Der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine ist erschütternd und das vorzeitige Ende des Traumes von Frieden in Europa. Er ist zugleich ein Angriff auf die Demokratie, auf die internationale Friedensordnung und auf die Stabilität in Europa. Die Bilder und Nachrichten der Zerstörung, der humanitären Katastrophen in belagerten Städten wie Mariupol und die schweren Menschenrechtsverbrechen, die in Butscha dokumentiert wurden und in weiteren Teilen der Ukraine zu befürchten sind, erschüttern uns und machen uns tief betroffen. Die Jungen Liberalen Berlin stehen fest und entschlossen an der Seite der Ukraine. Deshalb wollen wir die Ukraine mit Waffenlieferungen und Sanktionen gegen Russland bei der Verteidigung ihrer territorialen Integrität unterstützen.
Daher ist es notwendig, jetzt entschlossen und konsequent vorzugehen, um der Ukraine beizustehen, die Sicherheit in Europa zu schützen und dem Morden ein Ende zu setzen.
Wir fordern daher:
NATO-ERWEITERUNG
Bisher arbeiten die beiden Staaten Schweden und Finnland mit der NATO eng zusammen, sind aber keine Mitglieder. Angesichts der aktuellen Lage sollte die deutsche Bundesregierung innerhalb der NATO als auch in direkten Gesprächen mit den beiden Ländern deutlich machen, dass sie in der NATO jederzeit willkommen sind, sollten sie sich für einen Beitritt entscheiden. Dadurch kann die Sicherheit in diesen Ländern gestärkt und die Handlungsoptionen der NATO erweitert werden. Zudem ist es jetzt wichtig, Stärke zu zeigen und nicht die Konfrontation mit Russland zu scheuen.
Im Hinblick auf Georgien sollten Gespräche begonnen werden über einen zukünftigen möglichen NATO-Beitritt und geklärt werden, welche Bedingungen (unter anderem eine stabile demokratische Regierung) hierfür erfüllt werden müssen. Auch dies setzt ein Zeichen dafür, dass die NATO bereit ist, Verantwortung zu übernehmen.
Die NATO-Mission Enhanced Forward Presence in Polen und dem Baltikum sowie die Beteiligung der Bundeswehr an dieser Mission soll beibehalten werden. Wir unterstützen eine Ausweitung der Mission auf Bulgarien, Rumänien, die Slowakei und Ungarn. Die Truppenstärke und die Bereitschaft der NATO Response Force einschließlich der Very High Readiness Joint Task Force (VJTF) ist deutlich zu erhöhen.
REFUGEES WELCOME
Der Krieg in der Ukraine wird zu einer Zunahme an Flüchtlingen führen, auf diese muss sich die Bundesrepublik Deutschland vorbereiten und alle notwendigen Voraussetzungen dafür schaffen, so vielen Menschen wie möglich in Sicherheit zu bringen.
Die deutsche Bundesregierung soll zudem sich in der EU für eine gemeinschaftliche Zusammenarbeit einsetzen, sodass sich Probleme aus vergangenen Krisen möglichst nicht wiederholen und die EU zeigen kann, dass sie geschlossen zusammensteht.
REGIEREN GEHT ZUR NOT AUCH VON BERLIN
Im Falle, dass die russischen Streitkräfte Kiew einnehmen, soll der ukrainischen Regierung die Möglichkeit angeboten werden, ihre Regierung von Berlin aus fortführen zu können. Außerdem soll die deutsche Regierung jetzt schon erklären, die in einem solchen Falle von der russischen Regierung installierte neue Regierung in der Ukraine nicht anzuerkennen.
EUROPÄISCHE SICHERHEIT WEITERDENKEN
Die Bundesrepublik soll sich eindeutig zu ihren Positionen bekennen, vor allem im Angesicht der deutschen Geschichte ist es daher wichtig, verlässlich zu seinen Partnern zu stehen und diesen – auch mithilfe von Waffenlieferungen – beizustehen.
