Berliner Polizei fit für das 21. Jahrhundert machen

I. Ausstattung

Notebooks in Streifenwagen

Wir Jungen Liberalen setzen uns für eine gesamtgesellschaftliche Nutzung des Potenzials der Digitalisierung ein. Nicht nur überlastete Bürgerämter können von der Digitalisierung profitieren, auch einige Arbeitsabläufe der Polizei ließen sich effizienter gestalten, würde hier das Potenzial der Digitalisierung einmal genutzt werden.

Ein prominentes Beispiel dafür ist die bisherige Praxis der Polizei beim Aufzeichnen von Verkehrsunfällen oder Straftaten. Bisher erfolgen diese Aufzeichnungen doppelt: Sie werden einmal von Polizisten vor Ort handschriftlich vermerkt und müssen dann noch einmal auf der Wache in eine digitale Form übertragen werden, angesichts der chronischen Überbelastung unserer Polizisten können wir diese doppelte Schreibarbeit nicht akzeptieren.

Wir fordern daher, die Streifenwagen der Berliner Polizei mit Laptops oder Tablets – wie dies u.a. in den Niederlanden schon der Fall ist – auszustatten.

Dienstwaffen auch in der Freizeit

Polizisten sehen sich aufgrund ihrer exponierten Arbeit in der Exekutive unseres Rechtsstaates der besonderen Bedrohung von Vergeltungsanschlägen von Kriminellen oder kriminellen Vereinigungen ausgesetzt, insbesondere außerhalb ihrer Dienstzeit. Das in der Vergangenheit vorgekommenen Eindringen auf die Parkplätze von Polizeiwachen, bei denen u.a. Nummernschilder von privaten PKW der Beamten notiert wurden, sind daher ein eindeutiges Zeichen für die besondere Gefahrenlage, in der sich die Berliner Polizisten befinden.

Beamte sind 24 Stunden am Tag im Dienst: Gemäß dem Legalitäts- und Opportunitätsprinzip sowie dem Gefahrenabwehrrecht sind Polizisten in Deutschland auch außerhalb ihrer Arbeitszeiten zum Eingreifen in Gefahrensituationen verpflichtet.

Um ihnen eine effektive Ausübung dieser Pflicht zu ermöglichen und ihre körperl. Unversehrtheit auch in der Freizeit keiner unnötigen Gefahr auszusetzen, sprechen wir uns dafür aus, die aktuell gültige Geschäftsanweisung ZSE II Nr. 1/2016 außer Kraft zu setzen und wieder die alte Regelung einzusetzen, nach der den Polizisten das Tragen der Dienstwaffe unter strengen Auflagen auch in ihrer Freizeit erlaubt ist; dies ist in allen Bundesländern außer in Berlin möglich.

Schießstände

Aufgrund der Luftverschmutzung mit Schwermetallen sowie Dämmstoffproblematiken, die zur Erkrankung und zum Tode von mindestens 13 Polizeibeamte geführt haben, wurden 28 von 34 polizeieigenen Schießbahnen geschlossen. Um die Einsatzfähigkeit der Polizisten an der Waffe dennoch sicherzustellen wird das Schießtraining nun vermehrt lasersimuliert durchgeführt. Wir fordern, das Schießtraining wieder vermehrt an der scharfen Waffe durchzuführen und jeden Kapazitätenausfall an Trainingsmöglichkeiten, der durch Schließung von Schießbahnen entstanden ist, durch das Anmieten von Schießbahnen der Bundespolizei und der Bundeswehr oder privater Anbieter zu kompensieren, wie dies bisher auch schon in geringerem Ausmaß erfolgt ist.

Ausrüstung

Das Land Berlin hat die Polizei Berlin mit qualitativ hochwertiger und den Bedürfnissen der Polizeibeamten angemessener Ausrüstung zu versorgen. Die Praxis des Ankaufs ausgemusterter Ausrüstung anderer Polizeibehörden sowie die Praxis des privaten Kaufs von Dienstausrüstung durch Polizeibeamte ist zu beenden.

II. Personal

Wachdienst

Wir fordern, die Bewachung von Polizeidirektion langfristig wieder als polizeieigene Kompetenz zu definieren und nicht mehr an externe Dienstleister auszugliedern. Hiermit soll sichergestellt werden, dass wenigstens die in besonderem Maße sensiblen Einrichtungen der Polizei (wie z.B. KTUs) angemessen bewacht werden

Bezahlung

Die Berliner Polizei sieht sich als Behörde eines Stadtstaats mit der besonderen Situation konfrontiert, gleich zwei Konkurrenten im Wettbewerb um Interessenten an der Polizeilaufbahn zu haben: Die Bundespolizei sowie die Polizei Brandenburg. Wir fordern daher zur Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit der Berliner Polizei eine Angleichung der Netto-Gehälter im mittleren, gehobenen und höheren Dienst an die der Polizei Brandenburg.

Personalschlüssel

Beamte der Polizei Berlin leisten jährlich etwa 1,41 Millionen Überstunden. Die Anzahl der geleisteten Überstunden ist in fast jeder Direktion stark gestiegen. Dies weist auf eine Überlastung aufgrund von Unterbesetzung der Polizei Berlin hin. Um die Einsatzfähigkeit der Polizei Berlin weiterhin zu gewährleisten und die Gesundheit der Beamten zu schonen gilt es, hier anzusetzen. Wir fordern daher – und orientieren uns hier an den Empfehlungen des Vorsitzenden der Personalvertretung Unabhängige in der Polizei, Mirko Prinz, – die schnellstmögliche Einstellung von mindestens 7000 weiteren Polizisten.

