Gesundheitspolitik für alle Generationen!

Die Lebenserwartung steigt in Deutschland glücklicherweise stetig. Der demographische Wandel und die steigenden Personal- und Behandlungskosten im Gesundheitssystem führen unsere umlagefinanzierten Sozialsysteme an den Rand ihrer finanziellen Belastbarkeit. Die Kranken- und Pflegeversicherung müssen dringend reformiert werden, um in Zukunft nicht nur das aktuelle Niveau zu halten, sondern auch die Probleme des Gesundheitssystems zu lösen.

Im Mittelpunkt stehen dabei die Patienten und Patientinnen, denn sie sind der Grund für die Existenz des Gesundheitswesens. Sie sind daran interessiert, dass ihre Behandlung mit möglichst hoher Qualität erfolgt. Versicherungen, Versorgung und staatliche Unterstützung müssen stärker auf die Interessen, Bedürfnisse und Wünsche des individuellen Patienten ausgerichtet werden, sodass er die Leistungen erhält, die von ihm erwünscht sind. Die Eckpunkte unserer liberalen Reformvorschläge sind: mehr Wettbewerb, mehr Wahlfreiheit, Kontrahierungszwang, ein kapitalgedecktes System und mehr Individualität.

Krankenversicherung

Wir Jungen Liberalen fordern eine grundlegende Reform des Krankenversicherungswesens in Deutschland. Wir möchten ein Krankenversicherungssystem, welches den Bürgern fairen und sicheren Zugang zu Gesundheitsleistungen ermöglicht, ohne dass es Menschen ausschließt, welches jedoch auf dem Gedanken des Wettbewerbs unter den Krankenversicherungen aufgebaut ist, zu Gunsten der Versicherungsnehmer.

Abschaffung des Zweiklassensystems – Private Versicherung für alle

Wir Jungen Liberalen halten die willkürlich am Einkommen der Versicherungsnehmer festgemachten Aufteilung in ein gesetzliches und ein privates System für unfair gegenüber allen Beteiligten. Wir möchten, dass in Zukunft solch eine strukturelle Unterscheidung entfällt und eine Wahlfreiheit aller Versicherungsnehmer ermöglicht wird. Hierzu fordern wir die Abschaffung der Trennung zwischen gesetzlicher und privater Krankenversicherung. Wir wollen, dass alle Krankenversicherungen zueinander im Wettbewerb stehen. Dazu sollen die Rechtsformen der gesetzlichen Krankenversicherung hin zu einer privaten geändert werden. Unabhängig von der Versicherungspflichtgrenze sollen Arbeitnehmer nun ihre Zugehörigkeit zu einer Krankenversicherung frei wählen können.

An der Versicherungspflicht halten wir fest. Gesundheitsleistungen sind ein fundamentales Menschenrecht, welches niemandem verwehrt werden darf. Um ihre Versorgung auch im Notfall sicherstellen zu können, sind die Bürger dazu verpflichtet eine Krankenversicherungspolice abzuschließen.

Der Zustand, dass Bürger mittleren Einkommens, welches jedoch knapp unterhalb der Versicherungspflichtgrenze liegt, den Hauptteil der Solidaritätskosten im Gesundheitssystem tragen, ist nicht haltbar. Wir Jungen Liberalen sprechen uns dafür aus die Kosten der Solidarität nicht weiter über die Krankenversicherungsbeiträge zu finanzieren, sondern diese auf den Schultern aller über das Steuereinkommen zu finanzieren. Die Anpassung der Steuersätze für den Staat soll aufkommensneutral gestaltet werden.

Frei wählbare Versicherungsbeiträge – Wettbewerb der Krankenversicherungen

Ein grundsätzliches Ziel der Krankenversicherungsreform ist die Schaffung von Wettbewerb zwischen allen Anbietern. Dabei können Krankenversicherungen die Preise ihrer Versicherungspolicen frei wählen. Die Versicherungen sind dazu verpflichtet die Policen mit dem selben Versicherungsumfang allen Menschen in einer Region zum selben Preis zur Verfügung zu stellen. Eine regionale Differenzierung der Beiträge ist aufgrund unterschiedlicher Kostenstrukturen zu ermöglichen. Diskriminierungen beispielsweise aufgrund von Geschlecht, Alter oder Vorerkrankungen sind nicht zulässig. Eine jede Versicherung muss einen Basistarif anbieten, deren Leistungsumfang standardisiert ist und sich am heutigen Leistungskatalog orientiert.

Wir wollen, dass der Beitrag zur Krankenversicherung weiterhin von Arbeitnehmer und Arbeitgeber getragen wird. Der Arbeitnehmeranteil wird zukünftig als Versicherungsprämie in Euro, statt wie bisher als Anteil am Gehalt, bemessen. Diese kann der Versicherer frei festlegen, deren Höhe muss allerdings für alle Versicherungsnehmer derselben Police die gleiche sein. Die Einnahmen aus der Prämie kommen direkt der Krankenversicherung zugute. Hierdurch drückt sich zum großen Teil der Wettbewerb zwischen den Krankenversicherungen aus.

