Genetic Engineering – Ein essentieller Zweig für Innovation und nachhaltiges Wachstum

Genetic Engineering ist seit etwa drei Jahrzehnten einer der größten und innovativsten Wachstumsmärkte weltweit. Mögliche bahnbrechende Anwendungen der darunter subsummierten Technologien erstrecken sich von der Chemie und den Materialwissenschaften über eine nachhaltigere Landwirtschaft bis hin zu neuen Medikamenten und Interventionen in der Medizin. Die Europäische Union besitzt bereits seit 1998 eine fortschrittliche Richtlinie, um im Feld der Biotechnologie geistiges Eigentum effektiv zu schützen, und zugleich freien Zugang zu Ausgangsmaterial und innovativer Forschung zu gewähren. Ungewollte Praktiken, wie die Lizensierung vollkommen unabhängig entstandener Organismen ist ausgeschlossen, während innovative Verfahren geschützt werden können. Leider fand dennoch die Innovation in diesem Bereich bisher kaum innerhalb der Europäischen Union statt. Die Jungen Liberalen Berlin begrüßen daher ausdrücklich den aktuellen europäischen Diskurs zur Liberalisierung des europäischen Gentechnikrechts und einer Regulierung, die sich verstärkt auf wissenschaftliche Fakten stützt. Die Jungen Liberalen Berlin fordern dabei Folgendes.

 

Die Gleichstellung der Züchtungsverfahren

 

Bei der Bewertung von Lebensmitteln soll das tatsächliche Züchtungsziel entscheidend sein, statt des gewählten Verfahrens. Gentechnisch modifizierte Organismen (GMOs) sollen grundsätzlich analog zu klassischen Züchtungsverfahren ohne einen bürokratischen Zulassungsprozess erzeugt und in Verkehr gebracht werden dürfen. Werden Organismen so erzeugt, dass sie neu eine für mindestens eine Spezies toxische oder den Stoffwechsel beeinflussende Substanz selbst produzieren oder dagegen resistent sind, so soll unabhängig vom verwendeten Verfahren eine Zulassung mit wissenschaftlicher Einzelfallprüfung erfolgen. Diese soll auch durch privatwirtschaftliche Überwachungsstellen mit nachgewiesener Sachkunde in Ökologie sowie den Züchtungsverfahren erfolgen dürfen. Die Kennzeichnungspflicht für GMOs in Nahrungsmitteln soll entfallen.

 

Freiheit für Forschung und Entwicklung

 

Die Erstellung von GMOs zu Forschungszwecken in Laboreinrichtungen soll grundsätzlich genehmigungsfrei sein. Prüf- und Bewilligungsauflagen für den gentechnischen Laborbetrieb sollen zu Gunsten eines leichteren Aufbaus auch kleinerer sowohl beruflich als auch ehrenamtlich betriebener Labore (sog. Biohacking) entfallen. Zur Überprüfung des Laborbetriebs sollen Labore in eine Low-Risk und eine High-Risk Kategorie eingeteilt werden. Wenn erzeugte Organismen sich in der Umwelt absehbar durchsetzen würden und keine inerten Gegenmaßnahmen, wie induzierte Unfruchtbarkeit oder Suicide-Switches enthalten, gelten die hiermit arbeitenden Labore als High-Risk. Diese Überprüfung soll die Ausbruchssicherheit des Labors betreffen und vor der erstmaligen Aufnahme der Arbeit mit solchen Organismen sowie bei High-Risk Laboren in jährlichem Turnus erfolgen. Bei Low-Risk Laboren genügt eine Überprüfung in sechsjährigem Zyklus. Ein Klassenwechsel kann jederzeit erfolgen. Die Überprüfung soll auch durch privatwirtschaftliche Überwachungsstellen mit nachgewiesener Sachkunde in Ökologie erfolgen dürfen. Die Freisetzung aller GMOs soll meldepflichtig sein. Bei vermehrungsfähigen GMOs ohne Suicide-Switch oder vergleichbare Sicherheitsmaßnahmen

genehmigungspflichtig.

 

Eine Ideologiefreie und Wissenschaftsbasierte Risiko-Nutzen-Abwägung

statt pauschaler Ablehnung von Einsatzgebieten

 

Da bei modernen, insbesondere bei CRISPR-basierten gentechnischen Verfahren off-Target-Effekte und ungewollte zusätzliche Mutationen um ein Vielfaches seltener entstehen als bei allen klassischen Zuchtmethoden eignen sie sich für weite Einsatzfelder. Hier fordern wir mehr Freiraum für Feldversuche. Der bloße Einwand, man habe keine Erfahrungen mit den möglichen Auswirkungen einer Technologie darf ohne konkrete Hinweise auf mögliche Schäden nicht zu einer Ablehnung eines Versuchs oder Produktes führen. Hierbei begrüßen wir ausdrücklich auch Versuche mit sogenannten Gene-Drives, wie sie etwa zur Zurückdrängung der Malaria vorgeschlagen sind. Während die gezielte Schädigung eines künftigen Menschen, bspw. Durch absichtliches Herbeiführen einer genetischen Erkrankung und dann Austragen des Kindes, weiterhin illegal und auch strafbar bleiben soll, fordern wir ein Ende des grundsätzlichen Verbots von Human Genetic Engineering. In Zukunft soll die Anwendung gentechnischer Methoden an Embryonen mit der Voraussetzung der informierten Zustimmung der Mutter, sowie Ei- und Samenzellspendern und dem Grundsatz des nicht-Schadens zulässig sein. Dies soll vorerst im Rahmen von Studien anerkannter reproduktionsmedizinischer Forschungseinrichtungen erfolgen. Langfristig soll ein offizielles Zulassungsverfahren solcher Anwendungen über die EMA oder das BMBF eingerichtet werden. Soll ein gentechnisch modifizierter Embryo ausgetragen werden, soll vor dem Einsatz ein Ausschluss somatischer off-Target-Integrationen mittels Whole-Genome-Sequencing erfolgen. Der Einsatz des Gene-Drive am Menschen soll vorerst verboten bleiben, bis Gene-Drive-Verfahren mit ausreichend minimierten off-Target-Integrationen zur Verfügung stehen.

 

Eine regelmäßige Evaluation der Gesetzgebung zur Gentechnik

 

Das Gentechnikrecht soll in Zukunft stets nach dem Aufkommen eines neuen Durchbruches bei den gentechnischen Methoden, maximal jedoch nach Ablauf von zehn Jahren nach der letzten Novelle reevaluiert und an die jeweils aktuelle

wissenschaftliche Realität angepasst werden.

 

Eine differenzierte Öffentlichkeitsarbeit

 

Gentechnische Verfahren sollen einen höheren Stellenwert im schulischen Biologieunterricht erhalten, um das allgemeine Verständnis von Möglichkeiten, Methoden und möglichen sowie unmöglichen Folgen zu verbessern.