Definition von Sittenwidrigkeit statt Mindestlöhnen

Die Jungen Liberalen Berlin erkennen an, dass aus folgenden Gründen in der Bevölkerung große Sympathien für einen, vor allem von den Parteien des linken politischen Spektrums und den Gewerkschaften geforderten und propagierten, flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn (in der Debatte werden zwischen €7,50 / Stunde und €10,00 / Stunde vorgeschlagen) bestehen:

  • die Lohnentwicklung in den letzten 10 Jahren war/ist ausgesprochen schwach (21% Steigerung im 3. Quartal 2009 gegenüber dem Jahr 2000; Quelle: Statistisches Bundesamt in der Pressemitteilung 093 vom 11.03.2010),
  • in einigen Branchen wird Lohndumping betrieben
  • es werden zunehmend sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse in sogenannte Minijobs umgewandelt
  • es wird vielfach über die Notwendigkeit der „Aufstockung“ von geringen Löhnen durch Leistungen nach dem SGB II (Hartz IV) berichtet. Die JuLis Berlin vertreten zudem die Auffassung, dass die FDP hierauf bislang nicht hinreichend argumentativ und auf die Sorgen der Bürger eingehend antwortet.

Letztlich lehnen die Jungen Liberalen Berlin einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn auch weiterhin aus den folgenden Gründen ab:

  • die Lebenshaltungs-, aber auch Lohnkosten sind in der Bundesrepublik Deutschland regional zu unterschiedlich, als dass ein flächendeckenderMindestlohn alle regionale Unterschiede hinreichend berücksichtigen könnte
  • insbesondere in strukturschwachen Regionen, vor allem der neuen Bundesländer, sind kleinere und mittelständische Betriebe nicht in der Lage, den politisch geforderten Mindestlohn zu zahlen. Das Ergebnis wären Verteuerungen der Produkte und Dienstleistungen in ohnehin einkommensschwachen Regionen sowie eine weitere Verschärfung der dort ohnehin prekären Lage am Arbeitsmarkt
  • zusätzlich zu den geforderten Mindestlöhnen kämen noch knapp 20% Arbeitgeberanteil an den Lohnnebenkosten. Mithin betrügen die tatsächlichen Lohnkosten bereits bei €7,50 / Stunde brutto für die Arbeitgeber tatsächlich €9,00 / Stunde. Insbesondere im geringqualifizierten Bereich, dort wo das Arbeitslosigkeitsrisiko ohnehin am Größten ist, würden daher weitere Jobs wegfallen, bzw. ins grenznahe Ausland verlagert
  • dadurch, dass insbesondere Tätigkeiten im geringqualifizierten Bereich massiv verteuert würden, würde die in diesem Bereich ohnehin hohe Schwarzarbeitsquote noch erheblich zunehmen.

Stattdessen unterstützen die Jungen Liberalen Berlin die Forderungen aus der schwarz-gelben Bundesregierung, wonach eine gesetzliche Sittenwidrigkeitsgrenze eingeführt werden soll. Schließlich ist der Gesetzgeber überhaupt nicht in der Lage eine angemessen Vergütung zu bemessen. Ein flächendeckender gesetzlicher Mindestlohn würde tatsächlich nur einen Wettbewerb der politischen Konkurrenten nach dem Motto „wer bietet mehr“ zu Lasten von Arbeitsplätzen nach sich führen.Nach Auffassung der JuLis Berlin soll diese Sittenwidrigkeitsgrenze jedoch bereits durch den Gesetzgeber definiert werden, so dass es nicht zu unterschiedlicher Rechtsprechung an den Arbeitsgerichten und vielmehr zu einer verlässlichen Bemessungsgrundlage für Arbeitgeber und Arbeitnehmer auch im Streitfalle kommt. Demnach soll ein Lohn nach Auffassung der JuLis Berlin dann sittenwidrig sein, wenn er weniger als 2/3 des regional üblichen oder, bei Vorliegen eines Tarifvertrags, des entsprechenden Tariflohns für die gleiche Tätigkeit innerhalb einer Region liegt. Hierfür soll von den statistischen Landesämtern zukünftig eine Übersicht über die branchenüblichen Löhne innerhalb einer Region erhoben und jährlich veröffentlich werden.

Die JuLis Berlin erkennen an, dass auch mit dieser Maßnahme nicht jeder Lohn zur Versorgung einer Familie ausreichen wird. Jedoch halten es für die JuLis Berlin sinnvoller, dass ein Teil des Einkommens selbst arbeitet wird und zudem über die zu verändernden und dynamisierenden Zuverdienstgrenzen bei Hartz IV die Aufnahme von Arbeit attraktiver wird und zu einem tatsächlichen Mehrverdienst führt, als dass viele Erwerbslose zukünftig womöglich überhaupt keine oder nur noch geringere Zuverdienstmöglichkeiten haben, schlichtweg, weil für die von ihnen zu erbringenden Tätigkeiten in ggf. inflationärer gesetzlicher Mindestlohn nicht gezahlt wird. Weiterhin vertreten die JuLis Berlin nachwievor die Position, dass insbesondere durch eine Umstellung der Finanzierung der Sozialversicherungen der Faktor Arbeit entlastet werden muss, um einerseits Arbeit nicht weiter unnötig zu verteuern und andererseits den Arbeitnehmern, gerade im Geringverdienerbereich, mehr Netto vom Brutto zu belassen und auch solche Tätigkeiten attraktiver zu mache

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