der Bundesverteidigungsminister steht in der Verantwortung, die Bundeswehr schlanker, aber zugleich strukturell verlässlicher aufzustellen.

Die bevorstehende Reform der Wehrpflicht darf keine negativen Auswirkungen für die Funktionsfähigkeit der sozialen Infrastruktur in Deutschland haben. Um Lücken im Sozialbereich bei einem Wegfall des Zivildienstes zu schließen, müssen die Institutionen Freiwilliges Soziales Jahr und Ökologisches Jahr umfassend ausgebaut und gefördert werden. Wir sehen in solchen Freiwilligendiensten eine sinnvolle Betätigung und gleichzeitig einen Lernort junger Menschen für bürgerschaftliches Engagement. Daher fordern wir die Stärkung der Freiwilligendienste.

Die Sorgen der Sozialverbände aufgrund der Verkürzung des Zivildienstes sind verständlich, jedoch müssen andere Lösungen als die Beschäftigung von Zivildienstleistenden gefunden werden. Es gibt kein Recht des Sozialbereichs auf Zivildienstleistende. Der Zivildienst ist Ersatzdienst für die Wehrpflicht und einzig und allein durch sie begründet. Dass als einziges relevantes Argument für die Aufrechterhaltung der Wehrpflicht nur noch der Zivildienst ins Feld geführt wird, zeigt, wie nötig und sinnvoll eine grundlegende Reform der Wehrpflicht und des Zivildienstes ist. Zivildienstleistende stehen häufig in einem direkten Konkurrenzverhältnis zu normalen Beschäftigungsverhältnissen im Sozialbereich. Staatlich subventionierte, verbilligte Arbeitskräfte wie Zivildienstleistende verhindern dabei Festanstellungen und drücken die Löhne z.B. für Krankenpfleger und Krankenschwestern. Aus diesen Gründen lehnen die Jungen Liberalen Berlin einen weiteren Fortbestand des verpflichtenden Zivildienstes in jeglicher Form und Ausgestaltung ab.

Da es keinem Staat zusteht, einem jungen Menschen Monate seines Lebens zu „Zwangsdiensten“ zu beordern, ist es nun umso mehr auch Aufgabe der Politik die freiwilligen Dienste zu stärken und attraktiver zu gestalten. Problematisch ist, dass es mehr Bewerber für ein Freiwilliges Soziales oder Ökologisches Jahr gibt, als Stellen zur Verfügung stehen. Die Rahmenbedingungen müssen daher sowohl für die Dienstleistenden als auch für die Anbieter der Dienste verbessert werden. Die Jungen Liberalen Berlin fordern, ein flexibles Zeitmodell für die Freiwilligendienste einzurichten, welches als Dienstzeiten 6, 12 und 18 Monate vorsieht, jeweils mit der Option der Verlängerung auf insgesamt 18 Monate. Ein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Dienst soll ohne Nachteile möglich sein, jedoch nur nach einer dieser Stufen. Das Eintrittsalter für einen Freiwilligendienst beträgt 16 bis 22 Jahre.

Für die Dienstleistenden muss es sich lohnen, Leistung in Form eines freiwilligen Dienstes für die Gesellschaft zu erbringen. Daher sollen die Dienstleistenden eine Aufwandsentschädigung bekommen, die sich in etwa an einer Aufwandsentschädigung für Zivildienstleistenden in Höhe eines Taschengeldes von ca. 300 € bemisst, wenn für Verpflegung, Unterkunft und die sonstigen Versicherungen gesorgt ist. Es ist zudem unverzichtbar, einheitliche Regelungen für die Freiwilligen Dienste geschaffen werden. So sind Freiwillige bislang bei einigen Diensten krankenversichert und erhalten Kindergeld, bei anderen wiederum nicht. Hier muss eine einheitliche Rechtsanpassung erfolgen. Auch müssen die Freiwilligendienste sowohl für junge Frauen als auch für junge Männer die gleiche Attraktivität besitzen, sich freiwillig für die Gesellschaft einzusetzen. Die Finanzierung soll zur Hälfte vom Staat und zur anderen Hälfte vom jeweiligen Träger aufgebracht werden. Freiwillige zusätzliche Leistungen stehen den Trägern im Sinne des Wettbewerbs um die Dienstleistenden frei. Organisationen, die FSJ oder FÖJ im Ausland anbieten müssen ein Entgelt mit diesem Niveau auch anbieten.

Wir fordern außerdem als sichtbares Zeichen die Einführung einer einheitlichen staatlichen Urkunde. Diese kann für Bewerbungen und als Anlage für den Lebenslauf verwendet werden. Zudem fordern wir eine Anrechnung des Freiwilligendienstes auf die Berufsausbildung und den erleichterte Zugang zum gewünschten Studiengang durch eine doppelte Anrechnung der Freiwilligendienstzeit auf Wartesemester. Ferner sollten für die Dienstleistenden Vergünstigungen wie ermäßigte Eintrittsgelder für öffentliche Bäder, den ÖPNV, Museen etc. bestehen, wie dies für Studenten oder Zivildienstleistende heute üblich ist.

Freiwilliges Soziales Jahr und Freiwilliges Ökologisches Jahr sollten außerdem zukünftig stärker dafür genutzt werden, Jugendliche ohne Schulabschluss oder aus sozial schwachen Verhältnissen zu stärken. Wenn die Rahmenbedingungen insgesamt verbessert werden, müssen dabei die Träger verstärkt in die Verantwortung genommen werden, ihr Blickfeld auch auf benachteiligte Jugendliche zu erweitern. Hier sollte der Freiwilligendienst auch bewusst dazu genutzt werden, den Dienstleistenden eine Perspektive für einen Arbeitsplatz in diesem Bereich zu schaffen. Für die Übernahme von Dienstleistenden in ein festes Beschäftigungsverhältnis im Anschluss des Dienstes sollen Erleichterungen geschaffen werden, z.B. durch eine Bevorzugung bei der Vergabe von Ausbildungsplätzen. Ferner sollte geprüft werden, ob die Auslandsprogramme „kulturweit“ und „weltwärts“ im Zuge der Rechtsanpassung vereinheitlicht werden können.

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