Um die Polizeibeamen der Polizei Berlin in ihrer Kernaufgabe – der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung – zu entlasten sprechen wir uns überdies dafür aus, soweit dies rechtlich möglich und in der Praxis sinnvoll ist, für den Innendienst Sachbearbeiter anzuwerben oder in den Ruhestand versetzte Polizisten zu reaktivieren.

Echter Polizeinotruf statt Warteschleife

Wir fordern, dass schnellstmöglich die Notrufzentrale der Polizei Berlin mit mehr Personal ausgestattet wird, um der steigenden Anzahl an Notrufen und der zunehmenden Länge der Wartezeiten Herr zu werden.

Dies soll zum einen durch eine Umstrukturierung des bisherigen Personals erfolgen, aber auch durch die Verwendung von Personal aus der Verwaltung. Bei Bedarf sind auch Neueinstellungen in Betracht zu ziehen. Um die Anzahl nicht relevanter „Notrufe“ zu verringern, ist die Kampagne #NoNotruf fortzuführen

III. Marginalisierte Gruppen und interkulturelle Kompetenz

Für uns Junge Liberale ist es wichtig, dass die Polizei Berlin – unter Wahrung ihrer Einsatzfähigkeit – ein Spiegelbild unser Gesellschaft abgibt.

In den nächsten Jahrzehnten wird sich unsere Gesellschaft tiefgreifend verändern: Sie wird, insbesondere in den großen Metropolregionen, diverser werden, immer mehr Menschen werden in die Städte ziehen und sie wird, statistisch gesehen, altern.

Für uns steht fest, dass diese Prozesse nicht nur nicht spurlos an der Polizei werden vorübergehen können, sondern auch, dass die Polizei einer der wichtigsten Akteure bei der Sicherung des gesellschaftlichen Friedens sein wird.

Um dieser Rolle gerecht werden zu können, müssen die Polizisten eine hohe interkulturelle Kompetenz aufweisen, die „in diesem Kontext ein synergetisches Produkt eines permanenten Wechselspiels mit dem Ziel den Möglichkeitsraum zu maximieren“ ist (Dr. Marwan Abou-Taam, Mainz).

Das beinhaltet epistemische Kompetenzen sowohl als auch affektive Kompetenzen. Die epistemische Kompetenz umfasst „strukturierte Erfahrungen“ und präzises Wissen um die Normen, Eigenheiten und Gebräuche fremder Kulturen, die praxisgeleitet und schnell abgerufen und in Handlung umgesetzt werden können.

Die affektiven Kompetenzen sind die Disziplinierungen der eigenen Affekte im Lichte einer diversen Bevölkerung; konkret heißt dies v.a. den Ausbau der Ambiguitätstoleranz.

Darüber hinaus müssen die Polizisten hinsichtlich einer große Bandbreite an möglichen Kommunikationsformen – verbaler und nonverbaler Art – geschult werden, um auch in interkulturellen Überschneidungssituation alle Akteure zielgerichtet adressieren zu können.

Wir wissen um die hohen Anforderungen, die das an die Polizisten zusätzlich zu ihrer ohnehin schon anspruchsvollen und mühsamen Arbeit stellt. Deshalb muss hier die Aufwand-Nutzen-Ratio eine besondere Rolle in allen Erwägungen spielen: Die Konzeption von Schulungen hinsichtlich des Aufgabenspektrums einer diversen Gesellschaft müssen sich immer an den statistisch gesehen relevanten Gruppen orientieren.

Doch nicht nur neue Aufgaben stellen Herausforderungen für die Gestaltung einer Berliner Polizei, die fit für das 21. Jahrhundert sein soll, dar, sondern auch bereits beschrittene Wege müssen weitergegangen werden. Insbesondere  ist nach wie vor die familienunfreundliche Dienstplangestaltung zu bemängeln. Es dürfte aber auch klar sein, dass die Ausübung des Polizistenberufs nicht unter familiären Verantwortlichkeiten und Pflichten leiden darf. Es müssen nach wie vor alle Beamte z.B. für Nachtschichten zur Verfügung stehen.

Die Lösung des Problems liegt unserer Ansicht nach in einer Flexibilisierung, und damit einhergehend der Möglichkeit zur Individualisierung, von Dienstplänen. Vergütungszuschlag von 50 % auf Nachtschichten und von 25 %auf Sonn- und Feiertage sind in Erwägung zu ziehen, um Polizisten, die hier nicht von familiären Pflichten gebunden werden zu motivieren.

IV. Terrorismus

Die Koordinierungsstellen von Bund und Ländern (z.B. das Gemeinsame Analyse- und Strategiezentrum illegale Migration (GASIM) oder das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum) müssen endlich in eine eigene Behörde überführt werden und mit einer entsprechenden gesetzlichen Grundlage ausgestattet werden.

Bis dies erreicht ist, fordern wir, dass derartige behördenübergreifende Koordinierungszentren selbst hinsichtlich der Einhaltung von Gesetzen zum Datenschutz sowie des Kooperationsverbots zwischen Polizei und Geheimdiensten durch externe Stellen kontrolliert werden und nicht, wie bisher, nur die beteiligten Behörden.

Die Schaffung in thematischer Hinsicht globaler Koordinierungszentren lehnen wir ab.