Berlin für Corona-Zeiten fit machen

Die Covid-19-Pandemie verursacht für jeden Einzelnen erhebliche Einschränkun-
gen im Alltag und stellt die Politik vor eine unvergleichbare Herausforderung. Es
gilt, die körperliche Unversehrtheit Aller, die wirtschaftliche Existenz von Arbeit-
nehmern und das Lebenswerk von Unternehmern sowie Selbstständigen zu si-
chern. Es war daher richtig, unser gesellschaftliches Zusammenleben bestimmt
wie rigide herunterzufahren, um einer schnellen Ausbreitung des Coronavirus
entgegenzuwirken. Unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit des deutschen
Gesundheitssystems müssen wir stets eine verhältnismäßige Abwägung von Le-
bensschutz und weiteren Grundrechten sicherstellen. Gerade deshalb stellen wir
auch fest, dass kein fundamentaler Widerspruch, sondern ein komplementärer
Zusammenhang zwischen Lebensschutz und persönlicher sowie wirtschaftler
Freiheit, zwischen Pandemiebekämpfung und wirtschaftlicher Stabilität besteht.
Ein über saisonale Effekte hinausgehender Ausstieg aus den Einschränkungen
kann nur mit einer hinreichend hohen Impfquote gelingen. Wir begrüßen, dass
mittlerweile jeder Zweite in Deutschland eine erste Impfdosis erhalten hat.
Gleichzeitig zeigen wir uns über den nach wie vor nicht gelösten Impfstoffmangel
besorgt. Insbesondere mit Blick auf die hochansteckende Varianten muss es das
Ziel sein, schnellstmöglich eine nahezu vollständige Durchimpfung der Bevölke-
rung zu erreichen.

Gesundheitsschutz

Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern konnte in Deutschland ein voll-
ständiger Kollaps des Gesundheitssystems verhindert werden. Gleichzeitig waren
viele Krankenhäuser, insbesondere die Intensivstationen, mehr als einmal am
Rande, in Teilen sogar kurzweilig über, ihrer Leistungsfähigkeit. Die Corona-Krise
hat systematische Schwachstellen in der politischen Steuerung als auch im Ge-
sundheitssystem offenbart, die es im Anschluss an die Krise anzupacken gilt.
Nach wie vor gilt: Jeder ist aufgerufen, unnötige Infektionswege zu meiden, um
die Basisreproduktionsrate des Virus nachhaltig zu minimieren. Darum fordern
wir:

Die Bundesregierung und das Land Berlin sollen sich für eine verstärkte
Durchführung von heterologen Impfungen einsetzen. Ein solches Impfsche-
ma ist sowohl mit Blick auf die Ausbreitung neuer Mutanten, vor der ein he-
terologes Impfschema vermutlich am besten schützt, als auch mit Blick auf
die Empfehlung der STIKO aufgrund gesundheitlicher Komplikationen, ins-
besondere junger Menschen, zu bevorzugen.

Kinder haben in der Krise häufig besonders gelitten. Gleichzeitig stehen ih-
nen nur wenige Impfstoffe zur Verfügung. Um Schulbildung in Präsenz
langfristig möglich zu machen, soll sich das Land Berlin dafür einsetzen,
dass Schülern mit Vorerkrankungen aktiv ein Impfangebot gemacht wird.

Mit Blick auf weiter schreitende Mutationen und der Möglichkeit, dass auf-
grund dieser auch nach Zweitimpfungen noch Booster-Impfungen nötig wer-
den könnten, wollen wir die Strukturen der Impfzentren weitgehend bis zur
Erreichung der Herdenimmunität einsatzfähig behalten.

Nicht jeder Berliner hat einen Hausarzt, der Impfungen anbietet, oder ist
berechtigt sich im Impfzentrum impfen zu lassen. Die Jungen Liberalen Ber-
lin sprechen sich für ein landesweites digitales Impfportal aus, dass die An-
meldung und Verteilung des Impfstoffes effektiv koordiniert.

