Rechtsstaatlichkeit im Strafverfahren stärken!

Die Jungen Liberalen Berlin sprechen sich für eine Stärkung der Rechtsstaatlichkeit im Strafverfahren aus. Staatsanwaltschaften sollen einen Anfangsverdacht künftig nicht mehr lediglich auf legales Verhalten stützen dürfen, das nach kriminalistischer Erfahrung auf strafbewehrtes Verhalten schließen lässt.

Ermittlungsmaßnahmen sind auf ihre Verhältnismäßigkeit hin zu überprüfen. Insbesondere soll die Freiwilligkeit genetischer Reihenuntersuchungen gestärkt, die biologische Rasterfahndung abgelehnt und Durchsuchungen in Körperöffnungen an strengere Voraussetzungen geknüpft werden. Der verdeckte Eingriff in informationstechnische Systeme wird ebenso abgelehnt wie der große Lauschangriff. Längerfristige Observationen werden im Bereich der Klein- und mittleren Kriminalität auf drei Monate begrenzt. Sog. „Hörfallen“ werden abgelehnt.

Rechtsstaatswidrige Tatprovokationen durch den Staat oder ihm zurechenbare Personen sind als exzessive Maßnahme abzulehnen und mit einem absoluten Verfolgungshindernis zu sanktionieren. V-Personen dürfen nicht durch „erfolgs“abhängige Vergütungsmodelle zu einer Tätigkeit verleitet werden, die dem Neutralitätsgebot der Ermittlungsbehörden widerspricht.

Verstöße gegen beschuldigtenschützende Verfahrensvorschriften sollen mit einem Beweisverwertungsverbot mit Fernwirkung bewehrt werden, das keiner richterlichen Abwägung offensteht. Die sog. Widerspruchslösung des BGH ist aufzugeben. Da bereits die bloße Durchführung eines Strafverfahrens bürgerliche Existenzen vernichten kann, wird Staatsanwaltschaften jegliche Öffentlichkeitsarbeit in laufenden Verfahren untersagt, die nicht zur Erlangung von Beweismitteln (etwa durch Zeugenaufrufe) unbedingt erforderlich ist. Dem öffentlichen Bedürfnis nach Information wird durch die öffentliche Hauptverhandlung bereits hinreichend Genüge geleistet.

Da es zu den elementaren Voraussetzungen einer wirksamen Verteidigung gehört, die gegen sich erhobenen Verdachtsmomente zu erfahren, sollen künftig auch bei einer Einstellung des Verfahrens wegen fehlenden hinreichenden Tatverdachts Anwaltskosten aus dem Ermittlungsverfahren erstattet werden.

Inhaltsverzeichnis
1 Präambel
2 Handhabung des Anfangsverdachts
3 Übermäßige Ermittlungsmaßnahmen reduzieren
4 Folgen von Verfahrensverstößen verschärfen
5 Kostenerstattung auch im Ermittlungsverfahren
6 Öffentlichkeitsarbeit der Staatsanwaltschaften einschränken

Präambel
Das Strafrecht erfüllt eine zentrale Rolle zur Sicherstellung eines friedlichen und funktionierenden gesellschaftlichen Zusammenlebens und trägt erheblich zum Schutz der Freiheitssphären der Bürger vor Übergriffen Anderer bei. Strafrechtliche Sanktionen müssen durchsetzbar und Straftäter zu ahnden bleiben, will der Staat diesem Schutzauftrag gerecht werden.

Dennoch muss Strafverfolgung stets mit Augenmaß betrieben und auf Verhältnismäßiges beschränkt bleiben, greifen zahlreiche Verfahrens- und Ermittlungsmaßnahmen doch bereits intensiv in Grundrechte der Betroffenen ein. Da Strafverfahren als Aufklärungsverfahren stets auf Verdachtsmomenten beruhen, kann es denknotwendig nicht vermieden werden, auch Unschuldige derartigen Eingriffen zu unterziehen. Aufgabe des Verfahrensrechts ist es, eingreifende Ermittlungsmaßnahmen an enge Voraussetzungen zu knüpfen, um derartige Grundrechtsbeeinträchtigungen auf ein tolerables Minimum zu reduzieren. Hinzu kommt der Schutz rechtsstaatlicher Errungenschaften, die eng mit der Menschenwürde verknüpft sind und sich damit einer Relativierung grundsätzlich verschließen – insbesondere das Selbstbelastungsverbot (nemo tenetur) und der Strafklageverbrauch (ne bis in idem).