Wie jetzt bereits auch wird der Arbeitgeber einen Versicherungsbeitrag in Höhe von 7,3% des Arbeitsentgelts entrichten. Diese Einnahmen fließen in einen zentralen Gesundheitsfonds, welcher zum Risikoausgleich zwischen den Krankenversicherungen genutzt wird. Die Einnahmen der Krankenversicherungen bestehen folglich aus den direkt erhobenen Versicherungsprämien der Arbeitnehmer sowie aus den Zuweisungen aus dem zentralen Gesundheitsfonds.

Bürger mit geringem Einkommen werden selbstverständlich weiterhin finanziell unterstützt. Einkommensschwache Haushalte haben hierzu Anspruch auf eine Unterstützung, die direkt vom Arbeitgeber mit der Lohnsteuer verrechnet wird. Die Berechnung der Unterstützung erfolgt auf Basis der durchschnittlichen Prämie der Basistarife der Krankenversicherungen. Anspruch auf Unterstützung erhalten alle Haushalte, bei denen die Höhe des durchschnittlichen Basistarifs mehr als 10% des Einkommens entspricht. Der über den Basistarif hinausgehende Versicherungsschutz wird allein von den Versicherungsnehmern gezahlt.
Die Familienversicherung wird abgeschafft. Für jede Person, auch Kinder, ist indivduell eine Versicherung abzuschließen.

Selbstständige sind verpflichtet, auch den Arbeitgeberanteil für sich zu zahlen. Dieser darf jedoch nicht, wie aktuell, auf Basis eines fiktiven Einkommens berechnet werden. Stattdessen soll der Vorjahresgewinn herangezogen werden. Mindestbeiträge sind vollständig abzuschaffen.

Es soll möglich werden, dass Versicherungsnehmer auf ihren Wunsch hin einen Selbstanteil an ihren Gesundheitsleistungen tragen, um ihre Versicherungskosten zu senken. Pro Jahr darf dieser maximal 5.000 Euro betragen. Für Arbeitnehmer mit einem Einkommen oberhalb der Versicherungspflichtgrenze ist auch eine höhere Selbstbeteiligung zulässig.

Wettbewerb auch bei Leistungsanbietern

Wir fordern, dass unter Krankenversicherungen sowie im gesamten Gesundheitsmarkt größerer Wettbewerb entsteht. Daher lehnen wir einen einheitlichen Preiskatalog für Gesundheitsdienstleistungen (z.B. Arztbesuch) und -produkte (z.B. Medikamente) ab. Vielmehr soll es Krankenversicherungen ermöglicht werden direkt mit Leistungsanbietern wie Ärzten und Krankenhäusern über die Preise zu verhandeln und Rahmenverträge abzuschließen. Im Rahmen dessen sind die Zwangsvereinigungen der Leistungsanbieter (z.B. Kassenärztliche Vereinigung) und Krankenkassen (Spitzenverband Bund der Gesetzlichen Krankenversicherung) abzuschaffen. Da insbesondere die Kassenärztlichen Vereinigungen auch heute schon ihrem gesetzlichen Auftrag, die ambulante Versorgung sicherzustellen, nicht überall nachkommen, ist dieses zukünftig durch die Versicherungen für ihre Versicherten sicherzustellen.

Pflegeversicherung

Die Pflegeversicherung in Deutschland steht vor großen Herausforderungen. Die Pflegekräfte pendeln zwischen Erschöpfung, Massenabfertigung und geringer Bezahlung. Die Behandlung der Patienten ist häufig fragwürdig – die Zufriedenheit der Pflegebedürftigen ist ernüchternd. Hinzu kommen Prognosen, die einen Personalnotstand und ein Fehlen von bis zu 500.000 Pflegekräften in den kommenden Jahrzehnten vorhersagen. Auch der demografische Wandel hat Auswirkungen auf die Pflegeversicherung: immer mehr Pflegebedürftige, steigende Personal- und Behandlungskosten.

Reform der Versicherungen

Wir fordern die Abschaffung der Aufteilung der Pflegeversicherungen in gesetzliche und private Versicherungen. Dadurch soll den Versicherungsnehmern mehr Wahlfreiheit erlaubt werden und ebenso mehr Wettbewerb zwischen den Versicherungen entstehen. Wie bei der Krankenversicherung, sollen die gesetzlichen Einrichtungen in private umgewandelt werden.
Jeder Bürger soll weiterhin verpflichtet sein, eine Pflegeversicherung abzuschließen. Jeder muss für seine Pflege selbst vorsorgen, soll dabei aber nicht vom Staat allein gelassen werden. Die Pflegeversicherungen müssen daher verpflichtet werden, jeden, ohne eine Gesundheitsprüfung, in einer Mindestversicherung aufzunehmen. Jeder Bürger kann seine Pflegeversicherung frei am Markt aussuchen und dabei die passende Versicherung für seine Bedürfnisse auswählen, der Staat garantiert Mindestanforderungen durch den Basistarif und erhält die solidarische Verpflichtung der Gesellschaft durch die Aufnahmepflicht der Pflegeversicherungen.
Wir fordern die Abschaffung des Ausgabenausgleichs zwischen den Pflegeversicherungen und die Einführung eines Risikoausgleichs. Wie bereits heute soll der Arbeitgeber einen Versicherungsbeitrag anteilig des Arbeitsentgelts entrichten. Diese Beiträge fließen in den zentralen Gesundheitsfonds, welcher die Risiken zwischen den Pflegeversicherungen ausgleichen soll.