Die Coronakrise zeigt, dass das Land Berlin gemeinsam mit der Bundesre-
gierung dem Fachkräftemangel in Zukunft ernsthaft entgegentreten muss
und Quereinsteiger sowie Berufsanfänger erfolgreicher für die Pflege und
weitere systemrelevante Berufe gewinnen muss. Dafür sollen nachhaltige
Konzepte erarbeitet werden. Insbesondere sehen wir eine Dringlichkeit bei
der Anpassung der Bezahlungen im Pflege- und Gesundheitssektor. Daher
sprechen wir uns schon mit der Ausbildung für eine Anpassung und leis-
tungsgerechten Bezahlung aus.

zur Stärkung der Kapazitäten vor Ort, vermehrt auf das bereits bestehende
Potential von Medizinstudenten und PJlern zurückgreifen. Letztere sollen
deshalb erweiterte Befugnisse erhalten, Medizinstudenten währenddessen
durch landesweite Einstellungskampagnen gewonnen werden. Gerade in
Krisenzeiten wird die Notwendigkeit medizinischer Qualifikation nicht obso-
let, weshalb auf diese Weise hinzugewonnenes Personal vor allem verhält-
nismäßig einfache, unterstützende Tätigkeiten übernehmen soll. Zwangs-
verpflichtungen von Medizinern und medizinischem Fachpersonal sind da-
gegen abzulehnen, weil sie einen hoch intensiven Grundrechtseingriff dar-
stellen, der weder die aktuelle Situation noch die ausgeprägte freiwillige Be-
reitschaft zur Mitwirkung Vieler honoriert.

Chemische, biologische und andere fachnahe Studiengänge und Ausbil-
dungen wie MTA sowie die in diesem Rahmen noch oder schon ausgebil-
deten Studenten, Doktoranden und Postdocs bieten ebenfalls großes Po-
tential, das durch eine landesweite Reserveliste bereitgehalten werden soll-
te, um die mit COVID-19 befassten Labore bei Kapazitätsengpässen zu
unterstützen. Auch hier lehnen wir Zwangsverpflichtungen selbstverständ-
lich vehement ab.

Während der akuten Pandemiesituation befürworten wir eine Maskenpflicht
im öffentlichen Leben. Im Freien unter Einhaltung der Abstandsregelung
soll dies nicht gelten und die Mandatierung insbesondere für Geimpfte und
Genesene im Falle niedrigen Infektionsgeschehens entfallen. Als Ausnah-
me sehen wir den ÖPNV, indem einerseits kein Hygienekonzept möglich ist
und der andererseits unverzichtbar für große Teile des gesellschaftlichen
Lebens ist.

Wir sprechen uns gegen eine einjährige Impfpflicht für Influenza aus.

Damit die Kapazitäten der Krankenhäuser und Kliniken in Berlin nicht über-
lastet werden, ist zu prüfen inwiefern behelfsmäßige und provisorische
Krankenhäuser etwa in Stadthallen oder Kongresszentren oder Erweiterun-
gen bestehender Krankenhäuser schnell errichtet werden können, um be-
stehende Krankenhäuser zu entlasten. Deshalb begrüßen wir die kurzfristi-
ge Nutzung der Messehallen als provisorisches Krankenhaus für Coro-
na-Patienten.

Bürgerrechte

Zweck eines liberalen Rechtsstaates ist zuallererst der Schutz und die Durchset-
zung der Grundrechte seiner Bürger. Die zunehmende Machtkonzentration bei
der Exekutive betrachten wir daher als außerordentlich bedenklich. Sämtliche co-
ronainduzierten Grundrechtseingriffe haben daher stetig auf ihre Verhältnismäßig-
keit geprüft zu werden. Wir fordern weiterhin:

Solange die Nutzung ausschließlich auf freiwilliger Basis erfolgt, sind digita-
le Angebote wie beispielsweise Apps auf Basis der Bluetooth-Technologie
eine sinnvolle Ergänzung bei der Bewältigung der aktuellen Situation sein.
Aufgrund der hohen Sensibilität der erhobenen Daten sind hohe Sicher-
heitsstandards und weitgehende Anonymisierung, eine möglichst dezentra-
le Speicherung der Daten und die Veröffentlichung des Quellcodes uner-
lässlich. Die Sicherheitslücken der Luca-App offenbaren die Konsequenz
der Nichteinhaltung solcher Standards.

Um einem langfristigen Ausarten grundrechtsintensiven Vorgehens durch
den Senat oder die Bundesregierung vorzubeugen, müssen stets klare Kri-
terien erarbeitet und diskutiert werden, die die Aufhebung der aktuellen
Einschränkungen zukünftig obligatorisch werden lässt.