Einen falschen Freispruch muss ein rechtsstaatlich verfasstes Gemeinwesen tolerieren können, solange das Strafrecht seine grundsätzliche Präventionsfunktion erhält. Wird hingegen ein Unschuldiger Sanktionen unterworfen, begibt sich der Staat selbst auf die Seite des Unrechts. Die Unschuldsvermutung und die Anforderungen des Strengbeweises stellen daher Grundprinzipien rechtsstaatlicher Strafverfolgung dar. Diese Prinzipien zu garantieren ist Kernanliegen eines liberalen Verfahrensrechts, seine Beachtung minimiert als solche bereits die Gefahr von Fehlurteilen – und seine Missachtung muss demzufolge weitreichende Konsequenzen zeitigen.

Aus diesem Grundverständnis folgern die Jungen Liberalen Berlin folgende Forderungen:

Handhabung des Anfangsverdachts
Die Jungen Liberalen Berlin kritisieren die Praxis, legales Verhalten als ausreichenden Anfangsverdacht für Strafverfahren anzusehen, das lediglich aufgrund kriminalistischer Erfahrung regelmäßig auf strafbewehrtes Verhalten hindeutet. Das Strafrecht verliert seine verhaltenslenkende Funktion, wenn bereits das – unter Umständen bewusst als Grenze gesehene – Verhalten zu faktischen Repressionen bei der Durchführung des Verfahrens führen kann. Legale Handlungen, die lediglich mit illegalen Handlungen korrelieren mögen, dürfen für die Erfüllung eines Anfangsverdachtes daher nicht ausreichen. Die Jungen Liberalen Berlin fordern eine Ergänzung von § 152 StPO, die diese Einschränkung klarstellt.

Übermäßige Ermittlungsmaßnahmen reduzieren
Grundrechtsintensive Ermittlungsmaßnahmen sind auf ein verhältnismäßiges Minimum zu beschränken. Wo sie zur Strafverfolgung zwingend erforderlich sind, müssen sie an hinreichend klare Eingriffskriterien gebunden und einer substantiierten juristischen Kontrolle, im Zweifel durch einen Richtervorbehalt, unterzogen werden. Des Weiteren fordern die Jungen Liberalen Berlin:

