Metropolregion der Sicherheit

Die Stadt Berlin ist ein Ort der Vielfalt, Toleranz und Freiheit, der die Menschen in aller Welt fasziniert. Menschen kommen nach Berlin, um die Spuren der einzigartigen Geschichte zu verfolgen, um zu studieren, um die beeindruckende Kultur mitzuerleben und sogar vermehrt, um eine eigene Existenz zu gründen. Auch wenn es für Berlin immer weiter aufwärts zu gehen scheint, so hat Berlin doch ein erhebliches Problem. Ein Problem mit der inneren Sicherheit.

Ob die nicht genügend wertgeschätzte Arbeit der Polizei, die immense Ressourcenverschwendung bei der Jagd nach dem einfachen Cannabiskonsumenten oder auch die weiterhin immens hohe Einbruchs- und die diesbezüglich schreckenerregende Aufklärungsquote, die von Jahr zu Jahr gerade einmal 4% beträgt, sind Beispiele dafür, wie die Berliner Regierung die Sicherheit seiner Bürger riskiert und das Geld des Steuerzahlers verschleudert. Die Jungen Liberalen Berlin wollen die verfehlte Sicherheitspolitik des Senats nicht hinnehmen und fordern daher die Umsetzung von diversen Maßnahmen, um in Berlin eine Sicherheitspolitik umzusetzen, die einer Weltstadt auch gebührt. Des Weiteren fordern wir den Berliner Senat auf zu untersuchen, welche technologischen Neuerungen von Nöten sind um die Effizienz der Berliner Polizei weiter zu steigern.

Ordentliche Arbeitsbedingungen für Polizisten

Eine repräsentative Umfrage der Gewerkschaft der Polizei unter Berliner Polizeivollzugsbeamten ergab, dass 87% der Berliner Polizisten sich nicht gewertschätzt fühlen, rund 60% ihre Arbeit als ineffektiv wahrnehmen sowie die Regenerationsphasen als zu kurz empfinden und sogar erschreckend viele Polizisten Anzeichen von Burnout vorweisen oder ihre frühzeitige Pensionierung für wahrscheinlich halten. Diese Zahlen sind nicht verwunderlich, wenn man erkennt, was für eine miserable Politik die Berliner Regierung hier praktiziert. Obwohl Berlin als Großstadt mit einigen Kriminalitätsbrennpunkten eine große Arbeitsbelastung mit sich bringt, ist die Berliner Polizei stark unterbesetzt und bei der Besoldung im Bundesvergleich weiterhin unverhältnismäßig auf dem letzten Rang. Ein Polizist in Berlin verdient in verschiedenen Positionen ca. 15% weniger als sein Hamburger Kollege. Dies hat zur Folge, dass die Berliner Landespolizei im bundesweiten Vergleich als Arbeitgeber auf potenzielle Polizeianwärter außerordentlich unattraktiv wirkt und die Berliner Polizei daher Probleme hat, fähigen Nachwuchs zu finden. Da die Berliner Polizei ihre Einstellungsanforderungen zu Recht nicht senken will, hat die Berliner Polizei bei den Einstellungstests deshalb eine überdurchschnittlich hohe Durchfallquote, was heißt, dass es problematisch wird, den Personalbedarf zu decken. Besonders in Hinblick auf die Alterung und Pensionierung der immer älter werdenden Polizeibelegschaft ist dieser Zustand nicht mehr hinnehmbar. Gerade eine Metropolregion wie Berlin sollte Wert darauf legen, dass auch genügend gute Köpfe die Sicherheit der Bürger gewährleisten und dass auch diese guten Köpfe nicht unter einer so immens großen Arbeitsbelastung stehen, dass sie ihren Dienst nicht mehr mit 100% Konzentration und Leidenschaft ausüben können und vielleicht sogar Fehler begehen, die eigentlich vermeidbar wären. Die Jungen Liberalen Berlin fordern daher, die Besoldung der Berliner Landespolizei um mindestens 5% anzuheben sowie mindestens 600 neue Polizisten einzustellen.