Wir begrüßen die flächendeckende Test-Infrastruktur in Berlin. Gleichzeitig
müssen betrügerische und unsachgemäße Durchführungen schnellstmög-
lich und flächendeckend überprüft und eingedämmt werden. Dazu müssen
insbesondere die Anreizsysteme der Abrechnung in den Blick genommen
werden und auf eine gemeinsame Interessenverfolgung hin ausgerichtet
werden. Mobile Testteams sollen verstärkt in Bezirken mit besonders hoher
Inzidenz eingesetzt werden.

Nach dem Ende der Pandemie fordern wir die Abgeordnetenhausfraktion
der FDP dazu auf, sich für die Einrichtung einer Enquete-Kommission im
Berliner Abgeordnetenhaus einzusetzen. Diese Kommission soll klären, wie
mögliche Pandemien zukünftig unter Wahrung größtmöglicher Freiheits-
rechte bekämpft werden können und welche Rechtsgrundlagen dafür dau-
erhaft und ggf. zeitweise notwendig sind. Ferner soll sie das Vorgehen an-
gesichts der COVID-19-Pandemie evaluieren. Juristische Alleingänge zum
jetzigen Zeitpunkt lehnen wir Junge Liberale Berlin entschieden ab.

Das Versammlungsrecht ist eines der wichtigsten demokratischen Rechte
zur Kontrolle der Staatsgewalt durch seine Bürger. Nicht trotz, sondern ge-
rade in Krisenzeiten gilt dies mehr denn je. Wir sehen die Notwendigkeit ei-
ner Einschränkung der Versammlungsfreiheit aus Sicht des Infektionsschut-
zes. Dennoch dürfen Versammlungen nicht unter Genehmigungsvorbehalt
in Abhängigkeit ihrer Teilnehmerzahl gestellt werden. Stattdessen müssen
alle Versammlungen mit der Auflage zugelassen werden, dass Abstandsre-
geln eingehalten werden oder anderweitig das Infektionsrisiko niedrig gehal-
ten wird (z.B. Versammlungen durch Autokorsos).

Bildung

Berlin ist ein herausragender Bildungsstandort Deutschlands und deshalb auch
mit einer besonderen Verantwortung betraut, insofern der Betrieb von Universitä-
ten und (Berufs-) Schulen bestmöglich aufrechterhalten werden muss. Dennoch
hat uns die Pandemie klarer denn je vor Augen geführt, dass die Chancenge-
rechtigkeit im Berliner Bildungssystem nicht hinreichend vorhanden. Auch jetzt
noch hat nicht jeder Berliner Schüler ein geeignetes Endgerät oder hat kaum di-
gitalen Unterricht. Etwaige rechtliche Hindernisse bei der Nutzung digitaler Lehr-
angebote sind deshalb schnellstmöglich aufzuheben. Wir fordern weiterhin:

Der Idee der Einführung eines Durchschnittsabiturs ist abzulehnen. Statt-
dessen sollten die Senatsverwaltungen für Gesundheit und Schule ggf.
Strategien und Lösungen erarbeiten, wie Abschlussprüfungen trotz der
Ausbreitung des Coronavirus möglichst risikofrei stattfinden können. Falls
notwendig sollen die Klausuren zeitlich verschoben und die Fristen für den
Beginn von Studium oder Ausbildung angepasst werden.

Uns ist wichtig, dass es Rechtssicherheit für jegliche Varianten des Abiturs
sowie alle Abschlüsse in der beruflichen Bildung und im Hochschulbereich,
die im Jahr 2021 absolviert werden, gibt. Junge Menschen dürfen keine
Nachteile aufgrund der Corona-Krise erfahren.

Wir begrüßen, dass Schüler und Eltern die Wahlmöglichkeit haben das ver-
gangene Schuljahr freiwillig zu wiederholen. Gleichzeitig darf dies nicht als
Grund genommen werden, um in Klassenverbänden versäumte Inhalte
nicht nachzuarbeiten. Das gleiche gilt auch für Anja Karlizceks “Nachhil-
fe-Milliarde”. Die Förderung und Unterstützung der Schüler, die durch die
Corona-Zeit Nachteile im Bildungserhalt erfahren haben, ist richtig und
überfällig. Gleichzeitig darf das Bestehen solcher Angebote nicht genutzt
werden, um die Verantwortung für das Nachholen von Schulinhalten allein
auf die sowieso schon belasteten Schüler und Eltern abzuwälzen.

