Die Jungen Liberalen stehen für eine zukunftsoffene, werteorientierte undtechnologieneutrale Netzpolitik. Den netzpolitischen Positionen und Perspektiven der JuLis liegt unser Welt- und Menschenbild zu Grunde: Freiheit in Verantwortung, Selbstbestimmung und die Einheit von Freiheit, Menschenwürde und Gerechtigkeit.
Das Internet spiegelt Dinge, die wir aus der realen Welt kennen, mit teilweise anderen Regeln wider. Wir müssen akzeptieren, dass Inhalte im Netz praktisch nicht zu kontrollieren sind. Dieser Kontrollverlust ist ein wichtiges Element zum Schutz gegen Zensur und Unterdrückung von Meinungen. Deswegen müssen alle staatlichen Gesetze und Forderungen so ausgelegt sein, dass sie den Kontrollverlust mit einbeziehen und trotzdem in erforderlichem Maße funktionieren.
1. Zugang zum Internet
Die Jungen Liberalen befürworten einen kontinuierlichen und flächendeckenden Ausbau von Internetzugangskapazitäten. Es erscheint uns vor allem ein bedeutender Ausbau der Glasfaserverkabelung und mobiler Hochgeschwindigkeitsverbindungen aufgrund ihrer hohen Skalierbarkeit und Zuverlässigkeit dringend geboten, um der Entwicklung der Technik und der sich damit zügig verändernden Art der Internetnutzung der Zukunft gerecht zu werden.
1.1. Netzneutralität
Wir befürworten den in der Digitalen Agenda der FDP-Bundestagsfraktion veröffentlichten Standpunkt zur Netzneutralität:„Die Struktur des Internets ist aus einem Netz aus Netzen entstanden, das Datenpakete diskriminierungsfrei überträgt. Dieser Grundsatz der Netzneutralität setzt voraus, dass Zugangsanbieter (Internet Service Provider) den Transport von Paketen zwischen Endpunkten ohne Kenntnis ihres Inhalts schnellstmöglich und gleich(behandelt) gewährleisten. Netzneutralität gewährleistet dadurch die Chancengleichheit zwischen neuen Start-Ups und etablierten Unternehmen und stellt dadurch das Innovationspotenzial des Internets sicher.“
Ein freies Internet ist unverzichtbarer Baustein moderner Informationsgesellschaften. Wettbewerb und Transparenz bieten dabei den besten Schutz für eine diskriminierungsfreie, neutrale Datenübermittlung. Die neuen Hochleistungsnetze müssen den unterschiedlichen Anforderungen künftiger Dienste gerecht werden, ohne die Teilhabe des Einzelnen einzuschränken.
Die freiheitliche Struktur des Internets (als Zusammenschluss privat betriebener Netze)und die Freiheitsrechte der Nutzer müssen durch eine freiheitliche Rechtsordnung geschützt werden, die Missbräuche zu Lasten „schwächerer“ Marktteilnehmer unterbindet und dabei Sicherheit und Verlässlichkeit für Investitionen in die Weiterentwicklung von Netzen, Diensten und Inhalte schafft. Um diesen Schutz zu gewährleisten, fordern wir – unabhängig von der angewendeten Technologie (Kupfer, Glasfaser oder Kabel im Festnetz bzw. Mobilfunk) – folgende Voraussetzungen, im und für das Internet sicherzustellen:
1)Es darf keine negative Diskriminierung einzelner Inhalte, Protokolle, Absender, Empfänger oder Dienste erfolgen (degrading). Eine inhaltliche Kontrolle von Inhalten durch die sie transportierenden Netzbetreiber findet nicht statt.
2)Um die Stabilität der Netze sicherzustellen, dürfen nicht-diskriminierende Netzwerkmanagementmaßnahmen ergriffen werden. Netzwerktuning (traffic shaping) zur nicht-diskriminierenden besseren Auslastung der vorhandenen Ressourcen verletzt nicht das Prinzip der Netzneutralität.
3)Der funktionierende Wettbewerb zwischen den Telekommunikationsanbietern (TK-Anbieter) hat die Netzneutralität auf deutscher und europäischer Ebene gestützt und gefördert. Damit der Wettbewerb nach wie vor den Nutzern dient, brauchen sie vergleichbare Angebote und erleichterte Anbieterwechsel.
4)Transparenz muss den Kunden ermöglichen, diskriminierungsfreie Netzneutralität erkennen zu können. Ausschließlich solche Angebote sollten als „Internet“ gekennzeichnet werden dürfen. Angebote, die dagegen verstoßen, sollten in einer Weise benannt werden, die kennzeichnet, dass sie nur einen eingeschränkten Onlinezugang ermöglichen. Die Einschränkungen gegenüber einem „Internet“-Anschluss müssen klar und verständlich dargestellt werden.