Die Ukraine soll mit Blick auf Ausfuhrgenehmigungen für Rüstungsgüter zu einem NATO-gleichgestellten Land eingestuft werden. Deutschland soll gemeinsam mit der EU und der NATO die Notwendigkeit einer dauerhaften monetären Förderung der ukrainischen Streitkräfte prüfen. Mit Blick auf die potenziell noch lange Dauer des Krieges und den stetigen Schwund an Material soll die Bundeswehr gemeinsam mit ihren europäischen Partnern an der europäischen Grenze zur Ukraine die ukrainischen Streitkräfte an Rüstungstechnik, die in naher Zukunft im Kriegsverlauf benötigt wird und nicht aus den sowjetischen Altbeständen kompensiert werden kann, schnellstmöglich und ab sofort ausbilden. Außerdem sollen mit den europäischen Verbündeten Tauschgeschäfte organisiert werden, sodass die Ukraine Waffensysteme aus sowjetischer Produktion unverzüglich erhält und die europäischen Verbündeten moderne Systeme aus westlicher Produktion als Ersatz erhalten. EU und NATO sollen Vorbereitungen treffen, um im höchst unwahrscheinlichen Fall eines militärischen Konfliktes mit Russland die Zivilbevölkerung vor konventionellen und nicht konventionellen Angriffen zu schützen.
Dazu gehört für uns die Erfüllung der zugesagten und vertraglich vereinbarten Leistungen, insbesondere die Einhaltung des Zwei-Prozent-Ziels der NATO und wir befürworten die beschlossene Umsetzung durch die Bundesregierung.
Der Angriff auf die Ukraine zeigt, dass Sicherheit in Europa neu- und weitergedacht werden muss, daher fordern wir hiermit erneut die Einrichtung einer europäischen Armee (für die konkrete Umsetzung verweisen wir auf unseren vorherigen Antrag).
DER WEG IST DAS ZIEL
Wir befürworten, die Ukraine als Beitrittskandidaten der EU zu betrachten. Nachdem sollte mit der Ukraine zusammen ein Plan ausgearbeitet werden, um Reformen auf dem Weg zu bringen, sodass die Ukraine die Bedingungen für einen EU-Beitritt erfüllen kann.
Eine unvorbereitete, schnelle Aufnahme widerspricht der Idee der EU und wird auch der Ukraine nicht gerecht. Daher soll diese erst aufgenommen werden, wenn die Beitrittsbedingungen erfüllt sind.
ENERGIEUNABHÄNGIGKEIT
Die massenhaften Importe von Gas, Öl und Kohle durch Deutschland finanzieren das russische Regime und den russischen Angriffskrieg.
Wir setzen uns daher dafür ein, die bundesdeutsche und europäische Energieversorgung schnellstmöglich deutlich breiter aufzustellen, um die energiepolitische Abhängigkeit von der Russischen Föderation auf ein Minimum zu reduzieren.
Kurzfristig wollen wir russische Gasimporte auch durch Flüssiggasimporte aus anderen Staaten ersetzen. Hierzu sind auch in Deutschland mehrere LNG-Terminals zu errichten, insbesondere der Bau von LNG-Terminals in Brunsbüttel, Stade und Wilhelmshaven muss umgehend umgesetzt werden. Zur Beschleunigung soll verstärkt auf das Instrument der Legalplanung sowie die Erteilung von Teilgenehmigungen verbunden mit einer Haftungsübernahme des Bundes zurückgegriffen werden. Auch ein verstärkter Rückgriff auf die LNG-Terminals auf der iberischen Halbinsel ist durch einen besseren Anschluss dieser Terminals an das europäische Pipelinenetz erforderlich und sofort zu veranlassen. Dazu soll sich die Bundesregierung auf EU-Ebene für die zügige Umsetzung der zwischen Spanien und Frankreich bereits in Planung befindlichen Gaspipeline einsetzen. Darüber hinaus soll Erdgasfracking in Deutschland vorangetrieben werden, um einen Beitrag zur Energieunabhängigkeit zu leisten.
KONSEQUENTER SWIFT-AUSSCHLUSS
Der SWIFT-Ausschluss hat dem Rubel und damit der russischen Kriegsfinanzierung bedeutend geschadet. Gleichzeitig war der Ausschluss nicht konsequent genug und von mehreren Ausnahmen geprägt. Daher fordern die Jungen Liberalen Berlin, alle russischen Banken sofort und ausnahmslos vom SWIFT-Zahlungsverkehr auszuschließen.