Der genetische Fingerabdruck eröffnet dank immer besser werdender Analysemöglichkeiten einen immer tiefergehenden Einblick in die körperliche Beschaffenheit eines Menschen, der Zugriff darauf ist daher geeignet, intime Details über einen Beschuldigten zu entblößen. Die Unterziehung zu Reihengentests (§ 81h StPO) muss daher freiwillig bleiben. Die Verweigerung gegenüber der Maßnahme eines kleinen Personenkreises darf ohne zusätzliche verdachtsbegründende Momente nicht dazu führen, dass die verweigernden Personen als Tatverdächtige behandelt und in der Folge der DNA-Analyse zwangsunterzogen werden (§§ 81a, 81e, 81f StPO). Die biologische Rasterfahndung, bei der durch genetische „Beinahe-Treffer“ (entfernte) Angehörige des Fahndungssubjekts in das Visier der Strafverfolgungsbehörden geraten können, lehnen die Jungen Liberalen Berlin sowohl wegen grundrechtlicher Bedenken als auch der ungeklärt hohen Fehleranfälligkeit ab.
Die Eingriffsgrundlage zu Durchsuchungen bei Verdächtigen (§ 102 StPO) erstreckt sich auch auf die Durchsuchung von Körperöffnungen ohne medizinische Hilfsmittel. Eine solche Maßnahme ist geeignet, nachhaltig das Schamgefühl des Betroffenen zu beeinträchtigen. Sie sind daher angemessener als körperliche Untersuchung (§ 81a StPO) zu behandeln und den dortigen Eingriffsvoraussetzungen zu unterwerfen.
Informationstechnische Systeme speichern oft eine Vielzahl von Eindrücken aus der Intimsphäre eines Menschen, die besonders vor staatlichem Zugriff geschützt werden muss. Geschieht der Zugriff auf ein solches System zudem heimlich, entzieht er sich in der Regel der Möglichkeit eines rechtzeitigen Rechtsschutzes. Die Jungen Liberalen Berlin fordern daher die Abschaffung bestehender Eingriffsgrundlagen zum verdeckten Eingriff in informationstechnische Systeme zur Gefahrenabwehr (etwa § 20k BKAG – „BKA-Trojaner“) und lehnen die Einführung entsprechender Befugnisse zur Strafverfolgung ab.
Die Jungen Liberalen Berlin lehnen den sog. „großen Lauschangriff“ (§ 100c f. StPO) als generell unverhältnismäßig ab.
Die längerfristige Observation von Beschuldigten (§ 163f StPO) stellt aufgrund ihrer Dauerhaftigkeit und Pausenlosigkeit eine als besonders erheblich erfahrbare Belastung der Betroffenen dar. Aus diesem Grund und im Sinne des Beschleunigungsgrundsatzes soll die Maßnahme entgegen bisheriger Praxis nur noch dann mehrfach in Folge angeordnet werden dürfen, sofern der Verdacht einer erheblichen Katalogstraftat gem. § 100c II StPO vorliegt. Außerhalb dieses Anwendungsbereichs bleibt die Anordnung damit auf maximal drei Monate beschränkt (§ 163f III 3 i.V.m. § 100b I 4, 5 StPO).
Die Jungen Liberalen Berlin fordern ferner:

Entsprechend der Rechtsprechung des EGMR sind sog. „Hörfallen“ als Verletzung des Fair-Trial-Grundsatzes zu betrachten, die in bedenklicher Weise das Selbstbelastungsverbot (nemo-tenetur-Grundsatz) verkürzen. Rechtlicher Schutz wird unterlaufen, wenn der Beschuldigte statt in einer Vernehmung durch Einrichtung oder Vorspiegelung einer vertrauenserweckenden Kulisse zu selbstbelastenden Aussagen motiviert werden soll – bspw. durch Mithören während eines als vertraulich vorgespiegelten Telefonats des Beschuldigten durch einen Zweithörer.
Werden Privatpersonen als V-Personen angeworben, muss ihr (den Strafverfolgungsbehörden zurechenbares) Handeln selbstredend gleichwertigen rechtsstaatlichen Standards genügen. Insbesondere ist darauf zu achten, dass das Gebot der neutralen Sachverhaltsaufklärung befolgt wird. Deshalb sind etwa auch Vergütungsmodelle inakzeptabel, die Erfolgsprämien an die Überführung des – vermeintlichen – Straftäters knüpfen.
Wirken Hoheitsträger oder ihnen zurechenbare Private (Lockspitzel) in systematischer, erheblicher Weise oder in einem Ausmaß, für das sich zuvor kein hinreichender Verdacht ergab, darauf ein, Bürger zur Begehung von Straftaten zu bewegen, so muss dies entgegen derzeitiger Rechtsprechung aus rechtsstaatlichen Erwägungen ein absolutes Verfahrenshindernis zur Folge haben. Das Recht begäbe sich in Wertungswidersprüche, wenn es einen staatlichen Strafanspruch für Taten begründet, die mutmaßlich erst durch die massive staatliche Einwirkung auf den (unbescholtenen?) Bürger begangen wurden.
Folgen von Verfahrensverstößen verschärfen
Um die Einhaltung des Verfahrensrechts zu gewährleisten, erfordern rechtswidrig durchgeführte Maßnahmen handfeste rechtliche Konsequenzen. Die Missachtung konkreter Eingriffskriterien und die Überschreitung verfahrensrechtlicher Befugnisse darf unter keinen Umständen eine erfolgversprechende Strategie zur Strafverfolgung werden.