Bildung in Schulen und Hochschulen ist ohne Präsenz nur schwer vorstell-
bar. Das vergangene Jahr hat die Bedeutung von menschlichem Kontakt
und Austausch für den Erhalt von Bildung deutlich gezeigt. Deswegen
muss sich die Politik jetzt darauf konzentrieren möglichst vielen Schülern
und Studierenden eine Präsenzteilnahme bei gleichzeitigem Gesundheits-
schutz zu ermöglichen. Einen konzeptlosen, übereilten Einstieg in die Prä-
senzlehre noch im Sommersemester, wie Michael Müller es vorgeschlagen
hat, halten wir für falsch. Wir sind überzeugt, dass die Hochschulen ihre
Kapazitäten und den Umgang mit ihren Studierenden selber besser bewer-
ten können als der Senat. Um Hochschulen im Übergang zur Präsenzlehre
zu unterstützen braucht es klare und auch mittelfristig gültige Regeln an-
statt von Wahlkampfaktionen des regierenden Bürgermeisters. Für Präsenz-
veranstaltungen sollen insbesondere die kommenden Studienanfänger, Stu-
dienanfänger der Corona-Jahre 20/21 und Teilnehmer von Veranstaltun-
gen, die nur in Präsenz möglich sind wie bspw. Labore, priorisiert werden.
Außerdem wollen wir allen Studierenden den Zugang zu den Bibliotheken
ermöglichen.

Schulen müssen dringend bei der Ausgestaltung eines digitalen Lehrange-
bots finanziell wie personell unterstützt werden. Dafür fordern wir eine Fort-
bildungsoffensive für das Berliner Lehrpersonal an Schulen und Universitä-
ten.

Viele Studentinnen und Studenten geraten durch wegfallende Nebenjobs
oder wegfallendes Einkommen der Eltern in eine finanzielle Schieflage. Wir
fordern daher, dass explizit alle Studenten auf Antrag vorläufig und unbüro-
kratisch den BAföG-Höchstsatz erhalten sollen. Eine Bedürftigkeitsprüfung
und eventuelle Rückzahlung sollen erst nachträglich stattfinden. Dass die
Bundesbildungsministerin Millionen von Euro lieber ungenutzt lässt, anstatt
damit die Finanzierung von Studierenden zu überbrücken, schmerzt uns
besonders und ist ein Angriff auf die Chancengerechtigkeit in diesem Land.

Wir fordern die Hochschulen dazu auf, Studenten, die zur Krisenbewälti-
gung beitragen, indem sie freiwillig im Gesundheitswesen arbeiten oder
sich nachweislich anderweitig sozial engagieren, bis zu 6 ECTS für ihre
Studienleistung im freien Wahlbereich anzurechnen. Darüber hinaus sollen
Auszubildende ohne die Frist von einen Arbeitsfall von 6 Wochen oder 30
Arbeitstagen in die Kurzarbeit übergehen können.

Wirtschaft

Die aktuelle Lage ist für die Berliner Wirtschaft verheerend: Laut einer Umfrage
der IHK berichten beinahe sämtliche Unternehmen von einer spürbar schlechte-
ren gewerblichen Umgebung. Corona und das damit verbundene weitgehende
de facto Transaktionsverbot löst aktuell eine schwerwiegende Rezession aus, die
immensen Schaden an unserer Lebensweise anrichten wird. Die politische Hand-
lungsunfähigkeit des Berliner Senats ist daher besorgniserregend, weil sie sich
nicht in den verbalen Entgleisungen von Innensenator Geisel über vermeintliche
Akte moderner Piraterie erschöpft. So brachten es die Senatoren Pop und Kol-
latz innerhalb kürzester Zeit zustande, entgegen expliziter Versprechen, die lan-
deseigenen Mittel der Investitionsbank Berlin innerhalb weniger Tage aufzubrau-
chen. Gleichermaßen aufgebraucht ist somit auch deren Handlungsspielraum für
politische Akzente. Vor diesem Hintergrund fordern wir daher:

eine zügige rückwirkende Prüfung der Antragsteller, die bereits Mittel durch
die IBB erhalten haben. Die Prüfung soll unbürokratisch, digital und ohne
Personenkontakt möglich sein. Nur so können Mitnahmeeffekte und der zu
erwartende Missbrauch auf ein Minimum reduziert werden. Der Senat hat
dazu zeitnah ein entsprechendes Konzept vorzulegen.