Bodycam

Eine Polizei, die in andauernden und langwierigen Rechtsstreitigkeiten verwickelt ist, verbraucht Ressourcen, die eigentlich zur Verbrechensbekämpfung eingesetzt werden könnten. 2013 kam es zu 1.087 Anzeigen gegen Polizisten, wovon sich aber nur in acht Fällen der Vorwurf bestätigte und zu einer Verurteilung führte. Um diese Vorwürfe in der Zukunft entweder schnellstmöglich zu entkräften oder einen Beweis zur Bestätigung zu haben, fordern die Jungen Liberalen Berlin die Nutzung von „Bodycams“, was für Polizei sowie für die Bürger eine vermehrte Rechtssicherheit bietet und somit unnötig langen Rechtsstreitigkeiten vorbeugt. Die Bodycams sollen sowohl Bild als auch Ton aufnehmen, da auch Dialoge und diverse Geräusche wichtig sind, um eine vergangene Situation nachzuvollziehen. Während eines Einsatzes dürfen Bodycams durch die Träger nicht deaktiviert werden können. Zusätzlich muss die Speicherkarte der Bodycam fest eingebaut sowie verschlüsselt sein, um unbefugten Zugriff zu verhindern. Darüber hinaus müssen hohe Datenschutz Richtlinien gelten. Alles, was auf der Bodycam aufgezeichnet wird, muss innerhalb von 48 Stunden nach beenden des Arbeitstages des einzelnen Polizisten gelöscht werden, falls dies nicht durch einen richterlichen Beschluss verhindert wird, der es nach einem Vorfall für wichtig erachtet, eine längerfristige Auslesung der Aufzeichnungen zur Aufklärung zu veranlassen.

Videoüberwachung

Für die Junge Liberalen Berlin stehen die Bürger nicht immer und überall unter Generalverdacht, daher lehnen wir eine flächendeckende Videoüberwachung im öffentlichen Raum strikt ab.

In Berlin gibt es viele soziale Brennpunkte, aber das rechtfertig nicht automatisch die Videoüberwachung dieser. Bei Einzelfallentscheidungen muss ein konkreter Grund vorliegen, der nicht nur der möglichen Aufklärung dient, sondern präventiven Schutz bietet. Auf Privatgelände, welches für den öffentlichen Verkehr geöffnet ist, ist auf Sicherheitskonzepte des Eigentümers bzw. der jeweiligen Betreibergesellschaften Rücksicht zu nehmen. Rein präventiv erfasstes Bildmaterial darf jedoch auch unter diesen Bedingungen nur maximal 48 Stunden gespeichert werden. Das Ausspähen von Mitarbeitern muss ausgeschlossen sein. Die maximale Speicherdauer kann mit einem richterlichen Beschluss verlängert werden, falls dies zur Aufklärung einer konkreten Straftat vom Richter für notwendig erachtet wird.

Die unwissentliche Aufzeichnung von Personen durch den Staat ist abzulehnen, da nur schwer verfolgt werden kann, wer die Informationen nutzt und es keine Möglichkeit der Meidung überwachter Orte oder des Widerspruches gibt. Daher fordern die Jungen Liberalen Berlin, dass bei bereits fest installierter und zukünftig geplanter Videoüberwachung im öffentlichen Raum die Videoüberwachung offensichtlich gekennzeichnet werden muss.

Gefahrengebiete

Die Jungen Liberalen Berlin fordern die in § 21 Abs. 2 Nr. 1 und § 34 Abs. 2 Nr. 2 ASOG festgelegte Regelung, über die Identitätsfeststellung und Durchsuchung ohne Verdachtsmoment an „kriminalitätsbelasteten Orten“, ersatzlos zu streichen. Aus den Erfahrungen, die im Januar 2014 in Hamburg im dortigen Gefahrengebiet gemacht wurden, sollte auch Berlin seine Lehren ziehen und die vergleichbare landesrechtliche Ermächtigung abschaffen.

Predictive Policing – Die Logik des Verbrechens

Eine moderne Großstadt muss auch beim Thema der Verbrechensbekämpfung moderne Wege gehen. Predictive Policing nutzt nicht-personenbezogene Daten wie Ort und Art des Verbrechens, um mittels Computersimulationen Risikogebiete zu erkennen, in denen professionell agierende Verbrecherbanden aktiv sind. Diese Form der vorausschauenden Polizeiarbeit wird genutzt, um Ressourcen wie etwa Streifenfahrten, optimal nutzen zu können. Solche Systeme werden bereits seit Jahren in den USA eingesetzt. In Zürich gingen innerhalb eines halben Einsatzjahres die Einbruchzahlen stadtweit deutlich zurück. Seit November 2014 läuft ein Testprojekt in Bayern. Berlin darf diese Entwicklung nicht verschlafen, daher fordern die Jungen Liberalen Berlin den Einsatz des Predictive Policing innerhalb der Stadt zu erproben und bei Erfolgen im ganzen Stadtgebiet einzusetzen.