Die Jungen Liberalen Berlin fordern daher die Einführung eines generellen (keiner richterlichen Abwägung offenstehenden) Beweisverwertungsverbots für Erkenntnisse, die unter Verletzung beschuldigtenschützender Rechtsvorschriften erlangt wurden, insbesondere:
Das Selbstbelastungsverbot (Nemo-Tenetur-Grundsatz) ist eng verknüpft mit der Menschenwürde. Auch eine fahrlässig unterbliebene Belehrung des Beschuldigten über sein Aussageverweigerungsrecht und sein Recht zur Verteidigerkonsultation (§ 136 I 2-4 StPO) muss zu einer Unverwertbarkeit der Aussage führen. Auch eine Wiederholung der Aussage, etwa im Hauptverfahren, muss unverwertbar bleiben, solange die Belehrung nicht ordnungsgemäß nachgeholt wurde und um eine Belehrung über die Unverwertbarkeit der Erstaussage ergänzt wurde (qualifizierte Belehrung) – ohne, dass diese Rechtsfolge entsprechend der ständigen Rechtsprechung einer richterlichen Abwägung offensteht.
Machen Zeugen von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht (§§ 52 ff. StPO) erst in der Hauptverhandlung Gebrauch, darf dieses Recht in Anlehnung an § 252 StPO generell nicht durch eine Vernehmung der früheren Verhörsperson umgangen werden. Dies gilt nicht für Auskunftsverweigerungsberechtigte (§ 55 StPO), da das Auskunftsverweigerungsrecht zum Schutz des Zeugen besteht, den Beschuldigten dagegen allenfalls als bloßen Rechtsreflex schützt. Die Verletzung von Belehrungspflichten nach § 52 III 1 StPO führt zum oben dargelegten absoluten Erfordernis einer qualifizierten Belehrung. Selbiges gilt bei Personen, die sich entgegen § 53 StPO für die Ermittlungsbehörden erkennbar irrig zur Aussage verpflichtet fühlten, über diesen Irrtum indes nicht aufgeklärt wurden.
Die Durchführung einer körperliche Untersuchung (§ 81a StPO) durch einen anderen als einen Arzt oder unter Umgehung des Richtervorbehalts führt zur Unverwertbarkeit des Beweismittels, ebenso der menschenrechtswidrige (Art. 3 EMRK) Zwangseinsatz von Brechmitteln.
Das Beweisverwertungsverbot ist in einer Gesetzesvorschrift unter enumerativer Aufzählung der bewehrten Verstöße zu verankern.
Im Rahmen der Beweisverwertungsverbote fordern die Jungen Liberalen Berlin die gesetzliche Abschaffung der richterrechtlichen sog. „Widerspruchslösung“, nach der gewisse Beweisverwertungsverbote von einer fristgerechten Geltendmachung durch den Beschuldigten abhängen. Oftmals resultieren Verfahrensverstöße – etwa bei unterlassenen Belehrungen – in einem Informationsdefizit des Beschuldigten, welches zu rügen ebenjene Kenntnis der Verfahrensrechte voraussetzt. Auch können rechtsstaatliche Verfahrensgrundsätze nicht zur Disposition der Parteien gestellt werden, entfalten diese doch auch einen generalpräventiven Charakter gegenüber den Ermittlungsbehörden. Will ein Beschuldigter den Beweis verwertet sehen, kann er auf eine formell und materiell ordnungsgemäße Wiederholung der Beweiserhebung hinwirken oder den Umstand in ein Geständnis aufnehmen.
Die Jungen Liberalen Berlin fordern außerdem eine Fernwirkung von Beweisverwertungsverboten gegenüber Beweismitteln, deren Erlangung kausal auf dem rechtswidrig erlangten Erstbeweismittel beruht. Eine solche Fernwirkung ist erforderlich, um Beweisverwertungsverbote in ihrer Wirksamkeit nicht gänzlich zu erodieren. Ein Verstoß gegen individualschützende Verfahrensrechte des Beschuldigten muss zu einem umfassenden Verwertungsverbot auch der nur mittelbar erlangten Beweise führen – allein schon um Verfahrensverstöße nicht zu einer erfolgversprechenden Strategie erstarken zu lassen. Eine Heilung des Beweisverwertungsverbots ist nur unter dem Gesichtspunkt des hypothetisch rechtmäßigen Ermittlungsverlaufs zuzulassen. Etwaige Beweisschwierigkeiten („ob es der Polizei nicht auch gelungen wäre, das Beweismittel auf andere, rechtmäßige Weise zu erlangen“) gehen ausgehend von der Unschuldsvermutung zulasten der Anklage.
Kostenerstattung auch im Ermittlungsverfahren
Weiterhin problematisch ist, dass der Beschuldigte in einem Ermittlungsverfahren zwar angehört werden muss, jedoch selbst keine Möglichkeit hat, zuvor durch Einsichtnahme in die Ermittlungsakte überhaupt zu ergründen, worauf sich der gegen ihn gerichtete Verdacht konkret begründet. Vielmehr muss er, sollte er sich zur Sache äußern und bereits im Ermittlungsverfahren den Tatvorwurf ausräumen wollen, ins Blaue hinein Angaben machen, wodurch er sich häufig zusätzlich selbst belastet.

