Ausbildung ermöglichen, Zukunft bieten

Die berufliche Ausbildung muss grundlegend reformiert werden. Kurzfristige Kaschierungen wie der Nationale Pakt für Ausbildung und Fachkräftenachwuchs können nicht die Lösung für ein derart komplexes Thema sein. Wir in Deutschland in Deutschland haben in den letzten Jahren verschlafen, dem Thema die gebührende Aufmerksamkeit zu schenken. Nun ist es an der Zeit endlich etwas zu bewegen.

Viel zu oft beschränken sich die Betrachtungen des Problems auf die Erfassung von simplen Daten: Wie viele Ausbildungsplätze gibt es? Wie viele Ausbildungsfähige gibt es? Die Aufgabe ist es dann, allen, die einen Ausbildungsplatz möchten, einen zu vermitteln. An sich ein einfaches Prinzip, doch es stellt sich sofort die Frage, ob dies dem Problem überhaupt gerecht wird. Denn heißt ein abgeschlossener Ausbildungsvertrag auch gleich, dass damit langfristig eine Arbeitsstelle geschaffen bzw. besetzt wurde oder ob eine Existenz mittelfristig gesichert ist? Dies sollte doch vielmehr das Ziel von Ausbildungspolitik sein. Und um eben dieses Ziel zu erreichen, ist es nötig, den Blickpunkt der Betrachtung zu verschieben. Nicht der Zwang oder die Selbstverpflichtung zu mehr Ausbildungsplätzen wird uns helfen, sondern die fundamentale Veränderung des Systems „berufliche Ausbildung“. Anstatt am dualen System festzuhalten, brauchen wir flexiblere, möglichst kürzere und praxisnähere Ausbildungen, die den Möglichkeiten der Auszubildenden und den Bedürfnissen der ausbildenden Unternehmen angepasst sind. Die Unternehmen müssen selbst entscheiden können, wann der Auszubildende bereit für die Prüfungen ist. Die Ausbildungszeit sollte daher nicht festgeschrieben sein, sondern situationsgerecht. Wer eine Ausbildung schneller schafft, sollte nicht unnötig auf die Prüfungen warten müssen. Auf der anderen Seite muss es jedoch eine festgeschriebene Höchstgrenze geben, um einen gewissen Druck aufzubauen und Unternehmen nicht langfristig an Auszubildende zu binden, die den Anforderungen nicht gewachsen sind.

Darüber hinaus geht der aktuelle Trend hin zu immer mehr anerkannten Ausbildungsberufen eindeutig in die falsche Richtung, denn die Schaffung neuer Berufe stellt einen großen bürokratischen Akt dar und bringt am Ende nur mehr Stoff, den Ausbilder neu erarbeiten und vermitteln müssen.

Allgemeinere Berufe vereinfachen das gesamte Ausbildungs- und Prüfungswesen und lassen Unternehmen einen größeren Spielraum in der betriebsspezifischen Ausbildung, so dass der Auszubildende näher am auszubildenden Betrieb steht und auch der Anreiz zur Übernahme erhöht wird. Eine staatlich anerkannte Prüfung auf einem allgemeineren Niveau sorgt somit für weniger Verwaltungsaufwand und für mehr Freiheit in der Ausbildung. Was zählt sollte nicht die Berufsbezeichnung, sondern die Berufsbefähigung sein.

Es mag von politischer Seite „nett“ sein, jungen Menschen einen Ausbildungsplatz zu versprechen, doch was haben sie nach abgeschlossener Ausbildung davon, wenn sie nicht übernommen werden, sondern einfach die nächsten Auszubildenden folgen, um bestimmte Quoten zu erfüllen? Wir sollten es Unternehmen erleichtern und sie darin unterstützen junge Menschen auszubilden, wenn sie dies wollen und auch für wirtschaftlich richtig halten, anstatt ihnen bestimmte Zahlen vorzuschreiben, die an den Bedürfnissen der Unternehmen und des Marktes vorbeigehen.

Daher sollte der Schwerpunkt der Ausbildung eindeutig in den Unternehmen liegen, denn sie sind es, die ursprünglicher Weise vom Auszubildenden profitieren möchten und ihm daher die Chance einer Ausbildung bieten. Hierbei sollten sie so frei wie möglich in der Gestaltung der Ausbildung bleiben. Dennoch sollte es einen Grundstock an Qualifikationen und Wissen geben, die dabei vermittelt werden und die in einer Prüfung abgefragt werden können, um dann einen anerkannten Berufsabschluss zu verleihen. Staatliche Angebote sollten hierbei unserer Ansicht nach eindeutig ergänzend wirken und die Unternehmen dort unterstützen, wo die Leistung der Betriebe nicht mehr ausreicht.

In der Praxis gäbe es demnach einen vorgeschriebenen Rahmenplan ähnlich dem im Schulwesen, der von den Unternehmen in einer selbst bestimmten Zeit und mit selbst gewählten Methoden vermittelt werden muss. Die Ausbildungszeit kann somit beispielsweise zwischen einem und drei Jahren liegen und wäre den Bedürfnissen des Unternehmens angepasst. Die Verallgemeinerung der Berufe sorgt hierbei dafür, dass die Unternehmen selbstständig Spezialisierungen vornehmen können und der zu vermittelnde Stoff vermehrt in den Betrieben gelehrt werden kann. Den Unternehmen würde somit ein größerer Spielraum in der betrieblichen Ausbildung geboten werden und die Auszubildenden hätten größere Anreize sich einzubringen und oftmals auch überhaupt erst die Chance auf einen Ausbildungsplatz. Und das sollte unser aller Ziel sein.