Kronzeugenregelung

Eine Kultur- und Weltstadt zu sein bringt nicht nur Vorteile mit sich. Es ist klar, dass Europas Metropolen Ziele terroristischer Aktivitäten sein können. Organisierte Kriminalität jeder Art stellt eine besondere Bedrohung für die Bewohner Berlins dar. Die Jungen Liberalen Berlin sehen die Kronzeugenregelung nach § 46b StGB als ein effektives Mittel, dieser zu begegnen. Straftätern wird die Möglichkeit geben, Haftverkürzung durch die Aufklärung bereits begangene oder zukünftige Verbrechen zu erhalten. Der Ausstieg aus der Kriminalität wird erleichtert und weitere Schäden von der Gesellschaft abgewendet. Daher sprechen sich die Jungen Liberalen Berlin dafür aus, die Ausweitung der Regelung auf weitere Straftatbestände sowie die weitere Flexibilisierung dieser zu prüfen.

Öffentlich-private Gefängnisse

Der Staat ist kein guter Unternehmer. Genau wie bei den klassischen Staatsbetrieben, gilt dies auch für den Justizvollzug. Deutsche Justizvollzugsanstalten arbeiten zumeist sehr ineffizient. Eine Justizvollzugsanstalt, in welcher der Betrieb so weit wie rechtlich möglich in private Hände gelegt wird, was zum Beispiel das Hausmanagement, das Betreuungsmanagement, die Videoüberwachung etc. angeht, arbeitet um einiges effizienter und vor allem kostengünstiger, wie es bei den Justizvollzugsanstalten Offenburg und Hünfeld der Fall ist bzw. war. Insbesondere auch Erfahrungen zu Kosteneinsparungen in den USA und Großbritannien sollten die Berliner Landesregierung dazu veranlassen, Teilprivatisierungen von Justizvollzugsanstalten ernsthaft in Erwägung zu ziehen. Dabei müssen vor allem den negativen Erfahrungen aus den USA oder Australien bei der Kontrolle der privaten Anbieter Rechnung getragen werden. Vor allem die Kritik an mangelnder medizinischer Versorgung, Hygiene und schlecht ausgebildeten privaten Gefängnismitarbeitern und einem daraus resultierende Anstieg von Aufständen und Missbrauchsfällen, muss ernst genommen werden. Entsprechend muss eine dauerhafte und intensive Kontrolle durchgeführt werden, die zum einen die Kostenersparnis bewertet und zum anderen die Verhältnisse der Inhaftierten im Auge behält. Insbesondere die Bereiche der Resozialisierung und der Vollzugsplanung dürfen von der Teilprivatisierung nicht betroffen sein. Die Jungen Liberalen Berlin fordern daher, dass die Teilprivatisierung bei allen bestehenden Berliner Justizvollzugsanstalten auf die Realisierbarkeit und das Einsparungspotenzial geprüft wird. Bei der Prüfung des Einsparungspotenzials müssen die durch die Notwendigkeit der staatlichen Kontrolle der privaten Einrichtung, möglicherweise zusätzlich entstehenden Kosten, berücksichtigt werden.

Jugendkriminalität

Durch die Fokussierung der journalistischen Berichterstattung auf schwere Straftaten, entsteht leicht der Eindruck, dass Jugendkriminalität vor allem aus Körperverletzungs- oder gar Tötungsdelikten besteht. Am häufigsten begehen Jugendliche jedoch Bagatelldelikte, wie Sachbeschädigung, Diebstahl oder das Erschleichen von Leistungen. Zudem sind die meisten Jugendlichen keine Intensivtäter, sondern bilden die Delikte eine Episode im Leben der Heranwachsenden ab, die sich mit persönlicher und sozialer Entwicklung und Reifung selbst erledigt. Folglich lehnen die Jungen Liberalen Berlin sowohl die Absenkung der Strafmündigkeit von 14 Jahren, als auch eine generelle Anwendung des „Erwachsenenstrafrechts“ bei Jugendlichen ab. Vielmehr müssen präventive Angebote verstärkt werden, darunter etwa Anti-Gewalttraining und Informationsveranstaltungen die von der Polizei im Rahmen des Schulunterrichts angeboten werden. Gleichzeitig ist eine bessere Verzahnung von Polizei und Jugendhilfe, etwa bei gemeinsamen Fallkonferenzen oder der nach der Verurteilung, erforderlich. Des Weiteren ist ein verstärkter Einsatz von Jugend- und Sozialarbeitern, sowie „Streetworkern“ notwendig, um eine verlässliche Anlaufstelle zu schaffen. In Jugendgefängnissen muss vor allem auf ein Gesamtkonzept aus besserer Behandlung (etwa soziales Training und Schuldnerberatung) und Wohngruppenvollzug gesetzt werden. Zudem sollten eine schulische oder berufliche Ausbildung mit einer an die Entlassung anschließenden freiwilligen Betreuung von bis zu zwei Jahren forciert werden.