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Ausgangslage
Berlin ist demografisch, städtebaulich und kulturell eine Metropole der Vielfalt. Diese Vielfalt spiegelt sich auch in den vielfältigen Wohnmöglichkeiten in Berlin wider. Ob das Eigenheim im Grünen, die WG im Kiez, der Single-Haushalt in City-Lage, das Town-House mit Car-Loft im Szeneviertel oder die Familien-Bleibe direkt an der Spree: Berlin hat sowohl für Eigentümer als auch für Mieter viel zu bieten.
Die JuLis Berlin begreifen diese Wohnvielfalt als bedeutenden Standortvorteil für die Stadt Berlin. Eine zukunfts-orientierte, moderne Wohnungspolitik für die Menschen darf sich aus unserer Sicht nicht starr an staatlich vorgegebenen Leitlinien orientieren, sondern muss immer die Bevölkerungsentwicklung und die ständigen Veränderungen in der Stadt als Ausgangs-punkt nehmen. Vorrangige Aufgabe jeder Wohnungspolitik sollte es sein, einen verlässlichen gesetzlichen und politischen Rahmen zu schaffen, innerhalb dessen sich die Menschen mit ihren Angeboten und Bedürfnissen zum Wohnen möglichst frei entfalten können.
Wohnen zur Miete
Berlin ist eine klassische Mieterstadt – ca. 87 % aller Einwohner wohnen zur Miete. Dabei gibt es auch bei der Wohnraummiete verschiedenste Modelle. Die Julis Berlin fordern daher, dass es keine einseitige Bevorzugung bestimmter Wohnmodelle durch staatliche Subventionen geben darf. Der vom Senat beschlossene Wegfall der Anschlussförderung im sozialen Wohnungsbau als Förderungsinstrument war für die hoch verschuldete Stadt Berlin zudem schlichtweg alternativlos. Die Julis Berlin sind sich der Folgen des Subventionsabbaus für das soziale Gefüge dabei durchaus bewusst. In diesem Zusammenhang fordern wir die angemessene Anwendung der Mietausgleichsvorschriften, die im Zuge des Wegfalls der Anschlussförderung entwickelt worden sind, um die betroffenen Mieter vor sozialen Härten zu schützen. Zugleich sei darauf hingewiesen, dass der Mietspiegel die Mieter bereits vor unzulässig hohen Mietpreiserhöhungen schützt. Insofern lehnen wir die Forderung des Berliner Mietervereins nach einem „Landes- Wohnraumförderungsgesetz“ ab. Die Julis Berlin setzen sich für eine freie Entwicklung des Mietspiegels ein und erteilen jeglichen Vorschlägen zur Deckelung eine klare Absage. Dies wäre ein unzulässiger Eingriff in die Entstehung von Marktpreisen. Der durch Subventionen künstlich erzeugte – und somit von allen Steuerzahlern mitfinanzierte – Durchschnittsmietpreis in Berlin liegt im Vergleich zu anderen Metropolen heute schon extrem niedrig. Die Julis Berlin fordern, bei der Stadtplanung und insbesondere bei der Aufstellung von Bebauungsplänen in Zukunft ein besonderes Augenmerk auf den stark steigenden Bedarf von Single-Wohnungen und dem Interesse an neuen Wohnmodellen wie etwa den Mehrgenerationenhäusern zu legen.
Wohneigentum
Die JuLis Berlin plädieren für eine ausgewogene Mischung von Mietwohnungen und Wohneigentum. Für uns bedeutet Wohneigentum zugleich Freiheit und Unabhängigkeit sowie eine ideale Absicherung und Altersvorsorge für die Eigentümer. Nach dem Wegfall der Eigenheimzulage 2006 gilt es, durch den Abbau negativer Anreize mehr Einwohner zur Anschaffung von Wohneigentum zu bewegen. Dahingehend fordern die JuLis Berlin eine neue Denkausrichtung in der zuständigen Senatsverwaltung. Menschen dürfen nicht durch schlechte Rahmenbedingungen wie hohe Grundsteuern, unverhältnismäßig steigende Straßenreinigungsgebühren und unkalkulierbare finanzielle Lasten aus dem Straßenausbaubeitragsgesetz von Wohneigentum abgehalten werden. In diesem Zusammenhang begrüßen die Julis Berlin das Modell der Grundstücksvergabe im Festpreisverfahren an „Baugruppen bzw. Baugemeinschaften“. Die Vergabekriterien orientieren sich an der individuellen Lage des Grundstücks. Die so sichergestellte Beachtung von architektonischen, sozialen und umweltfreundlichen Aspekten ist zu begrüßen. Allerdings fordern die Julis Berlin, bei der Auswahlentscheidung auch auf Finanzierungsaspekte zu achten.
Dem Liegenschaftsfonds, als Vermarkter der landeseigenen Immobilien, kommt eine zentrale Bedeutung zu. Der Liegenschaftsfonds sollte im Rahmen der Grundstücksveräußerung die Prämisse der Schaffung von privatem Wohneigentum beachten. Den Vorschlägen, wonach der Liegenschaftsfonds bei der Vergabe von landeseigenen Grundstücken gerade nicht den Preis als entscheidendes Vergabekriterium heranziehen soll, erteilen die Julis Berlin in Hinblick auf die Haushaltslage eine klare Absage. Die Privatisierung von öffentlichen Wohnungsbau-gesellschaften sollte weiter vorangetrieben werden. Der Staat ist nicht der bessere Vermieter. Durch entsprechende Nebenbestimmungen bei den Kaufverträgen können die Mieter ausreichend vor einer Verschlechterung ihrer Situation geschützt werden, so wie dies auch bereits in der Vergangenheit praktiziert wurde.
