Der Bürokratie den Krieg erklären

Sicherheit hat ihren Preis, aber auch ihren Wert. Deshalb begrüßen wir das 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen für die Bundeswehr. Jedoch darf dieses Geld nicht in einer ineffizienten Verwaltung versickern.

Mit diesem Antrag möchten wir Junge Liberale Berlin sicherstellen, dass das Sondervermögen einen echten Beitrag zu einer modernen Verteidigungsarmee leistet. Voraussichtlich wird das Sondervermögen dem Problem der Unterfinanzierung nur kurz- bis mittelfristig Abhilfe schaffen. Dies nehmen wir zum Anlass, das träge Beschaffungswesen zu reformieren, sodass Rüstungsprojekte nunmehr zeit- und kosteneffizient umgesetzt werden können – und das auch nach dem Sondervermögen.

I. Nationales Beschaffungswesen

Das Beschaffungswesen auf nationaler Ebene hat dringenden Reformbedarf. Das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) ist nicht nur zu groß, sondern in den letzten Jahren mit vielen größeren Projekten gescheitert. Die begrenzte Einsatzbereitschaft ist eine Folge dieser Misswirtschaft. Wir befürchten, dass sich dies beim Fortbestand der jetzigen Strukturen durch mehr Geld allein nicht ändern wird.

Deshalb fordern wir:

  • die Schaffung einer Taskforce für große Rüstungsprojekte

Hiermit wollen wir sicherstellen, dass Verteidigungsmittel effizient eingesetzt werden und große Rüstungsprojekte nicht weiterhin an überflüssiger Bürokratie scheitern. Die Taskforce soll als eine Anstalt des öffentlichen Rechts fest in das Beschaffungswesen der Bundeswehr verankert werden. Als solche soll sie von einer Person geleitet werden, die durch den Bundesminister Verteidigung zu benennen ist und ausschließlich für große Beschaffungsprojekte wie das Beschaffen von neuen Jets, bewaffneter Drohnen etc. zuständig sein. Zudem soll die “25-Millionen-Euro-Vorlage” für Beschaffungs- und Entwicklungsprojekte der Bundeswehr durch eine “50-Millionen-Euro-Vorlage” ersetzt werden.

  • kleinste Beschaffungsaufgaben der Bundeswehr selbst zu überlassen

Neuerdings darf die Bundeswehr Anschaffungen bis zu einer Höhe von 5.000 € selbst tätigen. Wir sehen dies als große Verbesserung zur alten Regelung, welche die Grenze bei 1.000 € vorsah. Als nächsten Schritt fordern wir die vollständige Aufhebung pauschaler Anschaffungsschwellen. Vielmehr sollen Bataillone ein Budget entsprechend ihrer Truppenstärke erhalten, über welches der Kommandeur verfügen und Kleinstbeschaffungen tätigen kann, sodass das BAAINBw sich gänzlich auf seine Kernaufgaben konzentrieren kann.

Diese Maßnahmen reduzieren schnell und effektiv den Aufgabenbereich des BAAINBw und somit die Bürokratie im Beschaffungswesen der Bundeswehr. Um endgültig ein schlankes, modernes und effektives Beschaffungswesen zu schaffen, ist es notwendig, das BAAINBw neu zu gründen und grundlegend neue Strukturen aufzubauen. In dieser Struktur soll das BAAINBw lediglich laufende Beschaffungen überwachen und durchführen, welche darauf abzielen, den bestehenden Bestand bezüglich Munition, persönliche Ausrüstungen der Soldaten sowie Informationstechnik zu erhalten. Eine solche Behörde käme mit substanziell weniger Mitarbeitern aus.

In diesem Kontext fordern wir auch, die Digitalisierung der Vergabeverfahren des BAAINBw endlich konsequent zu verfolgen.

Für die Beschaffung neuer schwerer Fahrzeuge wie Panzern, Jets, Helikoptern und Schiffen ist die Taskforce zu beauftragen. Falls bereits Produkte, die den Anforderungen der Truppe genügen, am Markt verfügbar sind, soll von teuren Eigenentwicklungen abgesehen werden.

Durch diese neue Aufgabenverteilung sollen Bestellungen von Material für die Bundeswehr künftig schneller und unbürokratischer ablaufen. So soll Taskforce nach jedem Rüstungsprojekt für diese Bestellung eine Typengenehmigung ausstellen. Anschließend soll bei wiederholten Bestellungen lediglich der Bedarf geprüft werden. Sind Änderungswünsche oder Verbesserungen bei einer nachfolgenden Bestellung vorhanden, sind diese von der Taskforce auf einen echten Mehrwert für die Soldaten zu prüfen, damit es nicht zu ständigen Verzögerungen aufgrund von nachträglichen Änderungswünschen kommt, wie es aktuell zu häufig der Fall ist.

II. Internationale Zusammenarbeit mit unseren Verbündeten

Auch international muss sich Deutschland für ein besseres Beschaffungswesen einsetzen und seinen Beitrag dazu leisten, die Verteidigungsfähigkeit der Europäischen Union schrittweise herzustellen, um gemeinsam endlich ein Partner auf Augenhöhe mit den USA zu werden. Hierfür muss der Verteidigungssektor der EU-Staaten umfassend neu gedacht werden.

  • Wir fordern die Einrichtung weiterer europäischer Verbände, die koordiniert einheitliche Rüstungsgüter zur gemeinsamen Verwendung beschaffen

So kann auch das Potenzial der gesamteuropäischen Rüstungsindustrie genutzt werden. Zudem verringert sich der bürokratische Aufwand der durch nationale Verwaltungen entsteht. Deutschland hat seine Pflichten als NATO-Partner zu lange vernachlässigt. Die Zusammenarbeit mit unseren Verbündeten bietet gerade beim Beschaffungswesen und der Entwicklung von neuen Waffen die Chance, Synergien zu nutzen und dadurch Kosten zu sparen.

  • Wir fordern Investitionen in bewährte Waffensysteme und nicht in reine Prestigeprojekte

Deutschland soll auf bestehende Waffensysteme von Verbündeten (z. B. USA oder Israel) zurückgreifen, nicht für viel Geld ähnliche Systeme entwickeln und, sich bei Verbündeten bereits im Einsatz befindende, Systeme mittels eines stark vereinfachten Zulassungsverfahren beschleunigt zulassen. Neue staatliche Rüstungsprojekte sollten den Anspruch haben, Innovation zu fördern. Als Partner für Rüstungsprojekte kommen NATO-Länder und demokratische Verbündete infrage.

Die Grundlage für eine enge und effektive Zusammenarbeit bildet eine gute und verbindliche Finanzierung. Hier muss Deutschland endlich seine Versprechungen der Vergangenheit erfüllen und das 2%-Ziel für Verteidigungs- und Rüstungsausgaben langfristig – auch nach Erschöpfung des Sondervermögens – einhalten.