Eine Akteneinsicht vor einer Einlassung zur Sache ist jedoch ausschließlich Rechtsanwälten als Organen der Rechtspflege vorbehalten. Soweit sich ein Beschuldigter also anwaltlicher Hilfe bemüht, um von vorneherein den Tatverdacht gegen sich auszuräumen und eine zusätzlich belastende Anklageerhebung zu vermeiden, entstehen ihm nicht unerhebliche Kosten (in der Regel zwischen € 600,00 und € 800,00) für die Einschaltung eines Rechtsanwalts. Diese werden ihm jedoch im Falle der Einstellung des Verfahrens gem. § 170 Abs. 2 Strafprozessordnung (kein hinreichender Tatverdacht), anders als im Falle eines gerichtlichen Freispruches nicht erstattet. Lediglich § 469 der Strafprozessordnung sieht vor, dass die Staatsanwaltschaft bei dem zuständigen Gericht beantragen kann, die Kosten dem Anzeigensteller aufzuerlegen, wenn dieser vorsätzlich oder leichtfertig unwahre Anzeige erstattet haben sollte. In der Praxis machen die Staatsanwaltschaften hiervon jedoch kaum Gebrauch.

Da jedoch die Gefahr besteht, dass Staatsanwaltschaften entgegen ihres gesetzlichen Auftrags einseitig zulasten von Beschuldigten ermitteln und es zum Anderen zum Kernbereich des rechtsstaatlichen Verfahrens gehört, dass ein Beschuldigter auch Kenntnis über die gegen ihn erhobenen Vorwürfe und Verdachtsmomente erhält, fordern die Jungen Liberalen Berlin, dass auch solchen Beschuldigten die Kosten für eine anwaltliche Beauftragung in notwendiger Höhe (d.h., entsprechend der Regelungen des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes) aus der Landeskasse erstattet werden, soweit ein gegen sie gerichtetes Verfahren mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt wird. § 467 StPO ist um eine entsprechende Regelung zu ergänzen. Es ist in diesem Zusammenhang zu hoffen, dass die Staatsanwaltschaften auch stärker als bisher von der Regelung Gebrauch machen, diese Kosten gerichtlich den Anzeigenstellern aufzuerlegen, sofern diese vorsätzlich oder leichtfertig unwahre Angaben getätigt hatten.

Öffentlichkeitsarbeit der Staatsanwaltschaften einschränken
Die Unschuldsvermutung ist Eckpfeiler eines rechtsstaatlichen Strafverfahrens, welche für jeden Bürger, egal ob prominent oder nicht, gleichermaßen gilt: So lange die Schuld eines Beschuldigten nicht bewiesen ist, dürfen keine Sanktionen gegen seine Person erfolgen. Dabei muss beachtet werden, dass gerade bei Personen öffentlichen Ansehens allein der Verdacht, eine strafbare Handlung begangen zu haben, ausreicht, um bürgerliche Existenzen zu ruinieren.

