Bundeswehrstärkungsgesetz: Für funktionierende Streitkräfte

Getrieben von kurz- und mittelfristigen Einsparmaßnahmen (Schließung von Standorten, Abbestellung von Ersatzteilpaketen und späterer Beschaffung von weniger Großgerät) wurde zwischen 1990 und 2018 die Einsatzfähigkeit der Bundeswehr stark beschränkt. Trotz der Notwendigkeit an stabilen außenpolitischen Beziehungen und sicherer Handelswege kann die Bundeswehr in ihrer heutigen Form internationalen Verpflichtungen kaum nachkommen. Hinzu kommt die gleichrangige, seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine weiter an Bedeutung gewinnende Aufgabe „Landes- und Bündnisverteidigung“, die erheblich personelle und materielle Kapazitäten der Bundeswehr bindet. Bei militärischen Initiativen wie der Sicherung von Seewegen in der Straße von Hormus spielte die Diskussion, ob die deutsche Marine überhaupt über dafür ausreichende Kapazitäten verfügte, eine viel zu große Rolle. Deutschland hält zudem wiederholt internationale Zusagen nicht ein und isoliert sich daher als unzuverlässiger Partner. Durch kurzfristige Sparmaßnahmen erhöhen sich zudem aufgrund von Planungsunsicherheit die mittelfristigen Kosten immens: Spezialisten müssen zum Teil 10 Jahre vor eigentlicher Verwendung eingestellt und ausgebildet werden, nach millionenschweren Ausgaben an Ausbildung und Gehalt fehlt am Ende das zu bedienende Großgerät. Nach der jetzigen Finanzplanung sind bereits weitere Großprojekte von jahrelangen Verzögerungen bedroht und die mittelfristige Finanzierung unklar. Auch hier ergibt sich wie in der Vergangenheit die große Gefahr, dass die langfristigen Kosten stark ansteigen, während die operative Einsatzfähigkeit der Bundeswehr sinkt.

Forderungen:

Nach einem Bundeswehrstärkungsgesetz soll die Finanzierung des Fähigkeitsaufwuchses der Bundeswehr gemäß ihrem sicherheitspolitisch hergeleiteten und international zugesagten Fähigkeitsprofil garantiert werden. Es muss sichergestellt
werden, dass die Bundeswehr leisten kann, was sie leisten soll:

  • Finanzielle Planungssicherheit: Der Verteidigungsetat soll für einen größeren Zeitraum mit einem jährlichen Mindestbetrag garantiert werden, welcher alle geplanten Großprojekte finanzieren kann.
  • Rüstungsausgaben sollen mittelfristig minimal 20% des Verteidigungsetats ausmachen, Forschung und Entwicklung minimal 2%.
  • Einhaltung internationaler Zusagen: Erhöhung des Verteidigungsetats jährlich um minimal 0,1% in Bezug auf das Bruttoinlandsprodukt, um glaubwürdig die bereits 2014 international zugesicherte Finanzierung der Streitkräfte sicherzustellen.
  • Konsequente Nutzung von PESCO: Alle Großprojekte, welche über PESCO geplant und in europäische Streitkräfte eingebracht werden können, müssen künftig über PESCO eingebracht werden.
  • Ausbau des Europäischen Verteidigungsfonds für gemeinsame Projekte.
  • Konsequente Einbringung der Bundeswehr in europäische Missionen, wenn Primärziel dieser Missionen das Durchsetzen von Menschenrechten in Krisenregionen oder die Sicherung etablierter Handelswege ist.
  • Angehörige der Bundeswehr sollen weiterhin kostenfrei Bahn fahren können; das Verfahren zum Nachweis der Berechtigung ist aber unnötig bürokratisch. Wir fordern, dass der Dienstausweis als Berechtigungsnachweis in den Nah- und Fernverkehrsmitteln dient. Aus dem Etat des Bundesministeriums für Verteidigung ist dafür eine angemessene pauschale Entschädigung an die Verkehrsunternehmen auszuschütten, deren Höhe diese in regelmäßigen Abständen in gemeinsamen Verhandlungsrunden ermitteln sollen.
  • Unkomplizierte Beschaffung: Keine europaweiten Ausschreibungen bei zeitkritischen Beschaffungen, welche einen akuten Fähigkeitsmangel der Bundeswehr decken müssen.
  • mittelfristig ist darauf hinzuwirken, dass mehr Einheiten innerhalb des NATO-Bündnisses mitgliedsstaatsübergreifend organisiert werden. Hierdurch können unnötige und teure Doppelstrukturen in der Verwaltung vermieden und eine engere Zusammenarbeit der einzelnen Mitgliedsstaaten forciert werden.
  • Dem Stand der Bundeswehr als Parlamentsarmee muss dadurch Rechnung getragen werden, dass ein Ehrenmahl für die gefallenen Bundeswehrsoldaten in unmittelbarer Nähe zum Reichstagsgebäude errichtet werden soll.