Enough senk ju vor träwelling– für einen Neustart bei der Bahn!

„Die Bahn macht mobil“ – der Werbespruch entspricht seit einigen Jahren nur noch teilweise der Realität. Einerseits wurden in der Geschichte der Bahn noch nie so viele Passagiere transportiert wie 2018. Die Auslastung pro Zug steigt in den letzten Jahren kontinuierlich. Andererseits leidet die Bahn unter großen Problemen. Züge fahren überhaupt nicht, verspätet ohne Reservierungsanzeige, in umgekehrter Wagenreihenfolge, ohne funktionierende Heizung, Toilette, Speisewagen oder Klimawagen. Alleine 2018 war ein Viertel aller ICEs und ICs im Fernverkehr verspätet. Der Güterverkehr stagniert. Gleichzeitig macht die Deutsche Bahn massive Verluste, welche der Bund als Eigentümer ausgleichen muss. Die Nettoverschuldung der Deutschen Bahn lag zuletzt bei fast 20 Milliarden Euro. Vor dem Hintergrund des Klimawandels und der Einhaltung der Pariser Klimaziele ist ein Richtungswechsel im Schienenverkehr notwendig. Ziel muss es sein, die Passagierzahlen, den Güterverkehr und die Qualität des Schienenverkehrs deutlich zu steigern. Ein Neustart bei der Bahn ist erforderlich!

Mehr Wettbewerb auf den Schienen

Im Fernverkehr hat die Deutsche Bahn bisher auf innerdeutschen Verbindungen
eine Quasi-Monopolstellung. Wir begrüßen ausdrücklich die Versuche von privaten Unternehmen wie Flixtrain mehr Wettbewerb auf die Schienen zu bringen, halten die bisherige Wettbewerbssituation im Fernverkehr aber für unzureichend. Mehr Wettbewerb kann dauerhaft zu einer besseren Qualität und günstigeren Preisen bei der Bahn führen. Daher sollten die bisherigen Strukturen der Deutschen Bahn entflechtet werden. Kurzfristig sollte der Bund die Auslandstöchter der Bahn wie Arriva verkaufen. Die Deutsche Bahn sollte sich wieder auf das Kerngeschäft konzentrieren, d.h. vor allem den innerdeutschen und europäischen Transport von Passagieren und Gütern. Die Einnahmen aus dem Verkauf sollten in das Schienennetz, die Modernisierung der Züge und die Personalgewinnung investiert werden. Personell und institutionell muss die Bahn deutlich unabhängiger von der Politik werden.

Langfristig fordern wir eine vollständige Privatisierung der Deutschen Bahn (insbesondere DB Regio, DB Cargo und DB Fernverkehr). Dabei sollte lediglich die Infrastruktursparte d.h. das Schienennetz im Eigentum des Bundes bleiben und von diesem als neutrale Vergabestelle verwaltet werden. Alle Unternehmen sollten dann beim Bund um Verbindungen und Zeiten konkurrieren. Um die Daseinsversorge sicher zu stellen, könnten im Rahme der Vergabe gewisse Auflagen gemacht werden, sodass auch Verbindungen in strukturschwachen Regionen aneboten werden. Um den Betrieb von Nachtzügen in Deutschland zu erleichtern, fordern wir, dass die Trassenpreise bei Nacht angepasst werden.

Mehr Investitionen

In den letzten Jahrzehnten wurde die Schieneninfrastruktur bis auf den Zerschleiß zerfahren. Daher ist es mit der derzeitigen Schieneninfrastruktur nicht möglich, die anvisierten Ziele einer stärkeren Verlagerung des Güterverkehrs von den Straßen auf die Schiene und eine deutliche Erhöhung der Fahrgastzahlen im Fernverkehr zu erreichen. Der Bund als Inhaber der Infrastruktur sollte hier nicht auf möglichst hohe Gewinne abzielen, sondern auf einen qualitativ hochwertigen Schienenverkehr und hier massiv in die Instandhaltung und den Aus- und Neu-bau von Strecken investieren. Auch dürfen langfristig unterschiedliche Verkehrsmittel wie Bahn, Flugzeug und Auto nicht isoliert betrachtet und finanziert werden, sondern müssen als Teil eines integrierten Verkehrskonzeptes begriffen werden.

