Die Jungen Liberalen Berlin bekennen sich klar zu einem effektiven strafrechtlichen Schutz der sexuellen Selbstbestimmung, der nach dem Grundsatz „Nein heißt Nein!“ alle vorsätzlichen sexuellen Handlungen erfasst, die gegen den erkennbaren Willen der anderen Person vorgenommen werden. Der Gesetzgeber ist mit seiner 2016 vorgenommenen Reform daran gescheitert, ein lückenloses und praktikables Sexualstrafrecht einzuführen. In der 2,5-Jährigen Anwendungspraxis haben sich bereits bedenkliche Strafbarkeitslücken aufgetan, die ein erneutes Tätigwerden des Gesetzgebers unentbehrlich machen.
Die Jungen Liberalen Berlin fordern eine Anpassung des Sexualstrafrechts, um folgende zwei Verhaltensweisen gegen die sexuelle Selbstbestimmung des Opfers angemessener erfassen zu können:
Stealthing als strafbare Vergewaltigung
Als Stealthing wird das heimliche Abziehen des Kondoms während des Geschlechtsverkehrs gegen den Willen der Sexualpartnerin bzw. des Sexualpartners bezeichnet. Der Täter verletzt durch dieses Vorgehen in erheblichem Ausmaß die sexuelle Selbstbestimmung des Opfers, schließlich vollzieht er den Geschlechtsverkehr entgegen zuvor (wenigstens implizit) vereinbarten Bedingungen und setzt das Opfer einem deutlich höheren Schwangerschaftsrisiko und/oder dem Risiko einer Ansteckung mit sexuell übertragbaren Krankheiten aus. Ob Sex mit oder ohne Kondom stattfindet, liegt nicht im Belieben eines Sexualpartners. Auch geht es an der Lebensrealität vorbei, diese Tat in zwei unabhängige Sachverhalte (also einen grundsätzlich konsensualen Geschlechtsakt und ein davon isoliert bewertetes Abziehen des Kondoms) aufzuspalten – wie es etwa das AG Tiergarten Ende 2018 geurteilt hat.
Die Jungen Liberalen Berlin fordern daher eine gesetzliche Klarstellung, dass Stealthing nicht nur den Straftatbestand des sexuellen Übergriffs (§ 177 Abs. 1 StGB) erfüllt, sondern – wie überwiegend in der Strafrechtswissenschaft gefordert – auch ein (ggf. neu zu schaffendes) Regelbeispiel für einen besonders schweren Fall nach § 177 Abs. 6 StGB erfüllt. Hierdurch würde das deutlich erhöhte Strafmaß einer Vergewaltigung anwendbar, ohne beide Delikte pauschal miteinander gleichzustellen: der Strafrahmen zwischen zwei und 15 Jahren Freiheitsstrafe lässt hinreichenden Spielraum, die Schwere der Tat im Einzelfall angemessen zu würdigen.
Upskirting als Sexualdelikt erfassen
Als Upskirting bezeichnet man das unerwünschte, insbesondere heimliche Fotografieren unter den Röcken von Frauen. Solche Bilder landen häufig auf Pornoseiten und anderen Onlineplattformen. Auf vielen Upskirts sind die Frauen identifizierbar. Oft werden Frauen dafür in der Öffentlichkeit heimlich fotografiert oder bedrängt. In Deutschland ist diese Praxis nicht hinreichend vom Gesetz abgedeckt: Strafbar macht man sich erst durch die Verbreitung der Aufnahmen, das Fotografieren ist weiterhin legal. Laut § 201a StGB sind diese Aufnahmen nur in privaten und geschlossenen Räumen verboten. Mehrere Urteile zeigen, dass eine Strafbarkeitslücke besteht, da in einigen Fällen weder die Straftatbestände der Beleidigung, noch der sexuellen Belästigung einschlägig sind.
Die Jungen Liberalen Berlin fordern daher, dass Upskirting, also das unerlaubte/unerwünschte, insbesondere heimliche Fotografieren unter den Röcken von Frauen künftig als sexuelle Belästigung eingestuft wird bzw. als strafbare Handlung der sexuellen Belästigung in die Strafgesetzgebung aufgenommen wird.