PUTIN-NAHE OLIGARCHEN KONSEQUENT TREFFEN
Bisher werden die journalistisch und zivilgesellschaftlich erarbeiteten Informationen über Oligarchen, die Putin nahestehen, nicht hinreichend mit den auferlegten Sanktionen verknüpft. Die Jungen Liberalen Berlin fordern deshalb eine Ausweitung der bestehenden Sanktionsliste um die von der Stiftung von Alexei Nawalny zur Verfügung gestellten Namen sowie deren Familien. Zur konsequenten Durchsetzung fordern wir die schnelle Schaffung einer bürgerrechtskonformen Rechtsgrundlage zur Aufspürung von sanktioniertem Vermögen, eine bessere Vernetzung und einen besseren Datenaustausch zwischen den Behörden. Außerdem fordern die Jungen Liberalen Berlin, dass die Praxis der Goldenen Pässe in der Europäischen Union unverzüglich gestoppt und mittelfristig abgeschafft werden muss.
ENDGÜLTIGES AUS FÜR NORDSTREAM 2
Mit seinem perfiden Angriffskrieg auf die Ukraine und der Vorbereitung dessen durch u. a. der vorsätzlichen Reduzierung von Gas in deutschen Lagerfazilitäten hat Putin-Russland bewiesen, dass es nicht als Partner in der Energiepolitik taugt. Deshalb darf eine Inbetriebnahme der Pipeline Nord Stream 2 in der Zukunft grundsätzlich nicht mehr infrage kommen
HANDELSEMBARGO BEI WEITERER ESKALATION
Im Falle einer weiteren Eskalation im Krieg z. B. dem Einsatz von ABC-Waffen oder weiteren Zuspitzung systematischer Menschenrechtsverbrechen ist auch ein Handelsverkehr mit Russland nicht mehr denkbar. Deshalb fordern wir ein vollumfängliches Handelsembargo auf nationaler und auf EU-Ebene mit Ausnahme humanitär relevanter Güter. Dazu zählt insbesondere die Schließung aller Häfen für russische Schiffe und Güter. Außerdem soll allen Schiffen unter europäischer Beflaggung das Anlaufen russischer Häfen untersagt werden.
RUSSISCHE OPPOSITION UNTERSTÜTZEN
Für russische Studierende, die wegen ihrer oppositionellen Haltung exmatrikuliert wurden, wollen wir ein Stipendienprogramm für ein Studium in Deutschland schaffen.
VISAVERGABE AUS HUMANITÄREN UND POLITISCHEN GRÜNDEN ENTBÜROKRATISIEREN UND MEDIZINISCHE UND PSYCHOLOGISCHE HILFE IN DEUTSCHLAND FÜR OPFER DER REPRESSIONEN UND FOLTER ANBIETEN
Viele russische Bürger planen oder befinden sich bereits auf der Flucht. Einige von ihnen sind Opfer polizeilicher Gewalt oder gar Folter geworden und benötigen dringend medizinische und psychologische Hilfe. Aus Sicht der Jungen Liberalen Berlin sollte sich Deutschland mit seinen EU-Partnern aktiv koordinieren, um den Opfern politischer Gewalt diese wichtige Hilfe zukommen zu lassen. Außerdem soll die Visa-Vergabe an russische und belarusische Oppositionelle kurzfristig vereinfacht werden, insbesondere für solche, die ihr Land bereits verlassen haben. Diese humanitären Visa sollen Bewegungs- und Berufsausübungsfreiheit ermöglichen, was gerade für Medienschaffende essenziell ist, um weiter gegen das Putin-Regime und dessen Propaganda arbeiten zu können. Der Zugang in die Künstlersozialkasse für diesen Personenkreis ist zu empfehlen.
STÄDTEPARTNERSCHAFT
Die Städtepartnerschaft zwischen Berlin und Moskau besteht seit 1991 und wurde nach der Wiedervereinigung und dem Ende des Kalten Krieges als Zeichen der Freundschaft und Verständigung geschlossen. Trotz der russischen Aggression nach außen und des zunehmend autoritären Regierungsstils Putins nach innen war es Berlin wichtig, auf lokaler Ebene weiter mit Moskau zusammenzuarbeiten. Nach dem Beginn des brutalen russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine muss diese Kooperation enden. Wir fordern den Senat dazu auf, die Städtepartnerschaft sofort auszusetzen und die finanziellen Einsparungen der Ukraine zugutekommen zu lassen.