Für eine günstige, klimaschonende Bahn

Wir erkennen ausdrücklich an, dass der Schienenverkehr auf Kurz- und Mittelstrecken ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz darstellt. Ein attraktives und kostengünstiges Angebot auf den Schienen ist die einzig sinnvolle Alternative zu Inlandsflügen und Pendelverkehr mit dem Auto. Anstatt die Bürger noch stärker durch eine höhere Luftverkehrsabgabe zu belasten, sollten stattdessen die Preise der Bahn günstiger und somit wettbewerbsfähiger werden. Nur so kann ein Umstieg vom Flugzeug auf die Schiene ordentlich und Bürgerentlastend sichergestellt werden.

Kurzfristig und vor der Privatisierung sollte der Bund als Eigentümer auf die Deutsche Bahn einwirken, dass deren Preispolitik transparenter wird. Das jetzige Preissystem ist ein Flickenteppich bestehend aus Normalpreisen, stark kontingentierten Sparpreisen unterschiedlicher Kategorien, speziellen über Reiseportale buchbaren Sonderangeboten und Sondertickets, die über Discounter und Online-Plattformen verkauft werden.

Um den innerdeutschen/innereuropäischen Flugverkehr zu reduzieren und den klimafreundlicheren Bahnverkehr attraktiver zu machen, fordern wir langfristig den Bau bzw. Umbau des bestehenden Streckennetzes zu einer direkten Streckenführung, um die Einrichtung echter Schnellbahnverbindungen zwischen den Metropolen ohne Zwischenhalt nach dem Vorbild Japan und Frankreich. Hierunter verstehen wir etwa eine Verbindung zwischen Berlin und München in einem Zeitintervall von maximal 2,5 Stunden Fahrzeit oder eine Fahrzeit zwischen Berlin und Hamburg in ca. einer Stunde. Mittelfristig sollten die bereits bestehenden Sprinterangebote auf populären Strecken wie Berlin-München deutlich erhöht werden. Darüber hinaus sollten zwischen den europäischen Großstädten wieder Nachtzüge angeboten werden.

Digitalisierung – damit nicht nur der Zug schnell ist

Ein wichtiger Schritt um die die Zuverlässigkeit und Sicherheit der Bahn zu erhöhen ist die Modernisierung der teilweise über hundert Jahre alten Leit- und Sicherungstechnik Die Digitalisierung der Stellwerke ist überfällig und ein wichtiges Mittel um Verspätungen zu reduzieren. Um das mobile Arbeiten in Zügen zu erleichtern, sollte ein Teil der Erlöse aus der Versteigerung der 5G Frequenzen dafür genutzt werden, den Ausbau von 4G und 5G Masten an den Gleisen zu fördern.

Der Bund sollte sich auf europäischer Ebene dafür einsetzen, dass Entschädigungszahlen bei Verspätungen der Bahn und anderer Verkehrsmittel automatisiert ausgezahlt werden. Gerade bei kleineren Beträgen ist es ansonsten häufig zu mühselig einen Entschädigungsantrag ausfüllen. Ziel sollte es dabei sein, dass die Auszahlung der Entschädigung genauso einfach möglich ist wie die ursprüngliche Buchung. Ferner sollte eine einheitliche App für deutschlandweit gültige Buchungen im Fern- und Nahverkehr angeboten werden. Bisher bieten die unterschiedlichen Verkehrsverbünde nur eigene Apps an.

Den Güterverkehr stärken

Der Großteil des Güterverkehrs rollt nach wie vor über den Straßenverkehr. Dies
hat viele negative Folgen: Überlastete Fernstraßen, erhöhte Unfallrisiken und
ökologische Probleme. Deswegen müssen bis 2030 deutlich mehr Güter über
den Schienenverkehr transportiert werden. Ein Problem ist hier, dass gerade viele große Unternehmen, heute nicht mehr über einen eigenen Gleisanschluss verfügen. Soweit stillgelegte Gleisanschlüsse – vor allem in Süddeutschland – noch vorhanden sind, sollte eine Reaktivierung geprüft werden. Soweit dies nicht möglich ist, muss die Bahn mit anderen Unternehmen mehr integrierte Transportangebote schaffen. Gerade auch im grenzüberschreitenden Güterverkehr sollten eigene Strecken nur für den Güterverkehr geschaffen werden und der Ausbau des Schienennetzes auf der deutschen Seite internationaler Verkehrsinfrastrukturprojekte wie den Gotthard-, Brenner- oder Fehmarn-Tunnel beschleunigt werden, im Übrigen sollte der Güter- und Passagierverkehr so weit wie möglich entflechtet werden. Zur Gegenfinanzierung sollte die die Lkw-Maut auf alle Lkw und alle Fernstraßen ausgeweitet werden. Lärmemissionen sollen so weit wie möglich durch bauliche und technische Gegenmaßnahmen reduziert werden.