Staatliche Eingriffe sind immer dann – aber erst dann – erforderlich, wenn die beschriebenen Kernelemente der Netzneutralität durch das Handeln der Marktakteure bedroht werden. Es ist daher konsequent, die Regelungen zur Netzneutralität im Zweiten Gesetz zur Änderung des Telekommunikationsgesetzes (§ 41) auf eine Verordnungsermächtigung zu beschränken. Damit wird Handlungsbereitschaft der Politik zum Schutz der Netzneutralität verdeutlicht, ohne im jetzigen Stadium die Entwicklung des Netzes dirigistisch in bestimmte Bahnen zu lenken.
1.2. Meinungsfreiheit und Internetzugang
Das Internet ist zu einer der zentralen Grundlagen für Meinungsfreiheit geworden. Es ist daher nicht akzeptabel, wenn der Staat Nutzer vom Internetzugang trennt. Die zentrale Rolle für die Meinungsfreiheit im Internet ist dadurch bedingt, dass hier jeder Nutzer gleichberechtigt Informationen einstellen, wie auch abrufen kann.
1.3. Internetsperren
Das Internet ist ein globalisiertes Kommunikationsmedium. Strafverfolgung durch deutsche Institutionen ist auf direktem Wege nur an Stellen möglich, wo der jeweilige Server oder Anbieter in Deutschland steht. Internetsperren sind lediglich ein Versuch, dem deutschen Internetnutzer die Augen vor möglicherweise strafbaren Inhalten im Netz zu verschließen und vor allem technisch sehr leicht zu umgehen. Da der eigentliche Inhalt eben weiterhin verfügbar ist und technische Sperrmaßnahmen nie umfassend wirken können, ist dieses Konzept zum Scheitern verurteilt. Hier gilt: „Löschen statt Sperren!“ Darüber hinaus muss es an erster Stelle stehen, Straftaten in Verbindung mit den Neuen Medien völlig zu unterbinden, die Straftäter ausfindig zu machen und zu bestrafen.
2. Medienkompetenz
Die digitale Welt der Gegenwart bietet jedem Einzelnen einen unerschöpflichen Pool an Möglichkeiten zur persönlichen, beruflichen aber auch zur allgemeinen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Weiterentwicklung. Das Internet ist zu einem Teil des sozialen Miteinanders geworden. Wer neben den technischen Fähigkeiten nicht auch ein Mindestmaß an weiteren Kompetenzen aufweist, findet sich schnell im sozialen und beruflichen Abseits. Dabei geht es nicht nur um die technische Nutzung der Medien, sondern auch um Fragen der Privatsphäre im Internet, der Datensicherheit, der Einschätzung von Quellen zur Informationsgewinnung und vielen anderen. Im Mittelpunkt steht z.B. zum Einen die Sensibilisierung zum verantwortungsvollen Umgang mit den eigenen Daten und zum Anderen auch der Respekt vor den Daten Dritter. Das Thema Medienkompetenz ist heutzutage tausendfach vielschichtiger, als es noch vor 20 Jahren war. Dies liegt vor allem daran, dass der Mediennutzer nicht mehr nur Empfänger wie bei den klassischen Medien sondern auch Sender ist. Wir befürworten eine Förderung der Medienkompetenz durch kontinuierliche zielgruppenspezifische Ansprache z.B. über die Einbindung von entsprechenden Themen fachübergreifend in den Schulunterricht. Natürlich muss hier die Weiterbildung von Lehrkräften an erster Stelle stehen, damit der Unterricht progressiv zur Wissenserweiterung der Schüler beitragen kann und nicht nur Bekanntes wiederholt. Darüber hinaus fordern wir die Förderung der Medienkompetenz im frühkindlichen Alter. Doch auch die sogenannten „Silver Surfer“ sollten in die Ansätze zur besseren Ausbildung der Medienkompetenz mit einbezogen werden. Wir sehen Medienkompetenz als Vorraussetzung für einen selbstbestimmten, eigenverantwortlichen, zielgerichteten Umgang mit den neuen Medien und finden deshalb die Bildung aller Altersgruppen notwendig.