Die Jungen Liberalen Berlin fordern daher die konsequente Umsetzung der Unschuldsvermutung auch in der Öffentlichkeitsarbeit von Staatsanwälten. Da während eines laufenden Ermittlungsverfahrens keine eindeutige Beweislage vorliegen kann, soll es Staatsanwaltschaften untersagt sein, sich über diese Fälle zu äußern und Einzelheiten der Ermittlungen der Öffentlichkeit mitzuteilen. Dies betrifft nicht die zur Ermittlung unbedingt erforderliche Öffentlichkeitsarbeit, etwa öffentliche Fahndungsaufrufe oder die öffentliche Suche nach Zeugen; letztere sollte indes unter größtmöglicher Wahrung der Anonymität des Beschuldigten erfolgen.

Dem öffentlichen Interesse an einer Berichterstattung ist durch das öffentliche Hauptverfahren hinreichend genüge geleistet.

Schluss mit vorgesetzten Listen! Für eine Reform des Berliner Wahlrechts

Das Berliner Wahlrecht sieht sowohl bei den Wahlen zum Abgeordnetenhaus wie auch zu den Bezirksverordnetenversammlungen geschlossene Listen vor_ der Wähler sieht sich am Wahltag vorgefertigten Kandidatentableaus der Parteien ausgesetzt, deren Ausgestaltung sich seines Einflusses entzieht. Die Zusammensetzung der Parlamente wird dadurch zu einem nicht unerheblichen Teil bereits auf Parteitagen entschieden – man denke nur an faktisch sichere vordere Listenpositionen der Volksparteien. Demokratische Wahlen werden in ihrer Unmittelbarkeit eingeschränkt, schlimmstenfalls richten politische Verantwortungsträger in ihrem Streben nach einem aussichtsreichen Listenplatz ihr Verhalten stärker am Parteiinteresse als am Wählerwillen oder ihrem Gewissen aus.

Die Jungen Liberalen Berlin fordern daher die Einführung offener Listen im Berliner Wahlrecht zum Abgeordnetenhaus und zu den Bezirksverordnetenversammlungen. Statt bisher einer Zweit- bzw. Listenstimme sollen den Wählern künftig drei Stimmen zur Verfügung stehen, die beliebig, auch kumuliert, an Einzelpersonen vergeben werden dürfen. Die Sitze einer Partei werden sodann nach Abzug etwaiger Direktmandate nach dem Verhältnis der Personenstimmen untereinander über das Saint-Laguë-Verfahren verteilt, d.h., dass die einer Partei zustehende Gesamtmandatszahl mitdenjenigen Personen besetzt wird, die die meisten Stimmen, unabhängig von ihrer Listenplatzierung, auf sich vereinigen konnten.

Zugleich fordern die Jungen Liberalen Berlin die Abschaffung der Bezirkslisten. Das Berliner Abgeordnetenhaus versteht sich als Vertretung der Gesamtstadt und eine Repräsentation aller Stadtgebiete ist bereits durch die Direktmandate aus den 78 Wahlkreisen sichergestellt. Bezirkslisten konterkarieren dagegen partiell das Konzept der offenen Listen, indem dem Wähler die persönlichen Wunschkandidaten aus anderen Bezirken vorenthalten werden können.

Die Jungen Liberalen Berlin fordern außerdem, das Zuweisungsverfahren der Mandate im Abgeordnetenhaus und den Bezirksverordnetenversammlungen auf das Saint-Laguë-Verfahren umzustellen, das die geringste Verzerrung der Erfolgswertgleichheit gewährleistet.

Willy-Brand(t)schutz, Stadtschlösschen, Staatsoper und nun Olympia? Kein weiteres Erbprojekt für Wowereit!

Die Jungen Liberalen Berlin fordern den Senat auf von einer Bewerbung für die Olympischen Spiele 2024 bzw. 2028 Abstand zu nehmen und die Planungsverfahren einzustellen. Das Land Berlin hat momentan weder die finanziellen Kapazitäten für eine Planfeststellung, noch ist es erfahrungsgemäß in der Lage mit den gegenwärtigen Strukturen derlei ambitionierte Großprojekte ökonomisch sowie ökologisch nachhaltig zu verwirklichen. Was Berlin jetzt braucht, ist ein nachhaltiger Infrastrukturausbau, Schulen, Sporthallen, Kindergärten, Freizeiteinrichtungen, Wohnungsbau und Krankenhäuser. Was Berlin nicht braucht, ist eine Olympiabewerbung.