Geld vom Kapitalmarkt für die Pflege

Um die Finanzierung der Pflegeversicherung in den nächsten Jahrzehnten sicherzustellen, bedarf es einer radikalen Veränderung des Beitragssystems. Das Umlagesystem, in dem die Kosten der Pflege durch einen Generationenvertrag getragen werden, wird in Zukunft aufgrund der deutlich steigenden Zahl der Pflegeempfänger nicht mehr zu halten sein.

Wir fordern den Umstieg des Umlagesystems auf ein Kapitaldeckungssystem, bei dem jeder Jahrgang durch seine Beiträge zur Pflegeversicherung Rücklagen bildet, die gebündelt auf dem Kapitalmarkt angelegt werden. Hierdurch lässt sich die Generationengerechtigkeit aufrechterhalten, ohne dass Beitragszahler und ihre Arbeitgeber durch immer stärker steigende Abgaben zu stark belastet werden. Wenn das Leistungsniveau der Pflege aufrechterhalten werden soll, kann dies nur durch ein kapitalgedecktes System erreicht werden.

Der Systemwechsel hat jedoch auch zur Folge, dass eine erhebliche Finanzierungslücke entsteht, denn die erwerbstätigen Leistungszahler, die noch ins Umlagesystem einzahlen, haben kaum oder nur unzureichend für die eigene Generation vorgesorgt. Dieser Fehlbetrag muss zunächst mit Steuermitteln finanziert werden und durch eventuell anfallende Überschüsse des Kapitaldeckungssystems abgemildert werden.

Mehr Transparenz beim Eigenanteil

Die aktuelle Form der Pflegeversicherung als „Teilversicherung“, die nicht jede Pflegeleistung trägt, hält die Kosten in einem angemessenen Rahmen und ermöglicht es den Versicherungsnehmern durch Zusatzversicherungen Leistungen in Anspruch nehmen zu können, die ihren individuellen Bedürfnissen entsprechen. Wir halten es für sinnvoll, dass die Pflege weiterhin nicht als Vollversicherung ausgestaltet ist und individuelle Zusatzversicherungen die Pflege verbessern. Dennoch fordern wir, dass die Pflegekosten zukünftig von den Versicherungen getragen werden soll und dann, wie bei einer Teilkaskoversicherung, von den Versicherungsnehmern an die Pflegeversicherung gezahlt wird. Dadurch werden Kostensteigerungen an die Pflegeversicherung weitergegeben und der Versicherungsnehmer erhält eine bessere Transparenz hinsichtlich des neben der Versicherung entstehenden Eigenanteils.
Wir wollen zudem eine bessere soziale Absicherung von Pflegebedürftigen erreichen. Zu oft bedeutet der Einzug in eine Pflegeeinrichtung eine finanzielle Belastung, die von den Versicherten nicht getragen werden können. Die Grundsicherung des Einzelnen muss durch steuerliche Bezuschussung unterstützt werden, wenn Bürgergeld und private Vorsorge nicht ausreichen, um sicherzustellen, dass niemand durch Pflegebedürftigkeit in Armut leben muss.

Mehr Individualisierung der Pflegegrade

Unser Grundsatz in der Pflege lautet: „Ambulant vor Stationär“. Die Versorgung in den eigenen vier Wänden ist nicht nur für Pflegebedürftige und deren Familien vorteilhaft, sondern wirkt sich auch positiv auf die Finanzierung der Pflege aus. Probleme entstehen jedoch vor allem dadurch, dass sich Pflege und Beruf in vielen Fällen nicht vereinbaren lassen. Ein großer Teil der Familienangehörigen, die Pflegeaufgaben übernehmen, sind nicht in der Lage daneben einer Arbeit nachzugehen. Wir fordern eine stärkere Individualisierung der Pflegegrade, um alle Menschen individueller finanziell zu unterstützen. Dabei wollen wir jedoch weiterhin am Stufensystem festhalten, dieses jedoch breiter aufstellen.

Rechtliche Vorgaben in Bezug auf die Personalbemessung in der Pflege sind international weit verbreitet. Durch höhere Personalzahlen bei der Betreuung der Patienten sinken die Risiken für Thrombosen, Infektionen oder Todesfälle. Wir fordern, dass der gemeinsame Bundesausschuss von Klinikträgern und Krankenkassen künftig verbindliche Personalschlüssel für die Pflege vorgibt. Dabei muss das Ziel sein, eine Personalquote pro Patient mittelfristig unter 10 zu erreichen.