Zudem müssen sämtliche Maßnahmen auch auf ihre Wirksamkeit hinsicht-
lich mittlerer Unternehmen geprüft werden – das Rückgrat der deutschen
Wirtschaft darf nicht allein gelassen werden.

Soweit es die deutsche Finanzverfassung zulässt, sollte das Land Berlin
Steuersenkungen anstreben als Stimulus für die Wirtschaft nach der Coro-
na-Krise. Hierbei sollten auch die örtlichen Verbrauchssteuern zeitweise
aufgehoben oder gesenkt werden, da diese anders als direkte Steuern ih-
rem Wesen nach die Leistungsfähigkeit der betroffenen Steuersubjekte nur
mittelbar erfassen und berücksichtigen können.

Im Bundesrat soll sich das Land Berlin dafür einsetzen, dass Corona-be-
dingte Steuersenkungen zur Stabilisierung unserer Wirtschaft unterstützt
werden.

Auch wenn ein ausgeglichener Haushalt für dieses Jahr nicht mehr im Be-
reich des Möglichen liegt, sprechen wir uns dafür aus, eine gewisse Haus-
haltsdisziplin zu wahren. Insbesondere fordern wir, dass jene Schulden,
die in der Krisenzeit angehäuft werden, in den Folgejahren mit Überschüs-
sen wieder zügig abschmelzen.

Soziales

Neben der gesundheits-, wirtschafts-, bürgerrechts- und bildungspolitischen Di-
mension des „COVID-19“-Ausbruchs herrscht auch ein besonderer Druck auf das
soziale Gefüge unseres Zusammenlebens. Viele Menschen leiden unter Verlust-
ängsten, Isolierung oder sogar häuslicher Gewalt. Um sie nicht allein zu lassen,
muss staatliches Handeln hier unbedingt ansetzen. Deshalb fordern wir:

die Bezirke auf, dem vermutlich steigenden Auftreten häuslicher Gewalt
durch die Schaffung von Unterbringungsmöglichkeiten für alleinstehende
Betroffene und Elternteile mit Kindern zu begegnen. Das temporäre Anmie-
ten aktuell leerstehender Hotels, Hostels und Ferienwohnungen kann hier-
bei gleich mehrfach vorteilhaft sein.

Die Vermeidung physischer Kontakte bedeutet für einige Menschen eine
besondere Härte. Opfer häuslicher Gewalt befinden sich in einer Notlage,
in denen Ausweichmöglichkeiten zusätzlich eingeschränkt sind. Während
der Ausgangsbeschränkungen kam es zu einem zusätzlich erhöhten Bedarf
an Plätzen in Frauenhäusern, was regelmäßig zu einer platzbedingten Ab-
weisung schutzsuchender Frauen führte. Vor diesem Hintergrund kritisieren
wir den Berliner Senat und stärken die FDP-Fraktion im Berliner Abgeord-
netenhaus in ihrer Forderung nach zusätzlichen Frauenhäusern für Berlin.

Zudem müssen die Berliner Tafeln und Obdachlosenunterkünfte bei ihrem
Betrieb während weiterer möglicher Lockdowns durch die Landesregierung
unterstützt werden.

Obdachlose sind gesundheitlich besonders gefährdet. In Zusammenarbeit
mit den Berliner Krankenhäusern muss die Landesregierung schnellstmög-
lich ein Konzept vorlegen, dass das Vorgehen der Notambulanzen hinsicht-
lich von Obdachlosen, die üblicherweise über keine Krankenversicherung
verfügen, in Zeiten ohnehin ausgelasteter Einrichtungen abschließend klärt.

Es ist zu erwarten, dass der Berliner Krisendienst kurz- bis mittelfristig mit
einer erhöhten Auslastung konfrontiert sein wird. Der Senat muss mit den
Verantwortlichen im engen Austausch bleiben, um bei absehbaren Engpäs-
sen gegensteuern zu können.