3. Offenheit und Dezentralität des Internets
Jeder Teilnehmer des Netzes kann naturgemäß Anbieter und Konsument von Inhalten sein. Eine zentrale Autorität zur Erlaubnis von Seiten oder Links lehnen wir ab. Damit die Datenkommunikation im Internet für jeden gewährleistet ist, begrüßen wir offene und von jedem frei nutzbare Technologiestandards und Schnittstellen. Die Dezentralität ist ein wesentlicher Faktor für die Ausfallsicherheit und Stabilität des Netzes. Staatliche Zentralisierung von Internet-Basistechnologien lehnen wir daher ab.
4. Internet und Öffentlichkeit
4.1. Open eGovernment und Open Data
Wir stehen dem verstärkten Ausbau von Möglichkeiten für Partizipation und der Wahrnehmung von Rechten und Pflichten als Bürger durch umfassende eGovernment-Lösungen positiv gegenüber. Der Staat soll öffentlich erzeugte bzw. finanzierte Daten und Informationen, sofern keine geheim-, datenschutzrechtlichen oder Geschäftsgeheimnisse berührenden Gründe dem entgegenstehen, möglichst als Rohdaten in maschinenlesbarer Form anbieten.
Deutschland kann sich dafür ein Beispiel an anderen Ländern wie beispielsweise den USA und Großbritannien nehmen, die ähnliche Plattformen bieten. Möglichst alle geeigneten Daten staatlicher Institutionen sind auf diese Weise zu veröffentlichen. Als Orientierung für die Eignung können bspw. die Informationsfreiheitsgesetze von Bund und Ländern dienen. Darüber hinaus sind die Möglichkeiten zur Partizipation an politischen Prozessen über das Internet auszuweiten. Wir begrüßen erste Möglichkeiten zur Partizipation durch das Internetbeteiligungstool „Adhocracy“ in der Enquete-Kommission „Internet und Digitale Gesellschaft“. Die Möglichkeit der politischen Partizipation über das einfache Wahlrecht hinaus schafft ein breiteres Verständnis gegenüber politischen Entscheidungen.
4.2. Open eGovernment in Verbindung mit Biometrie
Biometrische Daten müssen einen besonderen Schutz genießen, da sie ein Leben lang einer Person zugeordnet werden können. Von einer Verwendung solcher Daten in Verifikationsmechanismen des Staates ist daher abzusehen. Besonders bei zentral gespeicherten Datensätzen besteht für kriminelle Datensammler ein hoher Anreiz, sich illegal Zugang zu Datenbanken zu verschaffen und die Daten weiterzuverbreiten. Wenn Daten einmal im Umlauf sind, können sie im Nachhinein nicht wieder vertraulich gemacht werden. Darum reicht es nicht aus, hohe Strafen für Missbrauch staatlich gespeicherter Daten festzuschreiben. Es ist vielmehr wichtig, Daten gar nicht erst zu erheben und vorhandene, umfassende Datenbanken mit biometrischen Daten zu löschen.
4.3. Demokratisches Potential des Webs
Durch die massiv beschleunigte Kommunikation im Internet ist es möglich, viele Menschen in kurzer Zeit zu erreichen. Demokratische Strömungen in einer unfreien, geschlossenen Gesellschaft sind so in der Lage sich auch ein objektives Bild der eigenen Lage zu verschaffen. Dieser Effekt kann als Katalysator für ganze Revolutionen dienen. Wir befürworten daher die unzensierte, freie Nutzung jeglicher Kommunikationskanäle, auch in Ländern die noch über keine demokratischen Grundstrukturen verfügen.
In der weltweiten Berichterstattung eröffnen sich neben dem revolutionären Charakter des Internets aber auch weitere Möglichkeiten, wie z.B. das Whistleblowing, die eine klare Unterscheidung zwischen schützenswerten und veröffentlichungswürdigen Daten notwendig machen. Dies ist in vielen Fällen anspruchsvoll. Darum sprechen sich die Jungen Liberalen dafür aus, Rechte der Journalisten (z.B. Quellenschutz) nicht ohne weiteres auf alle Anbieter von Informationen und Meinungen (bspw. Blogger) zu übertragen. Es muss jedoch zukünftig entschieden werden, inwiefern hier eine klare Grenze gezogen werden kann.Wer Rechtsverstöße der öffentlichen Hand gegenüber den Ermittlungsbehörden aufdeckt, bricht damit die Geheimhaltungspflicht der jeweiligen, betroffenen Dokumente. Im privaten Sektor dürfen einem Whistleblower durch aufgedeckte Rechtsbrüche keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen drohen.
5. Meine Daten gehören mir!
5.1. Datenschutz
Die JuLis sehen den Datenschutz als einen kontinuierlich zu verbessernden Prozess an, der immer auch an die technischen Gegebenheiten der Zeit angepasst werden muss. Zur besseren Durchsetzung des Datenschutzrechts müssen vielfältige, neue Konzepte überprüft werden.