Einfluss von Umwelt- und Klimapolitik
Die Julis Berlin bekennen sich zu einer umwelt- und klimafreundlichen Wohnungspolitik in Berlin. Investitionen in Gebäude mit dem Ziel, diese energieeffizient nutzen zu können, sind grundsätzlich zu begrüßen. Allerdings verwehren wir uns gegen die Entstehung einer überbordenden Bürokratie infolge von immer neuen Klima- und Energieauflagen.
So fordern wir die sofortige Aussetzung des § 5 und 6 der Verordnung zur Durchführung der Energiesparverordnung in Berlin (EnEV-DV Berlin). Die genannten Normen bestimmen zur Überprüfung hinsichtlich der Einhaltung von Energieauflagen einen sogenannten „Prüfsachverständigen für energetische Gebäudeplanung“. Zum einen entstehen durch das Prüfverfahren weitere Gutachterkosten für den Bauherrn. Zum anderen gibt es aktuell gar kein staatliches Anerkennungsverfahren für den genannten Prüfsachverständigen. Damit sind Bauherrn einer großen Rechtsunsicherheit ausgesetzt. Die Julis Berlin fordern eine Prüfung der Möglichkeit, ob die Überprüfung der energetischen Vorgaben nicht durch die bereits in den Bauplanungsprozess involvierten Fachkräfte ausgeübt werden können. Die Julis Berlin warnen davor, die Klimaschutzziele des Berliner Klimaplans durch eine übermäßige Belastung der Mietpreise und damit der Mieter zu erreichen. Der Berliner Klimaplan erfordert die Sanierung von bis zu 10.000 Mietshäusern. Allerdings dürfen nicht unter dem Deckmantel der Klimafreundlichkeit unverhältnismäßige Mieterhöhungen stattfinden (sog. „Luxussanierungen“). Vielmehr ist an dieser Stelle auf ein Einvernehmen zwischen Vermieter bzw. Eigentümer und den Mieterparteien hinzuarbeiten.
Die sog. Gentrifizierung
Der Begriff der Gentrifizierung beschreibt den sozialen Umstrukturierungsprozess eines Stadtteils durch neu hinzukommende, einkommensstärkere Mieter und Eigentümer. Die Gentrifizierungs-Debatte hat in den letzten Jahren bereits hohe Wellen in Berlin geschlagen. Die Neustrukturierung von Wohnvierteln durch Zuzug und Austausch ist ein normaler Prozess. Alle Menschen müssen damit leben, dass sich ihre Wohnumgebung ändert, sei es durch Neubauten, Renovierungen, geänderte Verkehrsbedingungen oder durch die Wirtschaft. Allenfalls die Geschwindigkeit dieser Entwicklung in manchen Berliner Bezirken ist eine Besonderheit. Der Umstrukturierung sind jedoch durch die begrenzte Nachfrage nach Wohnraum im Hochpreissegment und das mieterfreundliche deutsche Mietrecht ohnehin natürliche Grenzen gesetzt.
Jeder Mensch hat grundsätzlich das Recht, sich in dem Stadtteil niederzulassen, in dem er wohnen möchte. Ein staatlich garantierter Anspruch auf eine billige Wohnung im Stadtteil seiner Wahl kann daraus gleichwohl nicht abgeleitet werden. Hier gilt der Rahmen des Mietrechts und des Mietspiegels.
Die JuLis Berlin lehnen die bestehende ideologische Unterfütterung der Gentrifizierungs- Debatte ab und fordern Toleranz und Aufgeschlossenheit gegenüber allen Zugezogenen, die sich in Berlin niederlassen wollen. Wir verurteilen jegliche Gewalttaten sowie Eigentumsdelikte linksgerichteter Organisationen, die unter dem Deckmantel der Gentrifizierungs-Gegenwehr teilweise verfassungsfeindliche Ziele verfolgen, und verwehren uns gegen Vertreibungstendenzen durch linksextreme Gruppierungen. Wir fordern ein klare Distanzierung sowie eine deutliche Verurteilung dieser Taten durch alle Parteien und Fraktionen in Berlin.
Widerrechtlich besetze Häuser müssen geräumt werden, damit dem privaten Eigentumsschutz Geltung verschafft werden kann. Es kann nicht sein, dass sich Familien erst nach jahrzehntelanger harter Arbeit ihren Traum vom Wohnen erfüllen können, während andere sich den von ihnen gewünschten Wohnraum einfach illegal nehmen und dazu vielfach noch der Anschluss mit Wasser und Strom aus öffentlichen Kassen gezahlt wird. Die Politik der „Runden Tische“ muss ein Ende haben. An dieser Stelle bedarf es einer konsequenten Umsetzung geltenden Rechts.
Dies gilt auch für so genannte „Mietnomaden“. Unabhängig von der aktuell vorbereiteten Gesetzesänderung auf Bundesebene müssen Vermieter durch schelle Gerichtsverfahren und eine effiziente Vollstreckung unterstützt werden. Zur Verbesserung dieser Rahmenbedingungen ist das Land Berlin zuständig. Das hoch verschuldete Berlin ist dringend auf private Investitionstätigkeiten in teilweise marode Wohnungsbestände angewiesen. Deshalb fordern die JuLis Berlin ein klares Bekenntnis des Berliner Senats zu einer investitionsfreundlichen Wohnungsmarktpolitik. Auf diese Weise wird die Weiterentwicklung der Wohnmöglichkeiten in unserer Stadt sicherstellt, so dass Berlin auch auf diesem Gebiet zukünftig eine Metropole der Vielfalt bleibt.