Nicht nur wegen des globalen Charakters des Internets können Datenschutzprobleme allerdings weder rein rechtlich, noch technisch, endgültig gelöst werden. Daher muss der Medienerziehung und der Heranbildung einer wirksamen Medienkompetenz fortlaufend ein hoher Stellenwert zukommen. Wir sprechen uns für die Erforschung von Technologien zum Zwecke der Sicherung der Privatsphäre und des Identitätsmanagements aus.
Data Portability für Plattformen im Netz:Das Einschließen von Daten hindert Nutzer von sozialen Netzwerken und anderen Plattformen daran, stets zum besten Plattformanbieter zu wechseln. Es wäre wünschenswert, dass der digitale Hausrat mittels offener und freier Standards portierbar ist. Dadurch wird die informationelle Selbstbestimmung erleichtert. Zudem sollen Nutzer von Plattformen im Netz jederzeit ihre Daten sofort löschen können.
5.2. Gegen die Quellen-TKÜ:
Während bei der klassischen Telefonüberwachung die Abhörschnittstelle beim Telefonanbieter, also zwischen den beiden Kommunikationsteilnehmern, geschaltet war, ist es für die Polizei im Internet nicht mehr möglich ohne weiteres eine sogenannte "Man in-the- Middle"-Attacke auf eine verschlüsselte Voice over IP Verbindung durchzuführen. Die Quellentelekommunikationsüberwachung, also die Platzierung einer Abhörschnittstelle direkt an der Quelle (beispielsweise durch eine Wanze auf dem Computer oder dem Smartphone) wird daher von Ermittlungsbehörden gefordert. Allerdings ist die direkte Überwachung am Endgerät ein zu starker Eingriff in die Privatsphäre. Wir lehnen sie daher grundsätzlich ab.
Recht auf Verschlüsselung:Gesetze, die das Verschlüsseln von Daten und Datenströmen einschränken, lehnen wir ab.
5.3. Proxydienste
Es muss mehr Rechtssicherheit für Anbieter von Proxys und Anonymisierungsdiensten geschaffen werden. Die Jungen Liberalen sprechen sich in diesem Zusammenhang dafür aus, den Begriff des „Störers“ nicht auf Nutzer anzuwenden, die Daten nur durchleiten, wie es etwa bei Anonymisierungsprogrammen wie Tor geschieht.
6. Geistiges Eigentum in der digitalen Welt
Für die Jungen Liberalen hat der gegenseitige Respekt vor geistigen Leistungen einen hohen Stellenwert. Wir halten es allerdings für notwendig, dass das bestehende Urheberrecht grundlegend reformiert wird.
Grundsätzlich gilt, solange keine anderslautende vertragliche Regelung (bspw. Standardlizenz), besteht, dass derjenige, der ein Werk weiterverwendet, den Schöpfer des Werkes nennen muss. Der Schöpfer eines Werkes hat das Recht des Vervielfältigens und Aufführens. Diese Rechte kann er auch übertragen und dafür Bedingungen formulieren. Urheberrechtlich geschützt sind alle Werke bis 15 Jahre nach dem Tod des Urhebers. Perspektivisch muss es eine Konvergenz zwischen dem Urheberrecht und den sog. verwandten Schutzrechten geben. Eine weitere Ausdehnung dieser partikularen Schutzrechte lehnen wir ab. Um die Interessen von Vervielfältigern u.ä. Beteiligten an der Wertschöpfungskette zu gewährleisten, müssen dementsprechend die Möglichkeiten vertraglicher Regelungen zwischen Urhebern und Verwertern ausgeschöpft werden. Alle urheberrechtlich schützbaren Arten von Werken sollen den gleichen Schutz genießen. Ausnahmeregelungen (z.B. für Musik) lehnen wir ab.
Die Jungen Liberalen fordern die Einführung eines umfänglichen Rechts auf “Faire Verwendung” (vorzugweise als Allgemeinklausel oder als eine offene Erweiterung der Schrankenbestimmungen des Urheberrechts umgesetzt) das über den Rahmen des US-amerikanischen "Fair Use" hinausgeht. So sollen bspw. vielfältige, legitime Anwendungen wie u.a. Aggregationsdienste im Internet, die Nutzung von vom Hersteller praktisch aufgegebener Software (sog. Abandonware), die Umgehung technischer Schutzmaßnahmen auf Endgeräten für nichtkommerzielle Zwecke sowie die allgemeine Privatkopie unter einer solchen Klausel abgedeckt werden.